Star-Autoren in Dänemark

Von Marc-Christoph Wagner |
Das Louisiana-Museum für Moderne Kunst nördlich von Kopenhagen gehört zu den renommiertesten Skandinaviens. Nun veranstaltet das Haus sein erstes internationales Literaturfestival. Als Gast wird auch Günter Grass erwartet.
Hinter der alten Balkontür in Christian Lunds Büro erstreckt sich der Park des Louisiana-Museums bis zum Ufer des Öresund. Neben den alten Bäumen wirken die Skulpturen unter anderem von Richard Serra und Henry Moore wie kleine Wegmarken in einer weitläufigen Landschaft. Seit mehr als 50 Jahren ist die Sammlung gewachsen, ihr Renommee erstreckt sich seit langem über die Grenzen Dänemarks hinaus. Eine enorme Verantwortung, gesteht Christian Lund, Chef des neuen Literaturfestivals. Denn der Name Louisianas sei natürlich Verpflichtung:

"Unsere Ambition ist es, Louisiana-Literature als ein Festival von internationalem Rang zu etablieren. Natürlich ist es sehr viel leichter, die ganz großen Autoren hierher zu bringen, wenn man erst einmal eine eigene Geschichte und Tradition vorzuweisen hat. Davon abgesehen aber geht es uns nicht allein um die ganz großen Stars. Wir wollen auch diejenigen präsentieren, die wir selbst als Kometen und kommende Sterne ansehen. Es geht uns auch um die Talente von heute."

Und so wandelt sich das Museum in den kommenden vier Tagen in eine Art begehbare Bibliothek, wo Autoren auf unterschiedlichen Bühnen mit- und übereinander diskutieren, Lesungen stattfinden und Theatermonologe von Primo Levi und Elfriede Jellinek aufgeführt werden. Günter Grass und Kevin Vennemann sind aus Deutschland dabei, der Belgier Jean-Phillippe Toussaint, die Britin Ali Smith, neben zahlreichen Autoren aus dem Norden – unter anderem Sofie Oksanen, die jüngst mit dem nordischen Literaturpreis ausgezeichnet wurde.

"Wir orientieren uns am Museum. Die Sammlung ist von extrem hoher Qualität, aber es gelingt dem Museum immer wieder, diese Qualität an sehr große Besuchermengen zu vermitteln. Man kann sagen, die Kunst Louisianas ist einerseits elitär und schmal, aber es gelingt uns immer wieder, sehr viele Menschen zu erreichen. Und eben das ist die Ambition mit dem Literaturfestival."

Knud Romer, preisgekrönter dänischer Autor, dessen Roman "Wer blinzelt, hat Angst vor dem Tod" 2007 im Insel-Verlag erschien, freut sich über die Initiative des Museums, vor allem darüber, dass das Literaturfestival einen internationalen Schwerpunkt setzt, Wert legt auf den Austausch zwischen den Kulturen.

"Alles, was Dänemark öffnet, ist gut. Ich würde sagen, wenn man hier die Türen zumachte und schon wieder so ein provinzielles dänisches Literaturfestival machte, das wäre zum Kotzen. Aber wenn die Türen aufgehen und die kommen aus Deutschland und England und Finnland und irgendwann finden sie ja auch heraus, dass es in Afghanistan und im Iran auch Autoren gibt, die man einladen sollte, um mit ihnen zu reden, anstatt über sie zu reden."

Lousiana-Literature sei eine innere Notwendigkeit, fügt Christian Lund hinzu. Mit dem Festival erfülle sich das Haus einen alten Traum, denn schon Museumsgründer Knud Jensen habe enge Verbindungen zu den Autoren seiner Zeit geführt. Doch nicht allein für dänische Autoren sei Louisiana stets eine Art Heimat gewesen. Während des Kalten Krieges habe das Haus vielen Dissidenten Unterkunft gewährt, Salman Rushdie habe sich hier 1992 erstmals öffentlich gezeigt, nachdem die Fatwa gegen ihn verhängt worden war.

"Literatur ist der Einblick in andere Arten zu leben, andere Arten, wie das Leben auch sein könnte. Sie öffnet einem die Augen für Dinge, die man sich selbst nicht hätte vorstellen können. Autoren zeigen auf, es könnte auch anders sein, sie beschreiben Dinge, die man selbst so noch nicht betrachtet hatte."

Die Bäume im Park – sie standen schon hier, lange bevor die Türen des Lousiana-Museums 1958 öffneten. In den kommenden Tagen werden sie Zeugen eines neuen Abschnittes, werden sie lauschen den Geschichten von rund 40 internationalen Autoren. Ob die Wellen des nahen Öresund diese ihrerseits hinaustragen in die Welt – im Moment ist auch diese Erzählung eine mit noch offenem Ende.

Homepage des Louisiana-Museums (engl.)