Sdrja Popovic: Protest! Wie man die Mächtigen das Fürchten lehrt
Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer
Fischer-Verlag, Frankfurt 2015
240 Seiten, 16,99 Euro
Widerstand durch Humor

Bekannt wurde Srdja Popovic als Mitglied der Otpor!-Bewegung, die dazu beitrug, Serbiens Diktator Slobodan Milošević zu stürzen. Sein neues Buch ist ein Plädoyer für den gewaltfreien Widerstand und das Lachen als Mittel gegen die Mächtigen.
Gewaltloser Widerstand ist statistisch doppelt so erfolgreich wie bewaffneter Widerstand. Zu diesem überraschenden Ergebnis kommen zwei amerikanische Wissenschaftlerinnen, die mehr als 300 Bürgerrechtskonflikte zwischen 1900 und 2006 untersucht haben. Der Erfolgsanteil gewaltlosen Widerstandes habe sich in den letzten beiden Jahrzehnten sogar dramatisch erhöht, behauptet Srdja Popovic in seinem Buch, denn nach dem Ende des Kalten Krieges würden die Supermächte nicht mehr reflexartig alle bewaffneten Konflikte der Welt unterstützen. Im Lichte dieser optimistischen Betrachtung ist der syrische Bürgerkrieg offenbar eine Ausnahme:
"Meine erste Begegnung mit syrischen Aktivisten hatte ich ganz zu Beginn des Widerstandes gegen Baschar al-Assad. (…) Es schien, als hätten die gewaltlosen Gruppen noch eine Chance… Doch leider wurden die friedlichen Aktivisten von den anderen niedergeschrien, die behaupteten (…) Assad verstehe nur die Sprache der Gewalt. Bald begann ein steter Strom von Waffen und Kämpfern nach Syrien. (…) Die Freie Syrische Armee ist in Misskredit geraten und kann nur noch auf Interventionen aus dem Ausland hoffen, die jedoch nach den jüngsten Erfahrungen zu urteilen, die Katastrophe für alle Beteiligten nur vergrößern würden."
Vorbilder: Mahatma Gandhi und Martin Luther King
Von Misslingen ist in Popovics Buch aber nur am Rande die Rede. In seiner "Anleitung zum gewaltfreien Widerstand" beruft er sich auf die Traditionen des Gelingens von Mahatma Gandhi und Martin Luther King bis zum Arabischen Frühling. Ihn begeistert das leise Geklacker der Tischtennisbälle, die Anhänger der syrischen Opposition auf ihren Weg durch die steilen, schmalen Gassen von Damaskus geschickt hatten. "Freiheit!" oder "Es reicht!" stand auf den Bällen, und bald wusste jeder in der Stadt, was das Geklacker zu bedeuten hat.
Es wurde zur Bedrohung der Staatssicherheit. Polizisten mussten sich bücken und all die Bälle so rasch wie möglich von der Bildfläche verschwinden lassen. "Lachtivismus" nennt Popovic diese kreativen "Streiche", die dem Schrecken einer Gewaltherrschaft mit Humor begegnen. Die Bälle, sagt er, seien nur die Requisiten gewesen, Hauptdarsteller auf der öffentlichen Bühne waren die Sicherheitskräfte, die als Clowns agierten.
Popovic behauptet, was auf den ersten Blick als harmloser Dummerjungenstreich erscheint, kann ein erster Schritt der kollektiven Ermutigung sein auf einem Weg, der bis zur Entmachtung eines Diktators führen kann. Die Gegner des sudanesischen Diktators al-Baschir trugen auffällig sichtbar Orangen durch die Hauptstadt Khartum. Orange war die Farbe des Widerstandes. Sie taten nichts Verbotenes und nichts, was man hätte verbieten können – bis alle wussten, dass sie im schweigenden Widerstand mit ihren Landsleuten verbunden sind. Die Orangen prägten bald das Straßenbild.
Es wurde zur Bedrohung der Staatssicherheit. Polizisten mussten sich bücken und all die Bälle so rasch wie möglich von der Bildfläche verschwinden lassen. "Lachtivismus" nennt Popovic diese kreativen "Streiche", die dem Schrecken einer Gewaltherrschaft mit Humor begegnen. Die Bälle, sagt er, seien nur die Requisiten gewesen, Hauptdarsteller auf der öffentlichen Bühne waren die Sicherheitskräfte, die als Clowns agierten.
Popovic behauptet, was auf den ersten Blick als harmloser Dummerjungenstreich erscheint, kann ein erster Schritt der kollektiven Ermutigung sein auf einem Weg, der bis zur Entmachtung eines Diktators führen kann. Die Gegner des sudanesischen Diktators al-Baschir trugen auffällig sichtbar Orangen durch die Hauptstadt Khartum. Orange war die Farbe des Widerstandes. Sie taten nichts Verbotenes und nichts, was man hätte verbieten können – bis alle wussten, dass sie im schweigenden Widerstand mit ihren Landsleuten verbunden sind. Die Orangen prägten bald das Straßenbild.

Srdja Popovic und Matthew Miller: "Protest!"© S. Fischer Verlag
Die Haltung einer weltweit vernetzten Generation smarter Aktivisten
Popovic kennt viele dieser Beispiele, er reflektiert ihr Potenzial und offeriert seine Strategien "…für alle, die ihr Viertel verschönern, etwas in der Gesellschaft bewegen oder gar die Welt verändern möchten." Srdja Popovic ist ein international bekannter serbischer Politaktivist. Mit der von ihm mitbegründeten Bewegung Otpor! ist es ihm im Jahr 2000 gelungen, den Diktator Slobodan Milosevic zu stürzen. Seitdem hat er beratenden Kontakt zu Widerstandsgruppen unter anderem in Ägypten, Tunesien, Georgien und auf den Malediven.
Auch das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens hatte eine Vorgeschichte erfolgreicher gewaltloser Aktionen. Nach der Besetzung des Platzes hatte sich die kommunistische Staatsführung schließlich bereitgefunden, die studentischen Forderungen ernst zu nehmen. Aber die Studenten wollten alles, Demokratie jetzt, sofort. Sie wollten, wie es bei Popovic heißt, gleich das letzte Level erreichen, was sich als großer Fehler erwies. Er berichtet davon im Zusammenhang mit Strategien, sich erreichbare Ziele zu setzen und sie geduldig, Schritt für Schritt anzustreben.
Popovics Idealtypus des Widerständlers ist Tolkiens Kleiner Hobbit, dem zusammen mit seinen durchaus unheroischen Freunden das scheinbar Unmögliche gelingt, wobei sie oft viel Spaß haben. Der 1973 geborene Serbe ist das Gegenteil eines verbissenen Untergrundkämpfers, er liebt gerade das Spielerische, Poetische der gewaltlosen Aktionen und repräsentiert damit wohl die Haltung einer weltweit vernetzten Generation smarter Aktivisten.
Der optimistische, humorvolle Ton des Autors lenkt den Blick von dem, was sich im politischen Raum hinter verschlossenen Türen abspielt, was wir also weder wissen noch ändern können, auf das, was vor diesen verschlossenen Türen im öffentlichen Raum doch alles möglich ist. Möglich für uns alle, die wir zwar keine professionellen Politiker sind, aber deshalb nicht aus unserer politischen Zuständigkeit entlassen.
Auf einen Konflikt mit Gewalt zu reagieren, ist stets der bequemere Weg. Ziviler Ungehorsam ist nicht nur unbequem, sondern kann lebensgefährlich sein, was Popovic nicht ausblendet. Er führt seine Leser zu ihrer politischen Zuständigkeit hin und zeigt ihnen, wie viel Einigkeit, Planung und Disziplin es braucht, um die Säulen der Macht wanken zu lassen und was für ein unvergleichliches Vergnügen es ist, eine Bürgerbewegung zum Erfolg zu führen.
Auch das Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens hatte eine Vorgeschichte erfolgreicher gewaltloser Aktionen. Nach der Besetzung des Platzes hatte sich die kommunistische Staatsführung schließlich bereitgefunden, die studentischen Forderungen ernst zu nehmen. Aber die Studenten wollten alles, Demokratie jetzt, sofort. Sie wollten, wie es bei Popovic heißt, gleich das letzte Level erreichen, was sich als großer Fehler erwies. Er berichtet davon im Zusammenhang mit Strategien, sich erreichbare Ziele zu setzen und sie geduldig, Schritt für Schritt anzustreben.
Popovics Idealtypus des Widerständlers ist Tolkiens Kleiner Hobbit, dem zusammen mit seinen durchaus unheroischen Freunden das scheinbar Unmögliche gelingt, wobei sie oft viel Spaß haben. Der 1973 geborene Serbe ist das Gegenteil eines verbissenen Untergrundkämpfers, er liebt gerade das Spielerische, Poetische der gewaltlosen Aktionen und repräsentiert damit wohl die Haltung einer weltweit vernetzten Generation smarter Aktivisten.
Der optimistische, humorvolle Ton des Autors lenkt den Blick von dem, was sich im politischen Raum hinter verschlossenen Türen abspielt, was wir also weder wissen noch ändern können, auf das, was vor diesen verschlossenen Türen im öffentlichen Raum doch alles möglich ist. Möglich für uns alle, die wir zwar keine professionellen Politiker sind, aber deshalb nicht aus unserer politischen Zuständigkeit entlassen.
Auf einen Konflikt mit Gewalt zu reagieren, ist stets der bequemere Weg. Ziviler Ungehorsam ist nicht nur unbequem, sondern kann lebensgefährlich sein, was Popovic nicht ausblendet. Er führt seine Leser zu ihrer politischen Zuständigkeit hin und zeigt ihnen, wie viel Einigkeit, Planung und Disziplin es braucht, um die Säulen der Macht wanken zu lassen und was für ein unvergleichliches Vergnügen es ist, eine Bürgerbewegung zum Erfolg zu führen.