Sportstadt Magdeburg
Spieler des SC Magdeburg feiern den Erfolg in der Champions League. © dpa / picture alliance / Anke Waelischmiller
Zwischen Nostalgie und Champions League
07:26 Minuten
Der 1. FC Magdeburg hat sich in der 2. Fußball-Bundesliga etabliert – und die Handballer vom SC Magdeburg spielen sogar in der Königsklasse. Beide Klubs sind Identifikationsfaktoren in der Region. Warum spielt der Sport hier eine so bedeutende Rolle?
Im Fanprojekt des 1. FC Magdeburg riecht es nach gebrannten Mandeln. Stefan Roggenthin hat für vorweihnachtliche Stimmung gesorgt. Der Sozialpädagoge betreut die Anlaufstelle der FCM-Fanszene seit mittlerweile 15 Jahren.
Der 1. FCM als Europacupsieger 1974
Das Fanprojekt sieht ein bisschen aus wie ein Jugendklub: Eine große Sofaecke, ein Billardtisch steht in der Ecke. An den Wänden: Schwarz-Weiß-Fotos aus der Klubgeschichte. Darunter das berühmte Bild der Europapokalsieger von 1974, als die Magdeburger ihren Triumph in Bademänteln feierten.
„Hier können sich junge Leute und auch ältere Leute treffen und ihre Zeit verbringen. Aber auch für Gruppentreffen oder für kreative Sachen wie das Anfertigen von Choreografien kann das gerne genutzt werden.“
„Hier können sich junge Leute und auch ältere Leute treffen und ihre Zeit verbringen. Aber auch für Gruppentreffen oder für kreative Sachen wie das Anfertigen von Choreografien kann das gerne genutzt werden.“
Stefan Roggenthin beschreibt das FCM-Fangefühl aktuell so: Demut. Denn schließlich hat der 1. FC Magdeburg seit den Neunzigern lange Jahre im Amateurfußball verbracht. Es ging gegen Mannschaften wie Meuselwitz oder Auerbach. Inzwischen heißen die Gegner in der 2. Liga: Hamburger SV, Schalke 04 oder Hertha BSC.
„Das wissen die Leute schon einzusortieren und wissen auch einzuordnen, dass es etwas ganz Besonderes ist, in der 2. Fußball-Bundesliga zu spielen.“
Insofern: kein großer Unmut, dass der FCM nach gutem Start in der zweiten Zweitliga-Saison Stück für Stück nach unten durchgereicht wurde. Was Stefan Roggenthin allerdings schon etwas wurmt: Das Achtelfinal-Aus im DFB-Pokal gegen Fortuna Düsseldorf.
„Das wissen die Leute schon einzusortieren und wissen auch einzuordnen, dass es etwas ganz Besonderes ist, in der 2. Fußball-Bundesliga zu spielen.“
Insofern: kein großer Unmut, dass der FCM nach gutem Start in der zweiten Zweitliga-Saison Stück für Stück nach unten durchgereicht wurde. Was Stefan Roggenthin allerdings schon etwas wurmt: Das Achtelfinal-Aus im DFB-Pokal gegen Fortuna Düsseldorf.
Die Bedeutung des Vereins im Umland
Der 1. FC Magdeburg: Das ist der große Identifikationsfaktor in der Region. In kleinen Dörfern in der Altmark oder im Harz: Was man mit Sicherheit dort findet, sind blau-weiße FCM-Aufkleber auf Laternen oder Straßenschildern.
Stefan Roggenthin vom Fanprojekt beobachtet, dass der Klub vor allem im Magdeburger Umland so ein Stück weit die Kirche im Dorf ersetzt.
„Wenn wir uns so Ortschaften um Magdeburg herum angucken, auf den Dörfern, wo vieles ein bisschen eingeschlafen ist: Es gibt in der Regel keine Kneipen mehr, es gibt keine Treffpunkte mehr für Jugendliche, kein Auffangbecken. Dort spielt der 1. FC Magdeburg schon eine große Rolle.“
„Wenn wir uns so Ortschaften um Magdeburg herum angucken, auf den Dörfern, wo vieles ein bisschen eingeschlafen ist: Es gibt in der Regel keine Kneipen mehr, es gibt keine Treffpunkte mehr für Jugendliche, kein Auffangbecken. Dort spielt der 1. FC Magdeburg schon eine große Rolle.“
Intel als Trikotsponsor für den 1. FCM?
Was inzwischen allumfassend eine Rolle in Magdeburg spielt: die geplante Ansiedlung der Intel-Mikrochipfabriken. Investitionsvolumen: rund 30 Milliarden Euro. Der US-Konzern will zwei Fabriken bauen, in denen im ersten Schritt 3.000 hoch bezahlte Arbeitsplätze entstehen. Und möglicherweise bringt Intel auch ein bisschen Geld mit für die Sportvereine in Magdeburg.
Der US-Mikrochipkonzern: ein möglicher Trikotsponsor für den 1. FC Magdeburg?
Zumindest hat sich Intel-Vorstand Keyvan Esfarjani schon mit FCM-Trikot mit Intel-Schriftzug fotografieren lassen. Es gab auch schon erste Gespräche mit der Klubführung. Mehr allerdings noch nicht. Momentan stehen ja auch wegen des Milliardenlochs im Bundeshaushalt die Subventionen für die Intel-Ansiedlung auf der Kippe.
Intel beschäftigt die Fans
Dennoch bleibt die Intel-Frage in der Fanszene ein Thema. Stefan Roggenthin vom Fanprojekt des 1. FC Magdeburg hat da noch keine klare Meinung.
Anders als Oliver Wiebe von der Fanhilfe Magdeburg, einer der größten Gruppen innerhalb der Magdeburger Fußball-Fanszene. Im Hauptberuf ist Wiebe Pressesprecher der Landtagsfraktion der Linken. Er sagt: Schon der aktuelle Investoreneinstieg für die Vermarktung der 1. und 2. Fußball-Bundesliga sei ein Stich ins Fanherz.
Genauso kritisch muss man mit den Angeboten von Intel auch umgehen. Wir haben hier in Magdeburg auch schlechte Erfahrungen mit falschen Versprechungen gemacht. Niemand möchte hier einen 1. FC Intel Magdeburg. Und niemand möchte ein zweites Red Bull Leipzig.
Was FCM-Fans wie Oliver Wiebe Mut macht: Die Vereinsführung des 1. FC Magdeburg gehört zu den Vereinen, die sich gegen einen Investoreneinstieg in der DFL, der Deutschen Fußball Liga, ausgesprochen hat.
Magdeburg als Handballstadt
Ortswechsel: die GETEC-Arena auf der ostelbischen Seite der Stadt. Hier spielen die Handballer vom SC Magdeburg. An diesem verregneten Dezembernachmittag kommt Linksaußen Matthias Musche zum Training geschlappt. Der 31-Jährige ist ein Ur-Magdeburger.
Hat schon als zehnjähriger Fan mit grün-rot-gefärbten Haaren den Champions-League-Triumph des SCM auf dem alten Markt 2002 gefeiert. Mehr als 20 Jahre später hat er den Champions-League-Sieg auch als Spieler erreicht. „Ich habe schon ganz früh angefangen SCM-Fan zu sein - und war mein ganzes Leben auch mit dem Handball verbunden. Wenn man dann die wichtigste Vereinstrophäe gewinnen kann, dann schließt sich so ein Kreis.“
Die derzeitige Erfolgsserie des SC Magdeburg ist umfangreich: Deutscher Meister im vergangenen Jahr, Champions-League-Sieger in diesem Jahr, Sieg der Klub-Weltmeisterschaft: Insofern sei Magdeburg eine Sportstadt, vor allem aber eine Handballstadt.
Der Handball ist schon seit Jahrzehnten der Grund, warum Magdeburg ein bisschen international vertreten ist. Der SCM hat einen großen Anteil hat, Magdeburg nach außen hin zu vertreten und Aushängeschild der Stadt zu sein.
Matthias Musche möchte da sportlich noch ein bisschen mitwirken, ist mit seinen 31 Jahren allerdings schon im Herbst seiner Karriere. Musche hat schon ein paar Dinge neben dem Handball ausprobiert, zum Beispiel eine Bartpflege-Produktlinie verkauft. Inzwischen hat er da keine Zeit mehr für.
Musche investiert aktuell in über 30 verschiedene Aktien. Unternehmen, von denen er glaubt, sie halten sich langfristig am Markt. In Intel-Aktien hat der Handballer vom SC Magdeburg allerdings nicht investiert.
Musche investiert aktuell in über 30 verschiedene Aktien. Unternehmen, von denen er glaubt, sie halten sich langfristig am Markt. In Intel-Aktien hat der Handballer vom SC Magdeburg allerdings nicht investiert.
50 Jahre nach dem Triumph von Rotterdam
Zurück im Fanprojekt des 1. FC Magdeburg bei Stefan Roggenthin. Viel mehr als Intel beschäftigt ihn im Jahr 2024 ein Jubiläum: 50 Jahre Europapokalsieg des 1. FC Magdeburg.
„Das bedeutet natürlich etwas für die Fans. Die Frage ist, wie viel sie damit noch anfangen können.“
„Das bedeutet natürlich etwas für die Fans. Die Frage ist, wie viel sie damit noch anfangen können.“
Im Fantreff des FCM soll nicht nur an das Finale in Rotterdam erinnert werden, sondern auch an die Spiele bis dorthin. Insofern liegt 2024 in der Magdeburger Fußball-Fanszene viel Nostalgie in der Luft. Da bleibt dann vielleicht auch weniger Zeit, sich mit der Kommerzialisierung des aktuellen Profifußballs zu beschäftigen.