Sprachrohr der Bolschewiki
"Die 'Prawda' von 1912 - das war die Grundsteinlegung für den Sieg des Bolschewismus." So urteilte rückblickend der sowjetische Diktator Stalin über den Start der Tageszeitung. Wenn auch diese Einschätzung übertrieben erscheint, in der Geschichte der russischen Arbeiterbewegung hatte die "Prawda" zentrale Bedeutung.
An einem Abend Anfang Mai 1912 sitzen in einer Petersburger Wohnung fünf Männer zusammen und beraten über die erste Ausgabe einer neuen Arbeiterzeitung. "Prawda" soll sie heißen, auf Deutsch: die Wahrheit. Eine Tageszeitung für russische Arbeiter und vor allem von russischen Arbeitern soll sie sein, so hatte es Lenin, der ideologische Vater des Blattes, bestimmt. Lenin selbst befand sich im Schweizer Exil, und so lag es an den fünf Genossen, die neue Zeitung herauszugeben. Im Leitartikel der ersten Nummer vom 5. Mai 1912 fordern die Redakteure:
"Wir möchten, dass sich die Arbeiter nicht auf die Sympathie beschränken, sondern an der Leitung unserer Zeitung aktiv mitarbeiten. Mögen die Arbeiter nicht sagen, Schriftstellerei sei für sie eine 'ungewohnte' Arbeit. [...] Man muss nur mutig ans Werk gehen: ein paar Mal wird man stolpern, und dann lernt man schreiben."
Die russischen Arbeiter nahmen die Aufforderung an und verfassten im Laufe eines Jahres mehr als 11.000 Beiträge. Fleißigster Autor der Zeitung blieb Lenin. Doch seine Artikel, die er aus dem Exil nach Petersburg schickte, waren den anderen Zeitungsmachern mitunter zu radikal. Aus Angst davor, dass die Auflage von den Zensurbehörden konfisziert werden könnte, entschärften sie seine Beiträge. Und auch sonst wusste man der zaristischen Zensur aus dem Weg zu gehen, wie Susanne Schattenberg, Osteuropahistorikerin an der Berliner Humboldt-Universität, erklärt:
"De facto sah das mit den Strafen so aus, dass die 'Prawda', also der eigentliche Herausgeber war Wjatscheslaw Molotow, der spätere Außenminister und enger Weggefährte Stalins, dass der als solcher überhaupt nicht in Erscheinung trat, sondern es gab an die 40 Pseudoherausgeber, die der Reihe nach dann ins Gefängnis wanderten für drei Monate, also das war die Maximalstrafe, 3000 Rubel Geldstrafe oder drei Monate Gefängnis."
Trotz aller Täuschungsmanöver wurde die "Prawda" in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens achtmal verboten, erschien jedoch kurze Zeit später unter anderem Namen immer wieder: als "Arbeiterwahrheit", als "Wahrheit des Nordens", als "Weg der Wahrheit", als "Proletarische Wahrheit" und als "Wahrheit der Arbeit".
Die Leserschaft blieb ihrer Prawda jedenfalls treu. Mit einer Auflage von durchschnittlich 40.000 Exemplaren war sie nicht nur wichtigste Arbeiterzeitung Russlands, sondern vor allem auch ideologisches Sprachrohr der Bolschewiki, der Partei um Lenin. Über die Prawda gelang es der bolschewistischen Partei, den größten Teil der Gewerkschaften in Petersburg und Moskau zu kontrollieren. Im Hinblick auf die Oktoberrevolution von 1917 spielte die Zeitung damit eine bedeutende Rolle. Dies meinte zumindest im Rückblick einer der fünf Männer, die an jenem Maiabend die erste Ausgabe vorbereitet hatten: Jossif Wissarionowitsch Stalin.
"Die 'Prawda' von 1912 - das war die Grundsteinlegung für den Sieg des Bolschewismus."
Zwar war die Zeitung tatsächlich ein wichtiges Agitationsorgan der Partei, doch entscheidend für den Sieg der Bolschewiki war sie nicht, wie die Historikerin Susanne Schattenberg betont:
"Das eine ist sicherlich, dass die Bolschewiki - und dann auch wieder mit Hilfe der 'Prawda' - einfach die radikalsten, einfachsten Forderungen hatten: für die Arbeiter Brot, für die Soldaten Frieden und für die Bauern Land. Das war wichtig, dass das zirkuliert wurde und das bei den Massen irgendwie auch ankam. Aber letztlich haben die Bolschewiki dann gesiegt hauptsächlich auch durch Gewalt."
Wenngleich die "Prawda" für den Sieg des Bolschewismus nicht ausschlaggebend war, eines ist ihre Geschichte ganz gewiss: ein Spiegelbild der wechselhaften Vergangenheit der russischen Arbeiterbewegung. Während die Zeitung in ihren ersten Jahren oftmals am Rande der Legalität arbeitete, wurde sie nach der Oktoberrevolution 1917 das offizielle Zentralorgan der KPdSU, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Diese Rolle sollte sie mehr als sieben Jahrzehnte beibehalten, bis Boris Jelzin 1991 die KPdSU verbot und deren Besitz einschließlich der Parteizeitung beschlagnahmte. Zwar finden sich bis heute in der russischen Presselandschaft Zeitungen, die den Namen "Prawda" im Titel tragen. An deren politische Bedeutung konnte jedoch nach 1991 keine mehr anknüpfen.
"Wir möchten, dass sich die Arbeiter nicht auf die Sympathie beschränken, sondern an der Leitung unserer Zeitung aktiv mitarbeiten. Mögen die Arbeiter nicht sagen, Schriftstellerei sei für sie eine 'ungewohnte' Arbeit. [...] Man muss nur mutig ans Werk gehen: ein paar Mal wird man stolpern, und dann lernt man schreiben."
Die russischen Arbeiter nahmen die Aufforderung an und verfassten im Laufe eines Jahres mehr als 11.000 Beiträge. Fleißigster Autor der Zeitung blieb Lenin. Doch seine Artikel, die er aus dem Exil nach Petersburg schickte, waren den anderen Zeitungsmachern mitunter zu radikal. Aus Angst davor, dass die Auflage von den Zensurbehörden konfisziert werden könnte, entschärften sie seine Beiträge. Und auch sonst wusste man der zaristischen Zensur aus dem Weg zu gehen, wie Susanne Schattenberg, Osteuropahistorikerin an der Berliner Humboldt-Universität, erklärt:
"De facto sah das mit den Strafen so aus, dass die 'Prawda', also der eigentliche Herausgeber war Wjatscheslaw Molotow, der spätere Außenminister und enger Weggefährte Stalins, dass der als solcher überhaupt nicht in Erscheinung trat, sondern es gab an die 40 Pseudoherausgeber, die der Reihe nach dann ins Gefängnis wanderten für drei Monate, also das war die Maximalstrafe, 3000 Rubel Geldstrafe oder drei Monate Gefängnis."
Trotz aller Täuschungsmanöver wurde die "Prawda" in den ersten zwei Jahren ihres Bestehens achtmal verboten, erschien jedoch kurze Zeit später unter anderem Namen immer wieder: als "Arbeiterwahrheit", als "Wahrheit des Nordens", als "Weg der Wahrheit", als "Proletarische Wahrheit" und als "Wahrheit der Arbeit".
Die Leserschaft blieb ihrer Prawda jedenfalls treu. Mit einer Auflage von durchschnittlich 40.000 Exemplaren war sie nicht nur wichtigste Arbeiterzeitung Russlands, sondern vor allem auch ideologisches Sprachrohr der Bolschewiki, der Partei um Lenin. Über die Prawda gelang es der bolschewistischen Partei, den größten Teil der Gewerkschaften in Petersburg und Moskau zu kontrollieren. Im Hinblick auf die Oktoberrevolution von 1917 spielte die Zeitung damit eine bedeutende Rolle. Dies meinte zumindest im Rückblick einer der fünf Männer, die an jenem Maiabend die erste Ausgabe vorbereitet hatten: Jossif Wissarionowitsch Stalin.
"Die 'Prawda' von 1912 - das war die Grundsteinlegung für den Sieg des Bolschewismus."
Zwar war die Zeitung tatsächlich ein wichtiges Agitationsorgan der Partei, doch entscheidend für den Sieg der Bolschewiki war sie nicht, wie die Historikerin Susanne Schattenberg betont:
"Das eine ist sicherlich, dass die Bolschewiki - und dann auch wieder mit Hilfe der 'Prawda' - einfach die radikalsten, einfachsten Forderungen hatten: für die Arbeiter Brot, für die Soldaten Frieden und für die Bauern Land. Das war wichtig, dass das zirkuliert wurde und das bei den Massen irgendwie auch ankam. Aber letztlich haben die Bolschewiki dann gesiegt hauptsächlich auch durch Gewalt."
Wenngleich die "Prawda" für den Sieg des Bolschewismus nicht ausschlaggebend war, eines ist ihre Geschichte ganz gewiss: ein Spiegelbild der wechselhaften Vergangenheit der russischen Arbeiterbewegung. Während die Zeitung in ihren ersten Jahren oftmals am Rande der Legalität arbeitete, wurde sie nach der Oktoberrevolution 1917 das offizielle Zentralorgan der KPdSU, der Kommunistischen Partei der Sowjetunion. Diese Rolle sollte sie mehr als sieben Jahrzehnte beibehalten, bis Boris Jelzin 1991 die KPdSU verbot und deren Besitz einschließlich der Parteizeitung beschlagnahmte. Zwar finden sich bis heute in der russischen Presselandschaft Zeitungen, die den Namen "Prawda" im Titel tragen. An deren politische Bedeutung konnte jedoch nach 1991 keine mehr anknüpfen.