Olga Pasichnyk, Sopran
Staatskapelle Weimar
Leitung: Kirill Karabits
Über Krieg und Frieden
Die kriegerischen Auseinandersetzungen in der Ukraine haben Mark-Anthony Turnage, sein Musikstück "Testament" zu schreiben, das den Konflikt thematisiert. Als Gegenpol erklingt Gustav Mahlers 4. Sinfonie, ein Werk aus einer glücklichen Schaffensperiode.
Deutschlandfunk Kultur ist dabei, wenn die deutsche Erstaufführung von Mark-Anthony Turnages neuem Werk "Testament" für Sopran und Orchester in Weimar zu hören ist. Nach einer Unterhaltung über die aktuellen Kriege auf der Welt, über die Ukraine und ihre Kultur und über den 2014 zerstörten Flughafen "Sergej Prokofjew" in Donezk, kam dem Komponisten die Idee für seine Komposition. Das Stück verwendet Gedichte dreier Symbolfiguren der ukrainischen Literatur, Taras Shevchenko (1814-1861), Vasyl Stus (1938-1985) sowie des zeitgenössischen Dichters Serhij Zhadan (*1974).
"Es verbindet und verknüpft verschiedenste Ideen über das Land – über mein Land, das lange für seine Unabhängigkeit gekämpft hat und es bis heute tut. Die Komposition nimmt Bezug auf diverse ukrainische Volkslieder, die der Musik eine spezifische Farbe verleihen und die auf die Gestaltung und den Fluss der musikalischen Sprache einwirken", erläutert der Dirigent.
Literatur als Leitfaden
"Testament" erlebte seine Uraufführung am 7. November 2018 durch das Bournemouth Symphony Orchestra unter der Leitung von Kirill Karabits. Der Komponist wollte ein Werk schreiben, dass die Themen Vertreibung und Konflikt beinhaltet, das insbesondere auf die politische Geschichte der Ukraine Bezug nimmt, vor allem auf die immer wieder erlebte Unterdrückung durch Russland. "Die vier Texte, die meine Komposition einbindet, umspannen die Zeit vom Zarenreich über die Sowjetunion bis in die Moderne, in die Gegenwart. Und ich habe zusätzlich einige ukrainische Volkslieder eingebunden, die das Werk und seine Bindung an das traditionsreiche Land untermauern." Das Werk besteht aus vier Sätzen: I. Testament, II. Weep, sky weep, III. Summon the Lion, IV. Interlude und V. Take what matters.
Kreativität durch Glück
Die Entstehung der 4. Sinfonie von Gustav Mahler wiederum fällt in jene Zeit, als Mahler als Direktor der Wiener Hofoper "angekommen" war. In seinem Wirken als Dirigent fühlte er sich inzwischen voll anerkannt, und auch als Komponist fand er sich zunehmend bestätigt. Fast scheint es, als habe das Bewusstsein seiner gefestigten Künstler- und Schöpferkraft Mahler mit innerer Heiterkeit erfüllt. Zudem ist die Ehe mit Alma Mahler noch in einer glücklichen Phase.
Als Herzstück der 4. Sinfonie wählte Mahler "Das himmlische Leben" aus seinen eigenen bereits 1892 entstandenen Orchesterliedern – ein Lied, das im Original den Titel "Der Himmel hängt voller Geigen" trägt. Bemerkenswert ist, dass der Komponist sowohl die fünf Lieder als auch die 4. Sinfonie gelegentlich als "Humoresken" betitelte. Das ist erstaunlich, gehörten Humor und spielerische Leichtigkeit doch bisher nicht zu den prägenden Charakteristika seines sinfonischen Stils.
Aufzeichnung des Konzertes am 10. Dezember 2018 in der Weimarhalle.
Mark-Anthony Turnage
"Testament" für Solosopran und Orchester (Deutsche Erstaufführung)
"Testament" für Solosopran und Orchester (Deutsche Erstaufführung)
Gustav Mahler
Sinfonie Nr. 4 G-Dur
Sinfonie Nr. 4 G-Dur