Offenbach soll wieder blühen
09:01 Minuten
Offenbach war immer eine Industriestadt. Nun vollzieht sich ein Strukturwandel. Im Hafen ist ein schickes Wohn- und Büroviertel entstanden. Noch zeigt das Stadtzentrum sich eher trist, doch Stadtplaner wollen ihm neues Leben einhauchen.
Božica Niermann geht schnellen Schrittes durch die Fußgängerzone von Offenbach. Die 49 Jahre alte gebürtige Essenerin leitet seit fünf Monaten die kommunale Wirtschaftsförderung der 130.000-Einwohnerstadt am Main. Zuvor war die an der TU Dortmund ausgebildete Raumplanerin mehr als ein Jahrzehnt für den Umbau des Offenbacher Hafengebietes zu einem modernen Wohnquartier mitverantwortlich.
Ein Ziel für die Stadt
"Es war eine Brache, es standen noch einige Gebäude", berichtet Niermann, während sie durch die Fußgängerzone spaziert. "Vielleicht kann sich der eine oder andere auch noch an den Lokschuppen erinnern. Die Bilder davon, wo wir hin wollten, dass es dort mal ein lebendiges Quartier geben soll, die gab es natürlich nur im Kopf der Entwickler und der Politik hier vor Ort. Darum geht es eigentlich bei der Stadtentwicklung: Dass man ein großes Ziel hat, wohin man eine Stadt oder auch einzelne Quartiere entwickeln möchte."
Die Wiederbelebung des Hafenquartiers in Offenbach ist gelungen. Das Viertel am Wasser hat sich zu einer neuen Attraktion gemausert. Nun steht Niermann vor der Aufgabe, die Einkaufsstraßen in der Offenbacher Innenstadt neu zu beleben.
Denn die Krise der klassischen Kaufhäuser und einiger schmuckloser Einkaufspassagen aus den 1960er-Jahren hat das Zentrum an einigen Stellen veröden lassen. Das beklagen viele Offenbacherinnen und Offenbacher.
Die Kaufhäuser werden wohl nicht zurückkommen. Stattdessen setzt die Großstadt am Main auf Vielfalt: Einzelhandel und Gastronomie wechseln sich mit Co-Workingspaces für IT-Kräfte oder Bildungseinrichtungen ab.
Auch der traditionsreiche Deutsche Wetterdienst hat hier in einem Ladenlokal eine interaktive Wetter- und Klimawerkstatt für Kinder, Jugendliche und Erwachsene aufgemacht. Mix-Use-Immobilien lautet der Fachbegriff für diesen Trend.
Niermann ist zuversichtlich, dass dieses Konzept aufgehen wird und dass Einrichtungen wie die Werkstatt des Wetterdienstes neue Anziehungspunkte auch für Menschen außerhalb Offenbachs werden könnten – etwa aus dem Südosten Frankfurts.
U-Bahnstrecke nach Frankfurt brachte Einbußen
Im Augenblick herrscht allerdings noch jene Tristesse in Offenbach, die vor allem der Einzelhandel schon seit einigen Jahren zu spüren bekommt. Eine neue U-Bahnstrecke nach Frankfurt am Main wurde eingerichtet, zeitgleich die Straßenbahnlinie 16 im Offenbacher Zentrum stillgelegt. Das ließ offenbar die Umsätze in den Geschäften einbrechen.
Nun gibt es Pläne, die alte Straßenbahn wiederzubeleben. Božica Niermann erzählt: "Ja, es wird zwar viel Geld kosten, die Schiene wieder hinzulegen. Aber ich glaube, Offenbach wird dann wieder aufblühen." Sie fährt fort: "Kürzlich ist zusammen mit dem RMV (Rhein-Main-Verkehrsverbund) eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben worden, inwieweit man die Linie 16 auch wieder nach Offenbach reinführen kann."
Am östlichen Ende der Fußgängerzone liegt ein großer Verkehrsknotenpunkt, an dem eine Baustelle mit vielen Absperrungen entstanden ist. Die verärgert viele Offenbacherinnen und Offenbacher, weil sie sich davon im Alltag beeinträchtigt fühlen. Fünf Millionen Euro sollen hier innerhalb von 14 Monaten verbaut werden.
Der Stolz Offenbachs: der Marktplatz
Wirtschaftsförderin Niermann erläutert: "Die Idee ist, dass hier an der Stelle Radfahrer und Fußgänger einfach mehr Aufenthaltsflächen bekommen." Auch die Bushaltestelle solle neu geordnet und gebaut werden.
Wenige Schritte von der Baustelle entfernt liegt der Wilhelmsplatz. Dreimal wöchentlich ist hier Markttag. Der Markt gilt als einer der größten und vielfältigsten Wochenmärkte des gesamten Rhein-Main-Gebietes. Die Offenbacher seien zu Recht stolz auf ihn, sagt Niermann. Er habe teilweise fast südländisches Flair.
Tatsächlich herrscht trotz der pandemiebedingt geschlossenen Gastronomie rund um den Platz ein reges Treiben. Straßenmusikanten mischen sich unter die Marktbesucherinnen und -besucher.
Strukturwandel geht nur gemeinsam
Von den rings umher in den letzten Jahren entstandenen Fahrradstraßen sind hingegen etliche Bürgerinnen und Bürger nicht begeistert: Statt für Entspannung zu sorgen, sei das Verkehrsgeschehen für Autofahrer wie für Radfahrer dadurch teils sogar gefährlicher geworden und insgesamt nicht gut gelöst.
Doch eines ist klar: Lösungen werden für den Strukturwandel in der Offenbacher Innenstadt an vielen Stellen gesucht. Dafür brauche es die Geduld und Mithilfe aller, sagt Božica Niermann:
"Die Stadt Offenbach wird das nicht alleine stemmen können. Das muss eine Gemeinschaftsangelegenheit sein, von Bürgern und Bürgerinnen, von den Eigentümern, von den Gewerbetreibenden hier vor Ort, von der Stadtverwaltung und von der Politik. Das können wir im Grunde nur gemeinsam schaffen."
(Textbearbeitung: mkn)
Doch eines ist klar: Lösungen werden für den Strukturwandel in der Offenbacher Innenstadt an vielen Stellen gesucht. Dafür brauche es die Geduld und Mithilfe aller, sagt Božica Niermann:
"Die Stadt Offenbach wird das nicht alleine stemmen können. Das muss eine Gemeinschaftsangelegenheit sein, von Bürgern und Bürgerinnen, von den Eigentümern, von den Gewerbetreibenden hier vor Ort, von der Stadtverwaltung und von der Politik. Das können wir im Grunde nur gemeinsam schaffen."
(Textbearbeitung: mkn)