Trockenübung in Kapstadt
Seit Wochen hängt die Drohung wie ein Damoklesschwert über Kapstadt: Das Wasser wird demnächst abgestellt, es gibt keines mehr. Die Stauseen sind leer, ein Horrorszenario für die Millionenstadt. Doch die Südafrikaner zeigen sich lernfähig.
Shafiq Gamiet beugt sich zu seinem Plastikkanister hinunter, der sich langsam mit Quellwasser füllt. Schulter an Schulter mit anderen Männern und Frauen. Sie stehen ums Eck an einem weißen Rohr mit zwei dutzend Löchern, durch die das Wasser in ihre Behälter fließt. Wer fertig ist, steckt einen Korken hinein. Dann sind die nächsten an der Reihe. Einige warten schon.
"Mir wäre früher nicht im Traum eingefallen, dass ich einmal losziehen und Wasser holen muss. Um es nach zu Hause zu schleppen und damit meine Wäsche zu waschen oder es zu trinken. Die Bilder von Afrikanern mit Wassereimern auf ihren Köpfen waren für mich weit weg. Ich hätte nie gedacht, dass es mir eines Tages ebenso ergeht."
Shafiq Gamiet, Mitte 60, ist eigentlich ganz gut situiert und lebt in einem Viertel Kapstadts, in dem das Wasser bisher aus dem Hahn kam. Aber seit die Stadt den Wassernotstand ausgerufen hat und jeder nur noch 50 Liter am Tag verbrauchen darf, tankt er, so oft es geht hier auf. Alle zwei bis drei Tage kommt er zur Newlands Quelle. Sie liegt in einer Sackgasse eines ehemals verschlafenen Wohnviertels. Doch mit der Ruhe ist es vorbei.
Plastikkanister statt Wasserhahn
Auf der schmalen Zufahrtstraße herrscht Stau, Autos parken auf den Bürgersteigen, überall sind Leute wie Shafiq mit ihren Plastikkanistern unterwegs. Sie schleppen sie selbst oder lassen sie gegen ein kleines Trinkgeld von einem der jungen Männer transportieren, die mit Sack- und Handkarren hier ihre Dienste anbieten.
Sie rattern an einem Einsatzwagen der Polizei vorbei. Beamte haben die Zufahrt zur Quelle abgesperrt. Zur Not sollen sie eingreifen. Denn nicht immer geht es friedlich zu, sagt Shafiq Gamiet.
"Manchmal kommt es zu Handgreiflichkeiten. Auch wenn sich die meisten Menschen hier eher gegenseitig helfen. Sie machen Platz füreinander oder lassen andere vor. In anderen Gegenden, vor allem in ärmeren Vierteln, ist die Lage dagegen angespannter. Da liefern sich die Leute teilweise Kämpfe ums Wasser."
Wenn eine überlebenswichtige Ressource wie Wasser knapp wird, zählt das Gesetz des Stärkeren. Es könnte ein Vorgeschmack auf "Day Zero" sein, den Tag, an dem den Haushalten am Kap das Wasser abgestellt wird. Dann bekommen sie ihre Ration nur noch an öffentlichen Sammelstellen. Zwar ist dieser Tag Null mittlerweile mehrmals verschoben worden, viele gehen davon aus, dass er zumindest in diesem Jahr nicht mehr eintritt. Aber die Angst bleibt. Kapstadt wäre die erste Millionenmetropole der Welt, der das Trinkwasser ausgeht. Ausgerechnet Kapstadt, das die Ureinwohner "Camissa" genannt haben, den Ort der Süßwasserquellen, erzählt Shafiq.
"Ich kenne etwa 17 Quellen, die Stadtverwaltung spricht sogar von rund 30. Die Ureinwohner haben dieses Quellwasser viele tausend Jahre genutzt. Aber dann kamen die Siedler, Kapstadt wurde zu einem Großstadtdschungel. Ein großer Teil des Quellwassers läuft seitdem in die Abwassertunnel und schließlich ins Meer. Einen anderen Teil verwendet die Stadt für die Bewässerung der öffentlichen Grünanlagen. Aber es sollte auch uns Bürgern zur Verfügung stehen. Wasser ist ein Menschenrecht."
Millionen Liter fließen täglich ungenutzt ins Meer
Shafiq Gamiet verschließt den zweiten, vollen Plastikkanister mit Quellwasser und hievt ihn auf seinen Handkarren. Er arbeitet in einem Ingenieurbüro und hat dort einen Plan für eine bessere Nutzung der natürlichen Wasserquellen erarbeitet. So dass nicht jeden Tag Millionen Liter ungenutzt ins Meer fließen.
"Stattdessen will die Stadt jetzt Meeresentsalzungsanlagen bauen. Trotz der enormer Kosten, die wohl noch unsere Kinder abbezahlen würden. Die Nutzung der Quellen wäre wesentlich preiswerter. Man könnte das Wasser in Reservoirs umleiten, es dort testen und im Zweifelsfall auch aufbereiten. Doch offensichtlich sind bei der Bewältigung dieser Krise auch Geschäftsinteressen im Spiel. Große Konzerne wittern großes Geld. Sie kreisen gerade wie Geier über Kapstadt."
Shafiq Gamiet hat sich der Bürgerinitiative "Water Crisis Coalition" angeschlossen, einem breiten Bündnis diverser gemeinnütziger Organisationen. Denn eigentlich, sagt er, haben wir es hier nicht mit einer Wasserkrise, sondern einer Management- und Verteilungskrise zu tun. Mit seiner täglichen Ration im Kofferraum macht er sich auf den Weg ins Büro.
Es ist Rushhour. Auf dem Weg ins Zentrum stehen Autos Stoßstange an Stoßstange. Kapstadts Bevölkerung ist in den letzten 20 Jahren rapide gewachsen, auf heute etwa vier Millionen. Die Infrastruktur stößt sichtbar an ihre Grenzen, ebenso wie die Wasserversorgung. Kombiniert mit einer extremen Trockenheit, dem Klimawandel und unzureichender städtischer Planung, die sich zu lange allein auf Regenfälle und Staudämme verlassen hat, ist diese akute Wasserkrise entstanden. Seit Monaten, seit das endzeitliche Szenario eines "Day Zero" droht, bittet die Stadtverwaltung die Bürger eindringlich, möglichst jeden Tropfen Wasser zu sparen.
Es bleibt nur eines: Umdenken
Leonie Verster nimmt diesen Aufruf sehr ernst. Sie gehört zu denen, die radikal umdenken: In ihrem kleinen Haus im zentrumnahen Viertel Woodstock stehen überall Plastikbehälter, Eimer und Tonnen. Schön sieht es hier nicht aus, sagt sie bei der Begrüßung entschuldigend.
Im Alltag ihres vier-Personen-Haushalts dreht sich alles um den Wassernotstand. "The New Normal", nennt sie das. Die neue Normalität.
In ihrem Badezimmer hat sie ihre Regendusche gegen einen wassersparenden Duschkopf ausgetauscht. Neben dem Ausguss stehen zwei Eimer.
"In einem Eimer fangen wir das saubere, kalte Wasser auf. Sobald es warm wird, stellen wir den anderen Eimer für das Grauwasser darunter. Mit dem Wasser aus dem ersten spülen wir Geschirr und waschen unsere Hände. Das aus dem zweiten benutzen wir für die Toilette. Den Spülkasten habe ich abmontiert, so dass man gar nicht mehr normal spülen kann."
In der Kloschüssel schimmert es hellgelb. Überall am Kap, in privaten Haushalten wie auf öffentlichen Toiletten ist das mittlerweile die Standardfarbe. "If it’s yellow let it mellow, if it’s brown, flush it down", lautet die Devise. Spülen soll man nur dann, wenn es wirklich notwendig ist.
Leonie führt mich weiter in ihren winzigen Innenhof. Früher hat sie hier gemütlich ihren Kaffee getrunken, jetzt steht der Bistrotisch eingequetscht in einer Ecke. Er musste dem selbstgebastelten Brauchwassersystem weichen. Ein Rohr führt in eine Mülltonne.
"Hier oben läuft das Brauchwasser aus der Dusche rein, das nicht im Eimer aufgefangen werden konnte. Hier unten habe ich einen Plastikhahn angebracht. Damit zapfe ich dann Wasser für meine paar Pflanzen und die Toiletten ab."
Wassertank als Luxusgut
Doch das ist noch nicht alles. Auch wenn ihr Haus nur ein kleines Dach hat und der Regen in den letzten Jahren nur spärlich gefallen ist, will die 60-Jährige auch dieses Wasser nicht mehr länger verschwenden.
"Ich habe den letzten Regentank und die letzte Pumpe in Kapstadt ergattert."
sagt sie stolz und tätschelt ihren 1000-Liter-Tank fast liebevoll. Mittlerweile gibt es Wartelisten und Wucherpreise. Wie bei vielen Produkten rund ums Wasser."
"Ich kann den Tank entweder mit städtischem oder mit Regenwasser auffüllen. Es ist erstaunlich, wieviel man selbst mit einem kleinen Dach bekommt! Das Wasser pumpen wir dann ins Haus. Ich sehe zu, dass der Tank immer mindestens halb voll ist. Das ist unsere Reserve für den Notfall. Wenn sie uns das Wasser abdrehen sollten, haben wir wenigstens einen Vorrat für ein paar Tage."
Die schiere Aussicht auf den Day Zero und die unzureichende Informationspolitik der Stadtverwaltung macht die Bürger nervös.
"Niemand in Kapstadt weiß, wo sich diese 200 Wasser-Sammelstellen im Ernstfall konkret befinden werden. Woodstock ist ein dicht besiedeltes Viertel, also sollte hier eine sein, aber wo, das ist vollkommen unklar."
Ebenso weiß niemand, wo die Leute dann parken sollen, wie all jene, die kein Auto haben, dort hingelangen können, wie sich die Wartezeiten mit Arbeit und Alltag vereinbaren lassen. Also bemühen sich Bürger wie Leonie Verster um eine möglichst autarke Wasserversorgung. Seit Dezember hat ihr vierköpfiger Haushalt den Verbrauch mehr als halbiert. Früher wusste sie nicht einmal, wo ihr Wasserzähler war.
"Wasser in Kapstadt war billig und scheinbar im Überfluss vorhanden. Wenn man vier Mal am Tag duschen wollte, dann hat man das einfach getan. Ein klassischer Fall davon, dass man Dinge nicht schätzt, solange sie vorhanden sind. Ich glaube nicht, dass ich je wieder so verschwenderisch mit Wasser umgehen könnte. Die Krise hat uns bewusst gemacht, wie viele Gegenden weltweit unter Wassermangel leiden. Und selbst wenn wir nicht mehr direkt betroffen sein sollten, ist es für mich jetzt undenkbar, jede Woche mein Auto zu waschen, wenn ich weiß, dass andere Menschen für ihr Wasser kilometerweit laufen müssen."
350 Liter - danach wird abgedreht
Leonie Verster tritt nach draußen auf die kleine Straße, in der sie wohnt. Etliche Häuser sehen nicht so gepflegt aus wie ihres. Teilweise sind die Fenster zerbrochen, die Blechdächer rosten, die Fassaden könnten einen neuen Anstrich gebrauchen. Ihre Nachbarn können sich augenscheinlich keine Wassertanks und Pumpen leisten. Sie haben schon Probleme ihre Wasserrechnungen zu bezahlen, seit die Stadt die Preise im Zug der Krise kräftig erhöht hat. Gestaffelt nach Verbrauch. Das soll natürlich zum Sparen motivieren, trifft aber oft die Falschen, sprich die Schwächsten der Gesellschaft. Leonie deutet auf den nagelneuen blauen Wasserzähler ihrer Nachbarn, einen von vielen in ihrer Straße.
"Sie bekommen 350 Liter am Tag, danach wird die Versorgung automatisch abgeschaltet. Und die Familie hat erst nach Mitternacht wieder Wasser. Diese Zähler werden laut Aussage der Stadt überall dort installiert, wo die Leute zu viel Wasser verbrauchen. Aber im Fall meines Nachbarn liegt der Grund dafür auf der Hand: In seinem Haus wohnen 10 Personen und nicht die vier, die dem Durchschnittswert von 350 Litern am Tag pro Haushalt zugrunde liegen. Bei anderen war vielleicht ein Leck schuld. Sie alle müssen jetzt Einspruch erheben. Wir fragen uns, ob diese blauen Wasserzähler auch in den wohlhabenden Gegenden installiert worden sind, wo viele Leute ja ebenfalls mehr Wasser verbrauchen, als sie sollten. Ich habe daran meine Zweifel."
Leonie geht zügig wieder in ihr Haus. Sie hat gehört, dass die Waschmaschine mit Schleudergang begonnen hat und muss einen Eimer darunter stellen. So dass kein Liter Brauchwasser im Ausguss landet.
Auf dem Weg in die wohlhabenden Vororte der Stadt ziehen zunächst die Townships am Straßenrand vorbei. Wer Glück hat, lebt in einem Steinhaus mit Wasseranschluss. Viele andere müssen in Blechhütten hausen und teilen sich einen kommunalen Wasserhahn mit dutzenden Nachbarn. "Day Zero" ist hier schon lange Realität. Viele dieser Hähne bleiben manchmal tagelang trocken oder der Wasserdruck ist so gering, dass die Befüllung eines Kanisters zur Geduldsprobe wird. Angesichts dessen ist es ein schwacher Trost, dass das Wasser in diesen Vierteln auch an "Day Zero" nicht abgestellt werden soll.
Swimmingpool ade
Bald darauf säumen gepflegte Vorgärten die Straße – keineswegs vertrocknet, sondern ziemlich grün. Durch einige der Tore der Einfamilienhäuser glitzert das Blau der Swimming-Pools in der Sonne.
In einem der Vorgärten steht Gavin Bruintjies mit seiner Kundin. Gemeinsam blicken sie in ein metertiefes Loch, in dem ein Arbeiter schlammige Erde in einen Eimer schaufelt. Der künftige Brunnen. Gavin ist vor rund zwei Jahren in dieses lukrative Geschäft eingestiegen.
"Am Anfang habe ich im Schnitt einen Brunnen die Woche gebaut, heute sind es zwei bis drei. Und es gibt eine Warteliste. Mein kleines Team ist also gut ausgelastet. Für uns ist diese starke Nachfrage natürlich großartig. Jeder will momentan Wasser."
Seine blonde Kundin nickt heftig mit dem Kopf.
"Hier in der Nachbarschaft haben viele bereits einen Brunnen. Jeder versucht ja momentan alternative Wasserquellen anzuzapfen. Seit einem Jahr dürfen wir das städtische Wasser ja eigentlich nicht mehr für unsere Gärten und Pools verwenden. Das ist der Hauptgrund, warum ich mich für einen Brunnen entschieden habe. Vielleicht kaufe ich auch eine Filteranlage dazu, damit ich das Brunnenwasser auch im Haushalt benutzen kann. Dann muss ich kein schlechtes Gewissen mehr haben."
Brunnenbau senkt Grundwasserspiegel
Rund 1.000 Liter wird dieser Brunnen täglich liefern, schätzt Gavin Bruintjies. Wasser findet er vielerorts schon ein paar Meter unter der Oberfläche. Da in Vierteln wie diesem momentan zahlreiche Brunnen gegraben oder sogar tiefer ins Erdreich gebohrt werden, hat die Stadt die gesetzlichen Richtlinien verschärft. Außerdem rät sie dringend davon ab, was hier überall gang und gäbe ist: Nämlich das Wasser für den Garten oder die Pools zu verwenden.
Dahinter steckt die Sorge, dass sich die Krise mittelfristig auch auf die wertvollen Grundwasserreserven auswirken könnte. Selbst Brunnenbauer Gavin Bruintjies ist sich dieses Risikos bewusst.
"Ich bin mir sicher, dass der Grundwasserspiegel sinken wird. Wenn tatsächlich jeder hier in diesem Viertel einen Brunnen bohren würde, hätten wir sicherlich ein Problem. Es ist also verständlich, dass die Behörden diese Entwicklung stärker regulieren wollen. Zum einen bohrt die Stadt ja selbst Brunnen für Schulen oder Krankenhäuser und sie braucht das Grundwasser auch für die Versorgung der Bevölkerung an 'Day Zero'."
Aus seiner Sicht hilft sein Geschäft momentan eher als es schadet, weil es die strapazierte städtische Wasserversorgung entlastet. Die Stadt selbst arbeitet momentan fieberhaft daran, die Grundwasserreserven in den Aquiferen anzuzapfen. Teilweise trotz Warnungen von Umweltorganisationen und Geologen. Die vielleicht größte Hoffnung aber setzt Kapstadt in millionenschwere Meeresentsalzungsanlagen. Die erste temporäre geht an der Waterfront in Betrieb – der touristischen Vergnügungsmeile am Hafen. Ansässige Luxushotels planen dort sogar eigene Anlagen.
Badewanne ohne Stöpsel im Nobelhotel
Im Fünf-Sterne "Table Bay Hotel", mit spektakulärem Blick auf den Hafen und den Tafelberg, brütet Graham Beggs über seinen Unterlagen. Er ist der Mann, der das Hotel auf eine wasserarme Zukunft vorbereiten soll.
"Wir haben bereits eine Lizenz für den Antrag auf eine Meeresentsalzungsanlage gestellt und warten nun auf die Entscheidung der Stadt. Sie muss uns eine Genehmigung erteilen, dass wir unser eigenes Wasser nutzen dürfen. Das ist ein längerer Prozess, bei dem es unter anderem um Umwelt-, Gesundheits- und Bauauflagen geht. Wenn alles klappt, wäre die Wasserversorgung unseres Hotels vollkommen von der Stadt abgekoppelt. Das jedenfalls ist das Ziel."
Doch bis es so weit ist, setzt das Hotel auf eine Vielzahl kleinerer Initiativen, die Schritt für Schritt ausgeweitet werden. Das beginnt dabei, dass es im Restaurant keine Stoffservietten mehr gibt und in den Zimmern keine Stöpsel in den Badewannen. Graham Beggs steht auf und geht nach draußen und bleibt ein paar Schritte weiter neben zwei riesigen Plastiktanks stehen.
"Wir haben damit begonnen Brauchwasser aufzufangen. Noch stammt es nur aus einigen unserer Klimaanlagen, aber weitere sollen folgen. Von diesem Tank aus durchläuft das Wasser verschiedene Filter, wird chemisch behandelt und kann dann aus diesem zweiten Tank für die Bewässerung unserer Grünanlagen, eine öffentliche und die Toiletten unserer Angestellten genutzt werden. In einer zweiten Phase bauen wir das Projekt weiter aus, so dass auch die Toiletten in den Zimmern mit Brauchwasser gespült werden."
Graham Beggs folgt einem gepflegten Weg durch die Grünanlagen. In den letzten Monaten sind sie komplett umgestaltet worden. Heute wachsen hier nur noch Pflanzen, die wesentlich weniger Wasser brauchen. Aloe-Stauden statt Rosenstöcke. Auch das trägt dazu bei, die Wasser-Vorgaben der Stadt zu erfüllen. Wie andere Unternehmen müssen auch Hotels ihren Wasserverbrauch um 45 Prozent senken. Natürlich möglichst ohne den Komfort ihrer Gäste zu schmälern, die sich auf den Liegestühlen rund um den Pool in der Sonne aalen.
Die Pumpe läuft auf Hochtouren
Graham Beggs betritt den Betriebsraum auf der gegenüberliegenden Seite. Die Pumpe läuft auf Hochtouren.
"Wir recyceln auch das Pool-Wasser. Wenn wir Wasser ablassen, dann fließt es in diese Tanks. Nachdem es mit allerlei Chemikalien behandelt wurde, wird es wieder zurück gepumpt. Das läuft jetzt schon seit 9 Monaten so. Wenn wir zusätzliches Wasser benötigen, dann ist es aufbereitetes Brauchwasser."
Natürlich wird dabei, wie überall im Hotel, penibel auf Hygiene geachtet, betont er. Zum Beispiel in der Damentoilette um die Ecke.
Graham bleibt am Waschbecken stehen und nestelt an einer unauffälligen Vorrichtung des Wasserhahns herum.
"Wassersparen bringt seine eigenen Probleme mit sich. Zum Beispiel die Gefahr von Legionellen. Um eine Bakterieninfektion zu verhindern, muss das Wasser in 60 Sekunden 52 Grad warm werden. Dafür sorgen diese Wasserstrahlregler, die wir entsprechend justieren können."
Die Gäste des Hotels müssen sich also wohl nicht um ihre Gesundheit sorgen. Bei Bürgern, die nun unbehandeltes Quellwasser trinken, Brauchwasser zu lange stehen lassen und Toiletten zu selten spülen, ist das Risiko wesentlich höher.
Zurück in der Lobby vertieft sich Graham Beggs wieder in seine Unterlagen. Er ist zuversichtlich, dass seine Stadt diese Krise gemeinsam bewältigen kann, wenn alle mit anpacken. Schließlich ist es ja auch schon gelungen, "Day Zero" um Monate heraus zu zögern. Beim letzten Mal soll dabei auch eine Wasser-Spende von Landwirten geholfen haben.
Landwirte helfen mit Wasserspenden
Die Farmen dieser Landwirte liegen etwa eine Stunde vom Stadtzentrum entfernt, in einem fruchtbaren Tal hinter einer Bergkette. Am Fuß der Passstraße glitzert der Steenbrasdam in der Sonne. Sandbänke säumen das Ufer, die normalerweise überflutet sein sollten. Der Pegel ist niedrig, aber nicht so niedrig wie der anderer Staudämme rund um Kapstadt, die eher einer Wüste als einem Wasserreservoir gleichen.
Eine kurvige, unbefestigte Straße führt weiter durch Obstplantagen, in denen Äpfel und Birnen wachsen. Ein zunächst unscheinbares Rauschen wird nach der nächsten Kurve immer lauter.
Eine enorme Wasserfontaine ergießt sich in einen kleinen Fluss. Zwei Männer beobachten das Spektakel: Johan Groenewald und Stuart Maxwell von der "Groenland Water User Association". Dem Verein, der in der Lokalpresse als edler Wasserspender gefeiert wurde. Stuart Maxwell runzelt die Stirn."
In Südafrika gehören Regenwasser, Bäche und Flüsse per Gesetz dem Staat. Und der vergibt dann die Rechte, dieses Wasser zu nutzen und zu speichern. Insofern kann niemand von uns Wasser spenden. Die Farmer hier in der Gegend haben in guter Voraussicht schon vor Jahrzehnten einen großen Staudamm gebaut und ein Teil davon wird nun hier Kapstadts Wasserversorgung eingespeist. Das machen wir bereits seit über zehn Jahren so. Wegen der Krise in Kapstadt ist es nur mehr als bisher."
Es sind rund zehn Millionen Kubikmeter Wasser mehr als sonst. Das deckt in Kapstadt in etwa den Wasserbedarf von 20 Tagen.
Der gut gefüllte Staudamm der Farmer liegt weiter oben auf einem Hügel. Offensichtlich waren sie besser auf eine Dürrezeit vorbereitet als die Stadtverwaltung. Schließlich hängt unsere Existenz davon ab, sagt Johan Groenewald, der hier selbst eine Obstplantage besitzt.
"Ich habe schon vor sechs oder sieben Jahren damit begonnen, effizientere Bewässerungssysteme zu installieren. Wir bewässern auch nur noch in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden. So sparen wir jede Menge Wasser. Außerdem haben viele von uns neue Staudämme angelegt, als wir absehen konnten, dass wir es mit einer extremen Trockenheit zu tun haben. Spätestens Ende 2016 war es klar, dass wir sonst ein ernstes Problem haben."
Lektion gelernt: Jeder Liter Wasser ist wertvoll
Das hört sich einfacher an, als es ist, denn Landwirte müssen den Bau neuer Staudämme erst genehmigen lassen und Umweltauflagen erfüllen. Das kostet Zeit und Geld. Johan hofft, dass sich das mit der Krise nun ändert.
"Hopefully it is going to get quicker now, so people can understand why we need to build a dam which is more than your allocated volumes."
Der landwirtschaftliche Wasserverbrauch rund um Kapstadt soll nach den neuen verschärften Richtlinien um ganze 60 Prozent gesenkt werden. In dieser Region rund um Grabouw und Elgin kommen Farmer offenbar damit zurecht. Das ist nicht überall so. Aber offene Kritik am Krisenmanagement der Stadtverwaltung oder des nationalen Wasserministeriums wollen die beiden Männer lieber nicht äußern. Schließlich müssen sie weiter mit ihnen zusammenarbeiten. Nur so viel: Im Bau millionenschwerer Meeresentsalzungsanlagen sehen die Landwirte ebenso wie die Bürgerinitiativen in der Stadt nicht den Königsweg, betont Stuart Maxwell.
"Am wichtigsten wäre es, dass Wasser konsequent und verpflichtend recycelt wird. Es gibt keinen Grund, warum man nicht in jedem Haushalt ein preiswertes Grauwassersystem installiert. Schließlich werden noch immer etwa 20 Prozent des Trinkwassers die Toiletten heruntergespült. Außerdem sollte man die natürlichen Wasserquellen besser ausschöpfen. Wasser aus Quellen, Bächen und kleinen Flussläufen könnte durch Wehranlangen zunächst in die Wasserversorgung fließen, statt ungenutzt ins Meer. Denn selbst wenn es in Zukunft wieder heftig regnen sollte, gibt es keinen Grund Wasser zu verschwenden."
Und das ist die wohl wichtigste Lektion der Krise: Viele Kapstädter haben begriffen, dass jeder Liter Wasser wertvoll ist. Und dass Wasser allen gehört. Ob dieser Mentalitätswandel auch nachhaltig ist, wird sich in der nächsten Regenzeit zeigen.