Aus immunologischer Sicht ist sicherlich jemand, der mit Sputnik V geimpft ist, sehr gut geschützt.
Carsten Watzl, Immunologe
Nicht zugelassene Corona-Impfstoffe
Selbst innerhalb der EU gibt es große Unterschiede, welche Impfstoffe gegen Corona zugelassen sind. © imago images/Future Image / D. Anoraganingrum
Das Dilemma der geimpften Ungeimpften
06:36 Minuten

Wer mit dem russischen Vakzin Sputnik V oder mit dem chinesischen CoronaVac geimpft ist, gilt in Deutschland als ungeimpft. Das sei weniger eine medizinische als eine politische Entscheidung, sagt der Immunologe Carsten Watzl.
Als ungeimpft gilt in Deutschland nicht nur, wer tatsächlich keine Impfung gegen das Coronavirus erhalten hat, sondern auch Menschen, die mit einem Impfstoff geimpft wurden, der in Deutschland nicht zugelassen ist.
Vor allem betrifft das den Impfstoff des chinesischen Herstellers Sinovac und den russischen Impfstoff Sputnik V. Beide Vakzine sind in einigen Ländern zugelassen, in den meisten EU-Staaten allerdings nicht.
Unklare Datenlage zur Wirksamkeit von Sinovac
Im Fall von Sinovac ist die fehlende EU-Zulassung offenbar auf fehlende oder uneindeutige Daten zur Wirksamkeit des Impfstoffes zurückzuführen.
„Offiziell sagt China, dass der Impfstoff rund 70 Prozent Effektivität hat“, sagt der Immunologe Carsten Watzl von der TU Dortmund. „Es gibt aber auch Daten aus Peru, wo es dann nur 50 Prozent Effektivität sind.“
Dennoch sei jemand, der dreimal mit Sinovac geimpft sei, sicher deutlich besser geschützt als ein Ungeimpfter, unterstreicht der Immunologe.
Bei Sputnik V liegt die fehlende EU-Zulassung wohl vor allem an ungenügenden Daten zu möglichen Nebenwirkungen. Sputnik sei ein Vektorimpfstoff, so der Immunologe: „Da wissen wir ja, dass gewisse Nebenwirkungen wie diese Sinusvenenthrombose und andere Sachen auftreten.“
Aus immunologischer Sicht sei jemand, der zum Beispiel mit Sputnik geimpft ist, aber „sehr gut geschützt“, betont Watzl. „Der könnte auch Sachen machen, die hier in Deutschland und Europa die Geimpften machen dürfen.“
"Da trifft letztlich Immunologie auf Politik"
Dass mit Sputnik Geimpfte dennoch als ungeimpft gelten, sei insofern eine politische Entscheidung, sagt Watzl. „Da trifft letztendlich Immunologie auf Politik.“
Aus immunologischer Sicht fände er es besser, wenn man die Immunität nicht an der Anzahl der Impfungen mit einem bestimmten Impfstoff messen würde, sondern an einem biologischen Wert, etwa wie hoch die Antikörper seien.
„Leider gibt es diesen Wert noch nicht, insofern müssen wir uns im Moment noch ein bisschen drauf verlassen, dass man sagt: Wenn jemand so und so häufig mit diesem Impfstoff geimpft ist, dann ist er so und so gut geschützt.“
Ein "deutscher" Booster als Ausweg?
Für Betroffene könnte ein Ausweg aus diesem Dilemma darin liegen, sich mit einem in Deutschland zugelassenen Impfstoff boostern zu lassen, meint Watzl.
Aber auch das stellt sich in der Praxis als schwierig heraus: Denn jemand, der zweimal mit Sputnik V geimpft worden sei, müsste sich ja noch zweimal impfen lassen, um in Deutschland den Status als vollständig Geimpfter zu bekommen. „Das macht dann immunologisch keinen Sinn mehr.“
Insofern empfehle er den Menschen dann, sich mit dem Impfstoff von Johnson und Johnson impfen zu lassen. Denn da gilt man bereits nach einer Impfung als vollständig geimpft. „Das ist aber, und das wissen wir auch, nicht die beste Kombination", räumt Watzl ein. "Da wäre mRNA besser."
(uko)