Spy-on-Me-Festival in Berlin

Spiel mit Realitäten

09:21 Minuten
Virtuelle Tassen scheinen aus einem Laptop zu fliegen, im Hintergrund in Rot die Stühle eines Theaters. Die Gruppe "doublelucky productions" lotet die hybride Welt aus, die durch die Einbettung digitaler Objekte entsteht.
Noch alle Tassen im Laptop? Die Gruppe "doublelucky productions" lotet die hybride Welt aus, die durch die Einbettung digitaler Objekte entsteht. © Hebbel am Ufer / Chris Kondek
Sarah Reimann im Gespräch mit André Mumot · 17.09.2022
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Neue Gefährten: Danach sucht die nunmehr vierte Ausgabe des Performance-Festivals "Spy on Me" im Berliner Theater Hebbel am Ufer. Gemeint sind Geräte und Programme, die uns wie selbstverständlich begleiten – und uns dabei ausspionieren könnten.
Wir haben uns längst daran gewöhnt: Unsere Welt ist bevölkert von Chatbots, Smartphones, Memes und Suchmaschinen, von Instagram, Spotify und künstlicher Intelligenz. All das erleichtert uns das Leben, verändert es aber auch einschneidend und bringt ganz neue Risiken mit sich.
Das Berliner Theater Hebbel (HAU) am Ufer widmet dem Phänomen ein eigenes Performance-Festival: „Spy on Me“. Es ist bereits die vierte Ausgabe und, nach mehreren rein digitalen Jahren, nun endlich wieder vor Ort zu erleben.

"Wo liegt das Potenzial dieser Technologie?"

Sarah Reimann, Kuratorin am HAU, beschäftigt sich schon seit Jahren intensiv mit dem Thema. Das Gefühl des Unbehagens über die Allgegenwart der uns begleitenden Technik hat sich dabei aber eher verringert. „Angefangen hat 'Spy on Me' tatsächlich mit einer Betonung von den negativen Einflüssen dieser Technologie“, berichtet sie.
„Damals ging es um Big Data und die ganze Macht der Konzerne und wie mit unseren Daten eigentlich Geld verdient wird. Aber es hat sich in den letzten Jahren eigentlich davon weg entwickelt, und uns ist es wichtig zu gucken: Wo liegt eigentlich das Potenzial dieser Technologie?"
Ein Schwerpunkt liegt also auch auf der Erforschung und Durchdringung dieser inzwischen alltäglichen Phänomene:

Was auf jeden Fall stimmt, ist, dass wir diese Technologie besser verstehen wollen und da zusammen mit den Künstler*innen und dem Publikum diese Technologie auch benutzen und einfach ein bisschen Licht ins Dunkel bringen wollen.

Kuratorin Sarah Reimann

Wie lässt sich Augmented Reality nutzen?

So laden verschiedene Performance-Gruppen die Besucherinnen und Besucher in interaktive Chatrooms und virtuelle Welten, in die man auch von zu Hause aus einsteigen kann.
Einzelne Aufführungen beschäftigen sich mit den Chancen und Gefahren etwa der sozialen Netzwerke oder erkunden wie die Gruppe „doublelucky productions“ die Möglichkeiten der „Augmented Reality“.
Christiane Kühl gehört dazu und berichtet, dass sie sich in einer großen Recherchearbeit mit dieser Technologie beschäftigt, die die User nicht in eine völlig virtuelle Welt entführt, sondern die Realität mit zusätzlichen Informationen anreichert, die man, etwa über eine Brille, digital abrufen kann. „Da probieren wir zu gucken, wie Augmented Reality im Theater Sinn macht“, sagt Christiane Kühl.

Das Theater und die hybride Welt

„So ist unsere Welt ja sowieso ... Wir sind ja permanent umgeben davon, wir bedienen uns all dieser Dinge, nehmen die aber gar nicht mehr als andere Sphäre wahr.“ Ihr stelle sich die Frage: "Was kann man damit vielleicht spielerisch deutlich machen oder erkunden im Theater, wenn man ganz bildhaft mit diesen beiden Realitäten arbeitet?“
Ist das also die Zukunft des Theaters? Ein Publikum, das sich während der Vorstellung Zusatzinformationen aus dem Netz holt? „Wenn das Theater Situationen schaffen will, die mit unserem Alltag verbunden sind, dann wird es da nicht drumherumkommen“, glaubt Sarah Reimann.
„Diese hybride Welt – dass wir eigentlich nicht mehr zwischen analog und digital unterscheiden können, dass wir ständig mit unserem Smartphone im Internet sind – das wird (das Theater), glaube ich, nicht leugnen können.“
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