Staatssekretär im französischen Außenministerium Matthias Fekl

TTIP ist tot - lang lebe CETA

Matthias Fekl
Überzeugter Europäer: Matthias Fekl © imago/ZUMA Press
Moderation: Burkhard Birke |
TTIP ist gescheitert. Doch dass CETA kommen wird, daran hat der Staatssekretär im französischen Außenministerium Matthias Fekl keinen Zweifel. Und wenn es nach ihm geht, dann wird CETA sehr rasch kommen.
Die Verhandlungen über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen sind gescheitert. In Frankreich gebe es keine Unterstützung mehr für diese Verhandlung. Das betonte der Staatssekretär im französischen Außenministerium Matthias Fekl im Deutschlandradio. "Nach den amerikanischen Wahlen brauchen wir eine völlig neue Basis, um neu zu verhandeln", sagte Fekl.
Der für Außenhandel zuständige Staatssekretär sprach sich dabei für absolute Transparenz aus: "Ich bin dafür, dass es Open Data gibt über solche Verhandlungen, dass alles im Internet steht", sagte Matthias Fekl in der Sendung Tacheles.

CETA bis Ende Oktober unterzeichnen

Im Rahmen neuer Verhandlungen mit den USA gelte es vor allem auch, Umwelt- und Sozialstandards festzulegen. Fekl machte zudem deutlich, dass künftig kein Abkommen ohne den mit Kanada vereinbarten Gerichtshof zur Streitschlichtung unterzeichnet würde. Die Schiedsgerichte hatten bei TTIP für heftige Kritik gesorgt. Auch die extraterritoriale Anwendung von US-Recht ist Fekl ein Dorn im Auge.
Fekl äußerte sich zuversichtlich, dass es bis Ende Oktober gelingt, über ein Zusatzprotokoll zum kanadisch-europäischen Freihandelsabkommen CETA die Widerstände vor allem in Belgien, Österreich und Teilen der SPD in Deutschland zu beseitigen. Fekl wird Mitte Oktober mit Premierminister Valls nach Kanada reisen, auch um an dieser gemeinsamen Erklärung zu arbeiten. Das Zusatzprotokoll werde rechtsverbindlich sein, beteuerte Fekl, der eine Zustimmung der Parlamente aller EU-Staaten für erforderlich hält.
Für eine neue Politik der Wettbewerbsfähigkeit und Konkurrenz, für eine andere Industriepolitik in Europa sprach sich Matthias Fekl aus. "Airbus ist ein deutsch-französischer Erfolg. Und wir müssen jetzt über Airbus von morgen arbeiten", sagte der Staatssekretär im französischen Außenministerium im Deutschlandradio. Fekl sieht vor allem im Bereich neuer Technologien und im Energiesektor Handlungsbedarf.

Europa attraktiv machen

"Man muss einen europäischen Traum schaffen!" Mit diesen Worten appellierte der Staatssekretär im französischen Außenministerium, Matthias Fekl, dafür, Europa für die Jugend attraktiv zu machen. Fekl regte an, jeder Europäer solle vor seinem 20. Lebensjahr sechs Monate in einem anderen Mitgliedsstaat verbringen.
Man müsse klar benennen, was in Europa nicht läuft, sonst würden dies die Rechtsradikalen machen. Niemand dürfe unterschätzen, was in Frankreich passiert. Fekl deutete an, dass auch in Frankreich die Rechtsradikalen an die Macht kommen könnten.

Lesen Sie hier das gesamte Interview in voller Länge:
Deutschlandradio Kultur: Herr Fekl, Sie sind Sohn einer französischen Mutter und eines deutschen Vaters, in Berlin aufgewachsen. Ihre Ausbildung haben Sie aber überwiegend in Frankreich gemacht an den französischen Elite-Universitäten, unter anderem an der ENA abgeschlossen. Und in Frankreich haben Sie auch Ihre berufliche Karriere begonnen, die Sie über den Posten des Abgeordneten, stellvertretenden Regionalratspräsidenten bis hin in Ihr aktuelles Amt, das des Staatssekretärs für Handelsfragen, geführt hat.
War hier eindeutig der Einfluss dessen, was Sie quasi über die Muttermilch aufgesogen haben, stärker als der väterliche Einfluss und das Umfeld in Berlin?
Matthias Fekl: Nein, das glaube ich nicht. Ich war sehr glücklich in Berlin als Kind und als Jugendlicher. Ich habe schon immer gewusst, dass ich in Frankreich arbeiten und leben will. Ich bin auch in der achten Klasse ans Französische Gymnasium übergegangen. Aber ich habe mich auch immer als Europäer gefühlt. Und ich glaube, man muss heute als überzeugter Europäer klar handeln.
Deutschlandradio Kultur: Aber etwas ist von Ihrem Berliner Einfluss doch geblieben, weil Sie so richtig – vielleicht auch mit einer gewissen Berliner Schnauze – sich in den letzten Wochen und Monaten immer wieder ganz dezidiert gegen TTIP ausgesprochen haben. Sie haben also ganz klar gefordert, das Transatlantische Freihandelsabkommen mit den USA, die Verhandlungen zu stoppen. – Was stört Sie denn an dem, was bisher erreicht worden ist?
Matthias Fekl: Es wurde nichts erreicht oder sehr wenig. Und wenn man mit Freunden und Partnern wie den Amerikanern verhandelt, dann möchte man natürlich auch, dass es gute Verhandlungen sind. Denn Frankreich war immer damit einverstanden, gut zu verhandeln. Aber wenn sich auf europäischer Seite sehr viel bewegt und auf amerikanischer Seite überhaupt nichts, dann muss man daraus die Konsequenzen ziehen. Auch wenn es nicht genug Transparenz gibt, wenn es demokratische Ängste gibt und wenn man auf der Handelsbasis keine Fortschritte macht, dann muss man die Sachen klar sagen.

"Europa will Klartext"

Und ich glaube, dass für Europa nichts schlimmer ist, als wenn man den Eindruck hat, aus Brüssel kommt immer nur lauwarmes Wasser.
Ich habe sehr viel mit Deutschland zusammengearbeitet, mit Sigmar Gabriel, mit Matthias Machnig, dem Handelsstaatssekretär. Und wir waren sehr oft auf gemeinsamen Positionen – ging es über Schiedsgerichte, ging es über Transparenz usw. Ich glaube, das ist ein europäisches Interesse, dass Klartext gesprochen wird.
Deutschlandradio Kultur: Klartext. Sie haben auch auf der Sitzung der Handelsminister vorige Woche in Bratislava ganz klar gefordert, man möge die Verhandlungen einfach stoppen. Dennoch wird am kommenden Montag, dem 3. Oktober in Washington die, ich glaube, 15. Verhandlungsrunde eingeläutet. – Haben Sie sich nicht durchsetzen können?
Matthias Fekl: Nein. Man weiß, dass das Europarecht so ist, dass die Kommission solange sie verhandeln kann, und wenn sie in fünfzig Jahren noch verhandeln will über TTIP, kann sie das gerne machen. Es gibt aber in Frankreich keine politische Unterstützung mehr für diese Verhandlung. Diese Verhandlungen sind gescheitert. Sigmar Gabriel hat gesagt sie sind "de facto tot". Und es ist die Schuld unserer amerikanischen Partner, die nicht richtig in diese Verhandlungen reingegangen sind.
Und wir sind natürlich dafür da, gemeinsame Regeln zu schreiben für die Globalisierung, aber nicht, dass die Amerikaner alles entscheiden. Europa muss sich behaupten. Europa hat sich behauptet und die Kommission hat sich behauptet, wenn sie in Irland und Apple über Steuern entscheidet. Sie muss sich auch im Wirtschaftsbereich und im Kommerz-Bereich sehr stark behaupten. Denn Europa ist der wichtigste Wirtschaftspartner und das wichtigste Wirtschaftsensemble in der ganzen Welt. Es muss also auch die politische Kraft Europas dem entsprechen.
Deutschlandradio Kultur: Sie haben gesagt, Sigmar Gabriel ist da mit Ihnen auf einer Linie. Aber Sigmar Gabriel spricht eigentlich in diesem Fall nur für die SPD, weil, die Kanzlerin will eigentlich TTIP.
Matthias Fekl: In Deutschland ist die Debatte anders. Es gibt eine Große Koalition. Und das ist ganz klar, ich bin auch nicht dazu da, um anstelle der deutschen Regierung zu sprechen. Und andererseits ist auch die deutsche Wirtschaft anders, viel exportorientierter in manchen Bereichen. Deshalb ist die Debatte in Deutschland anders.
Aber wir wissen auch, dass über achtzig Prozent der Deutschen gegen diese Verhandlungen sind, weil sie Befürchtungen haben, was in ihrem Alltagsleben passieren wird. Wir waren also nicht immer über alles einverstanden, aber in den großen Linien waren Frankreich und Deutschland, jedenfalls die, die in der Regierung über TTIP verhandeln und die darüber arbeiten, einverstanden, dass es wichtig ist, neue Standards zu setzen, dass es wichtig ist, in Verhandlungen über Kommerz Transparenz zu haben, Demokratie zu haben, das heißt, dass das Parlament Ja oder Nein sagen darf. Und auch da hat die Kommission versucht, die nationalen Parlamente fernzuhalten, jedenfalls über Kanada.
Und es ist wichtig, dass wir den Umweltschutz, dass wir soziale Regelungen usw. in diese Verhandlungen einbeziehen, um hohe Standards zu erzielen. Und wenn das nicht passiert, dann muss man es einfach ganz klar sagen.

"Es ist sehr positiv, dass endlich über Globalisierung diskutiert wird"

Und ich glaube, es ist auch für die europäische Linke und für die europäischen Sozialdemokraten sehr wichtig, dass wir uns darum bemühen, dass gute Regeln entschieden werden und dass wir nicht verhandeln, nur weil irgendwann mal eine Verhandlung angefangen hat. Eine Verhandlung kann man auch abbrechen. Und Europa kann sich sehr gut behaupten, auch mit unseren amerikanischen Freunden, wenn die Sachen nicht in die richtige Richtung gehen.
Deutschlandradio Kultur: Die Verhandlungen können aber nur, Sie haben es ja eben angedeutet, Herr Fekl, abgebrochen werden, wenn Einstimmigkeit herrscht. Und die werden Sie ja wohl in den Fragen des Handels auf europäischer Ebene nicht bekommen, oder?
Matthias Fekl: Nein. Aber zum ersten Mal hat sich im Europäischen Rat etwas bewegt über dieses Thema. Nämlich zum ersten Mal hat fast die Hälfte der Staaten anerkannt, dass diese Verhandlungen nicht gut laufen, dass es Probleme gibt und dass wir nach den amerikanischen Wahlen eine völlig neue Basis brauchen, um neu zu verhandeln. Das hat man vorher nie im Rat gehört. Sigmar Gabriel hat es oft gesagt. Ich habe es oft gesagt. Aber der Rat war nicht auf dieser Position. Und man sieht, dass verschiedene europäische Länder jetzt genau analysieren, was passiert, und dass sich die Debatte also schon bewegt hat. Und die Rolle der Politik ist auch, dass sich Debatten bewegen und dass man Debatten anwerfen kann. Und das ist passiert über TTIP.
Es ist sehr positiv, dass endlich diskutiert wird. Welche Globalisierung wollen wir? Welche Regeln wollen wir für die Globalisierung? Wie wollen wir, dass der Neoliberalismus, der seit dreißig Jahren über alles entscheidet, jetzt zurückgedrängt wird? – Und das alles hat angefangen mit der Arbeit zwischen Frankreich und Deutschland und mit sehr klaren Aussagen, sehr klaren Statements, sehr klaren Entscheidungen.
Deutschlandradio Kultur: Lassen Sie uns, bevor wir auf CETA, diese europäisch-kanadische Freihandelsabkommen zu sprechen kommen, noch ein bisschen bei TTIP bleiben. Sie sagten, man müsse ein ganz neues Abkommen aushandeln.
Ist es denn überhaupt denkbar mit einer Hillary Clinton als demokratische Präsidentschaftskandidatin, die eher zurückhaltend, nicht völlig ablehnend, aber zurückhaltend sich ausdrückt, was diese Handelsverflechtungen angeht, und einem Donald Trump, der eigentlich populistisch sagt, er will Amerika wieder den Amerikanern und er hat überhaupt nichts mit diesem Abkommen am Hut?
Sehen Sie da überhaupt eine Chance, sollte Trump rankommen?
Matthias Fekl: Erstmal, wenn es kein Abkommen gibt, dann ist es auch nicht das Ende von allem. Es gibt in Frankreich ungefähr 3.000 amerikanische Unternehmen, die fast eine halbe Million Jobs hier geschaffen haben. Es gibt mehr als 3.600 französische Unternehmen in den USA, die 570.000 Jobs geschafft haben. Und diese Partnerschaft auch auf der wirtschaftlichen Ebene, die wird es weiter geben, auch ohne ein Handelsabkommen. Da muss man auch ein bisschen ruhig herangehen. Die Welt wird nicht aufhören, weil es morgen kein Abkommen gibt.

"Ein Handelsabkommen bringt nicht unbedingt mehr Jobs"

Aber was wichtig ist, wir werden sehen, was die Amerikaner entscheiden in ihren freien Wahlen, aber was wichtig ist, ist, dass man die Globalisierung jetzt anders angeht als es seit dreißig Jahren der Fall ist, dass man nicht glaubt, dass ein Handelsabkommen unbedingt mehr Jobs bringt. Es ist komplizierter als solche einfachen Aussagen. Man muss da wirtschaftlich sehr vorsichtig sein. Die Globalisierung hat auch viele Verlierer. Das stimmt in Deutschland. Das stimmt in Frankreich. Es stimmt in den USA.
Man muss also sehen, wo Globalisierung etwas bringt, und da muss man das dann natürlich machen, und wo es nichts bringt. Und ich glaube, man muss aufhören, jetzt so dogmatisch über Globalisierung zu sprechen, zu denken, zu analysieren und zu arbeiten, wie es seit dreißig Jahren, seit Reagan, seit Thatcher, seit dem Washington-Konsens der Fall ist. Und auch das steht hier auf dem Spiel.
Deutschlandradio Kultur: Ich will mal vielleicht eine eher philosophische Frage in den Raum stellen, Herr Staatssekretär Fekl. Ist es nicht so, dass Globalisierung an sich schon positiv ist, aber dass wir es versäumt haben, die Sozial- und Umweltstandards auch zu globalisieren und dass wir eigentlich nur eine reine kapitalorientierte Globalisierung weltweit haben?
Matthias Fekl: Es stimmt in der Globalisierung. Es stimmt auch in Europa. Und man sieht, dass die sozialen Fragen, dass die Arbeitnehmerfragen überhaupt nicht oder nicht genug analysiert wurden und nicht genug nach oben gebracht wurden. Es steht vor uns, das zu machen. Und da ist für die europäischen Mitgliedsstaaten, für die europäische Linke auch etwas extrem Wichtiges.
In Paris im Dezember haben wir das Pariser Abkommen wegen Klimaänderung abgestimmt. Und es ist für uns jetzt sehr wichtig, dass solche Abkommen auch in den Verhandlungen über Globalisierung konkret besprochen werden. Es hat keinen Sinn im Dezember das Pariser Abkommen für die Umwelt zu unterschreiben und danach weiter zu verhandeln in Abkommen, die eventuell gegen diese Standards sein könnten.

Soziale Normen weltweit durchsetzen

Ich bin völlig davon überzeugt und ich bin mit Ihnen einverstanden, dass es jetzt auf der Tagesordnung stehen muss, wie man Umwelt, soziale Normen auch auf der weltweiten Ebene einbringt und durchsetzt. Das ist etwas, was für meine politische Generation auf der Tagesordnung steht. Es ist absolut wichtig, weil, sonst werden wir die Völker verlieren. Und niemand mehr wird daran glauben, dass es morgen bessere Normen geben kann als heute.
Deutschlandradio Kultur: Dann können Sie ja gerade die Gelegenheit beim Schopf packen und sagen, CETA muss nachverhandelt werden. Denn genau bei den Umweltstandards setzt die Kritik von vielen Nichtregierungsorganisationen an, die sagen, dass durch CETA, dieses Comprehensive Economic and Trade Agreement, mit den Kanadiern, das ja die Zustimmung der Handelsminister in Bratislava, aller 28 sogar, gefunden hat, dass das gerade bei den Umweltstandards auch eben die europäischen Komponenten und Vorstellungen nicht respektiert. Nehmen wir allein die Möglichkeit, eben diesen sehr stark umweltverschmutzenden Ölschiefer nach Europa dann zollfrei zu importieren.
Matthias Fekl: Aber ich teile nicht die Analysen derer, die über Kanada sagen, dass es gegen die Umwelt sein wird. Ich glaube, dass Abkommen, die ab jetzt verhandelt werden, noch viel proaktiver über die Umwelt sein werden und noch viel besser dazu beitragen werden, dass die Umwelt respektiert wird.
Deutschlandradio Kultur: Auch CETA?
Matthias Fekl: Nein. Ich glaube, dass, was ab jetzt verhandelt wird, noch viel stärker über Umwelt gehen wird. Aber nichts in CETA ist gegen die Umwelt. Das stimmt nicht. Herr Trudeau hat sehr präzise gesagt, was er über Fracking machen will und wie er das reduzieren will.

"CETA ist global ein gutes Abkommen"

Was wichtig ist, und Kanada hat das Pariser Abkommen im letzten Dezember unterschrieben, ist, dass diese Engagements jetzt konkret respektiert werden. Aber Kanada ist ein Staat, der sich sehr stark für die Umwelt engagiert hat durch dieses Pariser Abkommen. Und wir wollen, dass dieses Abkommen respektiert wird. Wir werden auch mit Deutschland, mit anderen europäischen Staaten über eine gemeinsame Erklärung über CETA arbeiten, damit da, wo noch Fragen offen sind oder wo noch Ängste da sind, die Sachen sehr präzise und juristisch und legal verbindend geregelt werden, dass wir sagen, was wir denken über Umwelt, was für denken über soziale Normen usw. Und unter diesen Umständen findet die französische Regierung, dass CETA global ein gutes Abkommen ist.
Deutschlandradio Kultur: Die kanadische Handelsministerin hat ja auch schon zugesichert, dass eben ein solches Zusatzprotokoll denkbar ist. Es gibt da aber noch große Widerstände gegen dieses kanadisch-europäische Freihandelsabkommen – insbesondere in Belgien in der Wallonie. Aber auch die österreichischen Sozialdemokraten sind strikt dagegen. Die deutschen Sozialdemokraten sind gespalten in der Frage, obwohl sie grundsätzlich grünes Licht gegeben haben.
Welches sind denn da die Knackpunkte? Sind es wieder die Schiedsgerichte? Sie haben eben die sozialen Normen auch angesprochen. Kann man denn durch so ein Zusatzprotokoll das auch so rechtsbindend machen wie einen Vertrag, der ja mehrere hundert Seiten umfasst?
Matthias Fekl: Das Protokoll wird bindend sein, genauso wie der Vertrag. Und über die Schiedsgerichte: Kanada ist der erste Staat, der unseren Vorschlag, den ich mit Deutschland ausgearbeitet habe über einen internationalen Gerichtshof annimmt. Wir waren ziemlich allein am Anfang. Ich war in Berlin im Januar 2015 und habe da ein Konzept vorgelegt. Wir haben mit Deutschland zusammen gearbeitet. Und wir haben in ein paar Monaten mit unseren sozialdemokratischen Freunden in Europa die Kommission überzeugt. Und heute ist der europäische Konsens, dass diese Schiedsgerichte in einen neuen internationalen Gerichtshof ersetzt werden müssen.

"Ein Wendepunkt in den Verhandlungen"

Und noch einmal: Kanada ist der erste Staat, der das annimmt. Das ist für die Wirtschaftsabkommen etwas sehr Wichtiges, indem die Demokratie respektiert wird, indem man nicht mehr souveräne Entscheidungen angreifen kann von diesen Schiedsgerichten, Milliarden Euros erfragen darf, nur weil ein Staat entscheidet, eine Energiewende zu machen oder eine andere Agrarpolitik oder was weiß ich, eine andere Politik im Gesundheit.
Deutschlandradio Kultur: Wir haben ja den Fall in Deutschland, wo Vattenfall verlangt für den Atomausstieg Milliardenzahlungen von der Regierung.
Matthias Fekl: Und das ist skandalös. Und es ist völlig normal, dass die Bürger sowas nicht mehr akzeptieren. Deshalb haben wir mit Sigmar Gabriel über diesen internationalen Gerichtshof gearbeitet, in dem es Richter geben wird, die nicht mehr von den Unternehmen bezahlt werden, sondern von den Staaten, in denen es keine Konflikte der Interessen mehr geben darf, und es gibt heute sehr viele, und in denen man souveräne Staatsentscheidungen, vom Parlament verabschiedet, nicht mehr angreifen kann. – Also, es ist wirklich ein Wendepunkt in diesen Verhandlungen.
Und es gab viele Probleme. Die Regierung nach den Wahlen in Kanada, nach dem Wahlsieg von Trudeau hat akzeptiert, darüber neu zu verhandeln. Und es liegt jetzt etwas völlig Neues auf dem Tisch. Und ich war völlig damit einverstanden zu sagen, diese Schiedsgerichte sind nicht akzeptabel, aber sie sind heute so nicht mehr im CETA-Vertrag drin. Das ist die Wahrheit. Das steht im Text. Und ich glaube, da muss man auch Konsequenzen draus ziehen.
Ich verstehe, dass es viele Ängste gibt. Ich bin in einem Wahlkreis gewählt, in dem es auch viel Deindustrialisierung gibt, in dem es Probleme gibt, die auf die Globalisierung zurückzuführen sind. Und ich verstehe, dass auf beiden Seiten des Atlantiks es immer mehr Ängste gibt. Aber es ist nicht, weil es diese Ängste gibt, dass sie in CETA berechtigt sind.
Deutschlandradio Kultur: Herr Fekl, Sie sagten eben, dass Kanada bereit war, bei den Schiedsgerichten nachzuverhandeln. Aber nun, Kanada ist ein Land mit 35 Millionen Einwohnern und steht der EU mit mehreren hundert Millionen gegenüber, ein eher ungleicher Partner, den man in den Schwitzkasten nehmen kann.

Völlig neu an TTIP arbeiten

Ist es denn denkbar, dass dieses Schiedsgericht dann auch Modell stehen könnte für die TTIP-Verhandlungen, also für die Verhandlungen mit den USA über den Freihandel?
Matthias Fekl: Für uns gibt es keine Unterstützung mehr für TTIP. Deshalb glauben wir, wir müssen auf einer völlig neuen Basis darüber arbeiten. Aber dieser neue Gerichtshof, den Kanada als erster Staat akzeptiert hat, Vietnam als zweiter Staat, ist für uns der neue Standard. Und wir werden kein Abkommen unterzeichnen, in dem ein solcher Mechanismus nicht Schwarz auf Weiß drin steht. Für uns ist es wichtig, dass die Europäische Union nur Verhandlungen führt, in denen auch gute positive Standards für die Welt von morgen beschrieben werden. Und das ist der Fall mit diesem neuen Gerichtshof.
Deutschlandradio Kultur: Zwei Punkte noch konkret zu CETA: Es gibt vorm Bundesverfassungsgericht eine Klage mehrerer Umweltvereinigungen und Organisationen. Im Eilverfahren soll am 13. Oktober entschieden werden. Befürchten Sie, dass das nochmal CETA kippen kann?
Und direkt anschließend daran: Dieses Zusatzprotokoll - glauben Sie wird das die österreichischen Bedenken, die belgischen Bedenken und auch die in der SPD in Deutschland vom Tisch wischen und CETA dann zum Vertragsabschluss kommen am 27. Oktober wie geplant, wenn Premierminister Trudeau nach Brüssel kommen will?
Matthias Fekl: Über rechtliche Verfahren in der Bundesrepublik habe ich mich nicht zu äußern. Da gibt es Rechtswege, die sind völlig respektabel. Und das Gericht wird sagen, was es zu sagen hat.
Deutschlandradio Kultur: Wäre das ein Rückschlag?
Matthias Fekl: Ich werde mich nicht darüber äußern. Wenn etwas vor Gericht steht, haben wir das Prinzip, uns nicht darüber zu äußern.

"Bei TTIP gibt es keine Transparenz"

Aber wir möchten, dass am Ende Oktober dieser Vertrag unterzeichnet wird. Ich werde mit dem Premierminister Manuel Valls in Kanada sein Mitte Oktober. Wir werden auch über diese gemeinsame Erklärung arbeiten. Und ich hoffe, dass alle Mitgliedsstaaten da mitarbeiten werden, auch die Parlamente, um zu sagen, wir möchten dies und das einbringen. Wenn es noch Befürchtungen gibt, dann müssen die ausgesprochen werden und so viel wie möglich in dieser gemeinsamen Erklärung drin stehen. Und dann müssen wir vorwärts gehen.
Wir hoffen, die französische Regierung hofft, dass dieser Vertrag unterzeichnet werden kann.
Deutschlandradio Kultur: Kommen wir ganz kurz nochmal auf TTIP zu sprechen. Sie sagten also, Sie geben diesem Vertrag keine Chancen. Das Ding sollte man auch nicht mehr TTIP nennen. – Haben Sie denn eine Namensvorstellung? Und wo sind die Punkte, wo Sie ganz anders rangehen würden bei den nächsten Verhandlungen mit einem neuen Präsidenten, einer neuen Präsidentin, einer neuen Administration in Washington?
Matthias Fekl: Ich glaube nicht, dass der Name das Problem ist. Das Problem ist der Inhalt, die Art und Weise, in der verhandelt wird. Es gibt keine Transparenz. Die Parlamente fühlen sich zu weit entfernt von den Entscheidungsträgern. Man muss alles öffentlich machen. Die Öffentlichkeit muss wissen, was verhandelt wird. Ich bin dafür, dass es Open Data gibt über solche Verhandlungen, dass alles im Internet steht. Es wird sowieso am Ende alles in der Presse stehen. Also, ein moderner Staat muss vor seinen Bürgern auch sagen können, was gerade verhandelt wird. Das ist für mich überhaupt kein Problem Transparenz.

Umwelt- und Sozialstandards einbringen

Wie können wir Umwelt- und Sozialstandards integrieren in diese Verhandlungen? Wie können wir die höchstmöglichen Standards für die Welt von morgen setzen? Sonst haben diese Verhandlungen überhaupt keinen Sinn. Wie können wir den internationalen Gerichtshof mit einbringen? Wie können wir das Pariser Abkommen über Klimaschutz mit einbringen? – Das sind moderne Verhandlungen.
Deutschlandradio Kultur: Ist es denn in jedem Fall nötig, dass alle nationalen Parlamente immer zustimmen? Weil, dann ist ja die letztendliche Zustimmung bei der Einstimmigkeit womöglich nicht gegeben. Und die EU-Kommission argumentiert ja auch selbst beim kanadischen Freihandelsabkommen, dass es eigentlich die reine Kompetenz von Handel und damit der EU ist und dass es nicht der Zustimmung durch die Parlamente in den Mitgliedsstaaten bedarf.
Matthias Fekl: Aber das Problem ist, dass moderne Handelspolitik nicht nur über Handel verhandelt, sondern auch über Normen in der Umwelt, über Normen in der Gesundheit usw. Es ist nicht nur mehr über Zölle. Es wird viel mehr verhandelt. Deshalb müssen die Bürger und müssen die nationalen Parlamente mit eingebracht werden.
Die Regeln heute sind, dass sie am Ende abstimmen. Und Regeln sollte man nicht während einer Verhandlung verändern. Es kann sein, dass morgen die Verhandlungspolitik anders aussieht, dass die nationalen Parlamente viel früher in den Prozess mit eingebunden werden. Ich bin sehr offen darüber, dass wir darüber arbeiten mit den Parlamenten, um zu sehen, wie das modernisiert werden kann. Aber man modernisiert für die Zukunft, Man modernisiert nicht, während etwas verhandelt wird und während alle Staaten versprochen haben, dass ihre Parlamente wählen werden und abstimmen werden.
Deutschlandradio Kultur: Staatssekretär Fekl, Sie haben vorhin erwähnt Apple, die ja eigentlich zu einer Steuernachzahlung aufgefordert worden sind von einem zweistelligen Milliardenbetrag. Wir haben den anderen Fall, dass die Bank BNP zu einer ganz hohen Milliardenstrafe in den USA verurteilt wurde. Jetzt steht die Deutsche Bank am Pranger – ob zu Recht oder Unrecht, ist sicher eine Frage für die Juristen. – Aber ist das Sinnbild auch für das schlechte Verhältnis über den Atlantik hinweg zwischen Amerika und der EU? Ist das auch ein Grund, die Angst der Bevölkerung, hier von einigen Großunternehmen aus Amerika dominiert zu werden, die sich dann auch weigern, hier Steuern zu zahlen?
Matthias Fekl: Jedenfalls sprechen sie eine andere Vorbedingung ab, die für uns wichtig ist, bevor wir neu verhandeln können.

"Europa darf nicht zu naiv sein"

Also, das amerikanische Recht wird extraterritorial angebracht. Und die Amerikaner können auf einer ganz einseitigen Basis entscheiden, französische, deutsche, europäische Unternehmen zu sanktionieren. Im Inland ist das normal. Aber wenn es für Aktivitäten außerhalb der USA ist, dann ist es absolut nicht normal. Und für uns ist eine Vorbedingung, dass die Amerikaner damit aufhören so zu handeln.
Europa darf nicht zu naiv sein. Es gibt Konkurrenz in der Globalisierung. Die Amerikaner wissen sehr gut, wie man sich behauptet. Sie haben sehr positive Instrumente, um sich zu verteidigen. Europa muss genau dieselben Instrumente – Antidumping mit den USA, aber auch mit vielen anderen Staaten, über das müssen wir arbeiten. Das ist die Zukunft einer modernen Handelspolitik. Und genau dafür steht Frankreich. Genau darüber arbeite ich seit jetzt zwei Jahren.
Deutschlandradio Kultur: Müssten wir nicht auch unsere Industriepolitik überdenken? Wir haben in den 80er Jahren, 70er Jahren dem Gegengewicht der amerikanischen Luftfahrtindustrie, damals noch mit Boeing und McDonnell Douglas, das Gegengewicht Airbus geschaffen.
Ist es nicht endlich Zeit, ein europäisches Google, eine große Internetoffensive zu starten, damit wir auch da der Dominanz eben der Amerikaner nicht unterliegen?
Matthias Fekl: Absolut einverstanden. Deshalb muss es eine neue Politik im Bereich der Konkurrenz und der Wettbewerbsfähigkeit geben, eine andere Industriepolitik. Wir brauchen große europäische Unternehmen, auch in der Energiepolitik. Deutschland und Frankreich können viel darüber zusammenarbeiten, auch im Bereich der Forschung, im Bereich der Industrien von morgen, das Flugzeug von morgen.

"Ohne Deutschland und Frankreich kann Europa nicht vorwärtskommen"

Airbus ist ein deutsch-französischer und ein europäischer Erfolg. Und wir müssen jetzt über die Airbus von morgen arbeiten. Die Rolle der Kommission ist, darüber zu investieren, nachzudenken, Strategien zu haben und es auch zu ermöglichen. Es ist nicht möglich, dass alle großen europäischen Unternehmen von unseren eigenen Verwaltungen, das heißt, von der europäischen Kommission, benachteiligt werden. Das passiert in keinem anderen Teil der Welt.
Deutschlandradio Kultur: Europa, Sie haben es eben auch nochmal angesprochen im Zusammenhang mit dem deutsch-französischen Verhältnis, der Industriepolitik, baut ja auf dem europäischen Motor, dem deutsch-französischen Motor auf. Sie sind Deutsch-Franzose. Jetzt vergessen Sie mal, dass Sie stellvertretender Minister sind. – Was empfindet der normale Bürger Matthias Fekl und sagt, wie ist es um das deutsch-französische Verhältnis bestellt?
Matthias Fekl: Ohne Deutschland und Frankreich kann Europa nicht vorwärtskommen. Was wichtig ist, ist, dass es konkrete Initiativen gibt. Deutschland und Frankreich haben viel über Initiativen für die Jugend gearbeitet. Wie kann man der europäischen Jugend wieder Enthusiasmus anbringen? Wie kann man sie davon überzeugen, dass Europa für sie die Zukunft ist? Wie kann man sehr konkret jedem jungen Europäer vor seinem zwanzigsten Lebensjahr sechs Monate in einem anderen europäischen Staat geben?
Das sind sehr konkrete Sachen. Das wird nicht alle Probleme und alle wirtschaftlichen Probleme lösen, aber so kriegt man Generationen von überzeugten Europäern. Ich bin ein überzeugter Europäer. Und ich glaube, ohne Europa gibt es keine gute Zukunft. Aber Europa muss sich ändern.

"Ohne die europäische Jugend gibt es keine Zukunft in Europa"

Die Pro-Europäer müssen sich sehr klar darüber äußern, was läuft, was schief läuft, was nicht läuft, was kaputt ist in Europa, um ein neues Europa zu erschaffen. Weil, sonst werden es nur die Rechtsradikalen machen, die in vielen Ländern jetzt entweder schon an der Macht sind oder nicht weit davon entfernt sind. Überzeugte Pro-Europäer müssen auch den Weg in die Zukunft weisen. Das stimmt in der Handelspolitik. Das stimmt in vielen anderen Bereichen.
Deutschlandradio Kultur: Sie haben eben schon einen Vorschlag gemacht, also sechs Monate sozusagen eine Art Zivildienst in einem anderen europäischen Land. Könnte das die EU-Kommission finanzieren? Wäre es nicht auch wichtig, die 56 Prozent der Jugendlichen in Griechenland, die arbeitslos sind, für die und für die 43 Prozent Spanier und für die 25 Prozent Franzosen unter den Jugendlichen, die keine Arbeit haben, in Beschäftigungsprogramme, Ausbildungsprogramme zu überführen, dass wir wirklich mal auf europäischer Ebene Milliarden in die Hand nehmen? Wären Sie dafür? Würden Sie dafür plädieren und sich stark machen?
Matthias Fekl: Absolut. Ohne die europäische Jugend gibt es keine Zukunft in Europa. Und die Generationen vor uns sind überzeugte Europäer, weil sie wissen, dass Europa Frieden bedeutet, dass Europa Frieden in Europa bedeutet. Das war in den 50er Jahren nicht unbedingt gesichert. Aber für die neuen Generationen ist das alles Geschichte. Man muss also einen europäischen Traum schaffen. Man muss auch Utopie schaffen. Man muss davon überzeugen, dass Europa den richtigen Weg in die Zukunft weist. Es darf nicht zu abstrakt sein. Europa ist heute sehr abstrakt, manchmal bedrohend. Wenn Sie hohe Arbeitslosigkeit haben, besonders bei Jugendlichen, dann werden Sie niemanden überzeugen davon, dass Europa positiv ist.
Aber ich gehöre nicht zu denen, die denken, dass alles die Schuld von Brüssel ist. Viel liegt auch in den Mitgliedsstaaten. Europa ist immer zwischen einem föderalen Ganzen und zwischen den Mitgliedsstaaten. Aber jeder Bürger und jeder, der Verantwortung hat in Regierung, in Verwaltung, in Unternehmen, in Vereinen usw., muss auch europäisch denken.
Deutschlandradio Kultur: Brüssel ist ja eigentlich die Summe der Mitgliedsstaaten. Und es ist immer einfach, Brüssel zum Sündenbock zu machen.

Rechtsradikalen sind sehr stark in Frankreich

Herr Fekl, Sie haben eben den Rechtsextremismus, den Nationalismus angesprochen. Sehen Sie eine reelle Gefahr, dass Marine Le Pen die Präsidentschaftswahlen nächstes Jahr hier in Frankreich gewinnen könnte?
Matthias Fekl: Wir werden dafür handeln, dass es nicht passiert. Aber die Rechtsradikalen sind sehr hoch in Frankreich. Sie sind auch sehr hoch in vielen Ländern im Osten Europas. Ich habe auch gesehen, dass in den letzten deutschen Wahlen die AfD sehr hoch ist. Das heißt, es gibt eine Bewegung in diese Richtung.
Deshalb ist es absolut unbedingt wichtig, dass alle, die an Europa glauben, dass alle, die an unsere Werte glauben, auch sehr klar sagen, was heute nicht läuft, um Politik anders zu machen, damit die Politik die Welt verändern kann. Wir stehen heute auf der europäischen Ebene wirklich auf einem möglichen Wendepunkt. Es kann sein, dass in mehreren Mitgliedsstaaten, schauen Sie, was in Österreich passiert ist, die Rechtsradikalen an die Macht kommen. Natürlich kann das auch in Frankreich passieren. Und niemand darf unterschätzen, ich habe das schon vor vielen Jahren immer wieder meinen deutschen Freunden gesagt, niemand darf unterschätzen, was hier passiert. Hören Sie auch, was Herr Sarkozy zum Beispiel in dieser Wahlkampagne sagt. Es ist manchmal sehr, sehr nah an dem, was Le Pen sagt, manchmal sogar viel weiter noch als was sie sagt.
Es gibt auch in der europäischen Rechten einige Verführungen. Man muss da sehr, sehr aufpassen.
Deutschlandradio Kultur: Nun kann man viel spekulieren. Es gibt ja auch einige Konstellationen, wo man sich vorstellen kann, dass Marine Le Pen als Präsidentin des Front National, der rechtsradikalen Partei hier Frankreich, in jedem Fall in die Stichwahl kommt im nächsten Jahr und es nachher nun einem sozusagen anderen republikanischen Kandidaten gibt in dem Sinne der République und nicht der Republikaner als Partei.

Die wirtschaftliche Lage in Frankreich "ist kompliziert"

Können Sie sich da zum Beispiel vorstellen, auch vielleicht in Zukunft in einem Kabinett von Emmanuel Macron zu arbeiten, wenn er derjenige sein sollte, der in die Stichwahl käme?
Matthias Fekl: Wir sind noch sehr weit davon entfernt. Ich bin sehr kritisch über das Verhalten des ehemaligen Wirtschaftsministers, der in einer sehr schwierigen Lage für unser Land die Regierung verlassen hat, der viele Sachen nicht abgefertigt hat, viele Probleme hinterlassen hat. Ich glaube, wir stehen jetzt vor einem Wahlkampf. Es ist das Wichtigste, dass die verschiedenen Kandidaten ihre Meinung und ihr Projekt vorstellen können. Aber wir sind noch sehr, sehr weit vom Wahltag. Und wir wissen auch noch nicht, wer die verschiedenen Kandidaten sein werden.
Deutschlandradio Kultur: Rechnen Sie persönlich denn mit einer Kandidatur von Francois Hollande? Der hat ja immer die Arbeitslosigkeit als Maßstab genommen. Die ist letzthin wieder gestiegen. Rechnen Sie damit, dass er sich nochmal als Kandidat präsentiert?
Matthias Fekl: Wir werden sehen. Der Präsident wird sagen, ob er kandidiert oder nicht. Was wichtig ist, ist das Projekt. Die Lage in Frankreich ist kompliziert wirtschaftlich, trotz der Bemühungen des französischen Volkes und der Entscheidungen der Regierung. Und es ist wichtig, dass man einen Weg in die Zukunft weist. Das wird der Präsident machen an dem Zeitpunkt, den er für richtig empfindet. Wir sind jetzt noch nicht bei diesem Punkt.
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