Videobeweis nun auch im Volleyball
Was im Bundesliga-Fußball immer wieder diskutiert wird, ist jetzt im Volleyball angekommen: der Videobeweis. Die aufgezeichneten Spielzüge sorgen in brenzligen Situationen für Klarheit, doch sorgt es auch für mehr Fairness zwischen den Mannschaften?
"Und jetzt gibt es den Video-Beweis gefordert von Vital Heynen, ..."
Vergangenen Sonntag in der Spodek-Arena im polnischen Kattowice. Deutschland spielt gegen Frankreich, es geht um Bronze. Im 3. Satz steht es 22 zu 21 für die Deutschen, die Franzosen gleichen aus, aber einer ihrer Spieler hat dabei möglicherweise das Netz berührt.
"Deswegen haben wir den Videobeweis eingefordert, der zweite Schiedsrichter hat sich das zuerst angeguckt und hat gesagt: 'okay, es war kein Netz', dann wurden aber die Bilder in der Halle oben auf dem Videowürfel gezeigt, und da hat man ja gesehen, dass der Blockspieler von denen mit dem Mund oder mit der Nase das Netz berührt hat, ..."
"Da ist er dran, er ist mit der Nase an der Netzkante, das ist ein Fehler, das ist ein Punkt für die deutsche Mannschaft."
"Daraufhin haben wir reklamiert, uns beschwert, dann hat der erste Schiedsrichter die Bilder auf seinem kleinen Laptop oben auch gehabt, hat gesagt: ‚okay, das musst du dir noch mal angucken' zum Zweiten, ..."
"Jetzt geht der zweite Unparteiische hin zu Andrej ..., it was touch, wir hören es. Touch, touch, touch, sagt er zum ersten Unparteiischen, zum Russen Andrej Senovitch, damit geht der Punkt ans deutsche Team, ..."
"Und daraufhin haben wir den Punkt bekommen zum 23-21."
Getestet bei der Frauen-EM
Das Spiel endet 3:0, die deutschen Volleyballer holen die erste WM-Medaille seit 44 Jahren. Einer der glücklichen Gewinner ist Sebastian Kühner, Zuspieler der BR Volleys aus Berlin.
"Es war sicher eine knappe Entscheidung, aber es gab die Netzberührung, die man ja da gesehen hat, und ich fand es gut, dass die Schiedsrichter sich daraufhin auch um entschieden haben, sie hätten ja auch auf Nullball entscheiden können und Wiederholung, aber so war es halt korrekt, sicherlich sehr knapp, aber halt korrekt."
Im vergangenen Jahr bei der EM-Finalrunde der Frauen in der Berliner Max-Schmeling-Halle testete man das "Challenge System" erstmalig, jetzt bei der Männer-WM in Polen erneut. Jedes Team hat die Möglichkeit, zwei Entscheidungen pro Satz per Video-Beweis überprüfen zu lassen. Die Deutschen, so heißt es, machten es besonders gern.
"Ich habe nicht mitgezählt, wie viele Videobeweise letztendlich wir angefordert haben im gesamten Turnier, aber ich würde sagen: es beläuft sich auf 20, 25 Mal in 13 Spielen, das sind jeweils 20, 30 Sekunden, ich finde, das ist jetzt nicht so eine große Unterbrechung, außerdem glaube ich, für die Zuschauer war das auch immer sehr spannend."
Also letztlich ein Zufallsentscheid
Natürlich, sagt Sebastian Kühner, nutzten sie das ‚Challenge System' auch als taktisches Mittel, um den Gegner ein wenig aus dem Rhythmus zu bringen.
"Aber ich denke, auf lange Sicht und für die Fairness in dem Sport ist es auf jeden Fall die richtige Entwicklung. Ich glaube, auch für die Schiedsrichter ist es eine Entlastung, die können sich auf andere Sachen konzentrieren, und ja: können halt hinterfragt werden."
Völlig in Ordnung, sagt Bundesligaschiedsrichter Matthias Ewald, auch er ein Fan der neuen Technik. Der Video-Beweis könne viel Druck von den Schiedsrichtern nehmen, auf diesem Top-Niveau ginge es oft nur um Kleinigkeiten, sagt er.
"Stellen Sie sich einfach vor: Olympisches Finale, wir haben den Matchball, es ist die Frage: in oder aus. Und Sie haben aufgrund dessen, was Sie gesehen haben, aufgrund der Informationen, die Sie haben von Ihrem Schiedsrichterteam, die Linienrichter, im Grunde die Möglichkeit, sowohl als auch zu entscheiden. Also letztlich ein Zufallsentscheid. Um das eben vielleicht zu reduzieren oder gegen Null zu bringen, ist es doch sehr förderlich, objektive Möglichkeiten zu haben. Da sehe ich persönlich auf jeden Fall eine Chance auch für uns Schiedsrichter."
In Italien, Polen und Russland ist der Video-Beweis im Volleyball schon Alltag, auch in der kommenden Champions League wird er erstmals eingesetzt – im Finalturnier. Bis er in der Bundesliga ankommt, wird es noch dauern. Die technische Anlage kostet um die 50.000 Euro. Das kann sich kein Verein in Deutschland leisten. Noch nicht.