Staatsbesuch auf der Grünen Insel

Gauck lobt Irland für Krisenmanagement

Bundespräsident Joachim Gauck und der irische Präsident Michael Higgins.
Bundespräsident Joachim Gauck und der irische Präsident Michael Higgins. © picture alliance / dpa / Wolfgang Kumm
Von Johannes Kulms |
Schon zu DDR-Zeiten wollte Joachim Gauck gern Irland sehen, was ihm damals verwehrt blieb. Jetzt besucht er die Grüne Insel als Bundespräsident und verteilt Komplimente: Irlands Weg aus der Bankenkrise sei vorbildlich, lobte er.
Noch nie ist Joachim Gauck in Irland gewesen. Weder als Bundespräsident, noch davor. Nun steht er im Nieselregen vor dem Amtssitz des irischen Präsidenten Michael Higgins. Und wird mit militärischen Ehren empfangen.
Später, im Rathaus von Dublin, wird Gauck erklären, warum er so gerne hier hergekommen ist.
"Es gab bei mir schon eine Sehnsucht hierherzukommen durch Heinrich Böll und sein irisches Tagebuch. Aber ich lebte hinter der Mauer. Und wir mussten erst so etwas wie eine friedliche Revolution machen, dass ich Sie nun endlich besuchen kann. Und nun komme ich als Präsident – und hab‘ besonders wenig Zeit."
Immerhin: Drei Tage lang hat Gauck nun Gelegenheit, während seines Staatsbesuches Irland ein wenig kennenzulernen: Die Hauptstadt Dublin im Osten genauso wie die Studentenstadt Galway auf der anderen Seite der Insel und die wilde Westküste.
Doch natürlich ist Gauck nicht wegen der Landschaft und der Leute nach Irland gereist – auch wenn man ihm die Neugier darauf durchaus anmerken kann.

Irland schlüpfte als erstes unter den Rettungsschirm

Stattdessen stehen bei der Reise europapolitische Fragen auf der Agenda. Vor allem aber ein Thema: Wie sind die Iren umgegangen mit der schweren Banken- und Finanzkrise, die ihr Land so nah an den Abgrund gebracht hat? 2010 war Irland das erste Land gewesen, das unter den europäischen Rettungsschirm geschlüpft war. An die 67 Milliarden Euro nahm Dublin anschließend an Krediten auf vom Internationalen Währungsfonds IWF aber auch von den Euro-Staaten.
Dass Gaucks Staatsbesuch praktisch zusammenfällt mit dem Griechenland-Showdown in Brüssel ist Zufall. Die Reise habe bereits seit mehreren Monaten festgestanden, heißt es aus dem Bundespräsidialamt.
Abends, beim Staatsbankett mit seinem irischen Amtskollegen Higgins, macht Gauck deutlich, was er von den Entscheidungen der irischen Regierung hält:
"Wir wissen: Die Immobilien- und Finanzkrise hat in Irland zu wirtschaftlichen und sozialen Verwerfungen, hoher Arbeitslosigkeit und zur Auswanderung junger Talente geführt. Doch mit entschlossenen Schritten ist es Irland gelungen, seine Wirtschaft schnell zu stabilisieren."
Und der Gast aus Berlin geht noch einen Schritt weiter:
"Mit diesen Anstrengungen ist Ihr Land ein Vorbild für manch anderen Staat innerhalb der Europäischen Union. Entscheidend für uns alle ist, dass die ganze Union einmal gestärkt aus der Krise hervorgehen kann."
Anstrengungen? Vorbild? Bei diesen Worten mag mancher sofort wieder an Athen denken. Natürlich dürfte die Griechenland-Krise auch an diesem Tag Gesprächsthema in Dublin sein. Am Nachmittag war Gauck auch mit dem irischen Premierminister Enda Kenny zusammengetroffen – wenige Stunden, nachdem dieser noch mit am Tisch bei den Griechenland-Gesprächen in Brüssel gesessen hatte.

Hohe Verschuldung, niedrigere Gehälter

Den ganzen Tag über hat der deutsche Bundespräsident sich mit öffentlichen Äußerungen dazu zurückgehalten. Abends, beim Staatsbankett geht er zumindest in zwei Sätzen drauf ein:
"Ich bin erleichtert, dass heute auch der Weg zu einem Kompromiss mit Griechenland gefunden wurde. Das zeigt, dass die Bereitschaft besteht, gemeinschaftlich den europäischen Weg weiterzugehen."
Die Kehrseiten der irischen Politik nach dem Ausbruch der Krise kommen an diesem Tag kaum zur Sprache. Zumindest nicht öffentlich. Dabei ist klar: Auch wenn Irland nicht Griechenland ist, kämpfen auch auf der Grünen Insel viele weiterhin mit den Folgen der milliardenschweren Bankenrettungen. Zum Beispiel durch eine hohe Verschuldung. Zudem sind viele in der Krise auf den Weg gebrachte Gehaltskürzungen bis heute nicht zurückgenommen worden.
An diesem Vormittag steht für Gauck ein Gespräch zur Förderung von Klein- und mittelständischen Vertretern auf dem Programm, später gibt es eine Besichtigung bei SAP.
Zum Abschluss wird Gauck morgen noch einen landwirtschaftlichen Betrieb besichtigen, ehe er den Blick von den Cliffs of Moher genießen kann. Ob sich dann auch sein Blick auf die irische Wirtschaft verändert haben wird?
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