"Südstaaten-Kennedy" will Texas erobern
Er habe das Aussehen von Kennedy und das Charisma von Obama, so beschreiben seine Anhänger Beto O'Rourke. Der Außenseiter will dem Republikaner Ted Cruz bei den Zwischenwahlen am 6. November dessen Senatssitz in Texas entreißen. Es wäre eine Sensation.
Die Sonne steht hoch an diesem Samstagmittag und bringt die Besucher in einem Biergarten in Denton, einem Vorort von Dallas, kräftig ins Schwitzen. Der Spätsommer in Texas kann noch einmal richtig heiß werden. Besorgt reicht die ältere Dame hinter einem Infostand ein Glas Wasser nach dem anderen an die Wartenden in der langen Schlange. "Beto for Senate", steht auf ihrem T-Shirt. Sie reicht erst das Wasser, dann die Unterlagen für all jene die sich hier für die Zwischenwahlen zum Abgeordnetenhaus und zum Senat am 6. November registrieren lassen wollen.
"Wir haben hier schon seit heute Morgen alle Hände voll zu tun. Hier wartet eine lange Schlange darauf, sich für die Wahl registrieren zu lassen. Und das sind nicht nur junge Leute. Da sind auch viele Erwachsene dabei, die entweder noch nie gewählt haben oder das Interesse daran verloren hatten. Sie alle wollen Beto unterstützen!"
Beto ist Beto O'Rourke, der Kandidat der Demokraten für einen der beiden texanischen Sitze im Senat. Beto ist ein Spitzname und steht für Betito, mexikanisch für Robert, wie O'Rourke mit richtigem Vornamen heißt. Beto O'Rourke ist einer der demokratischen Hoffnungsträger für diese Zwischenwahlen, die auch zum Stimmungstest für Donald Trump werden dürften.
Die Demokraten hoffen darauf, die Mehrheit im Repräsentantenhaus zurückzuholen. Und im Senat bräuchten sie nur zwei Sitze mehr, um wieder stärkste Kraft zu werden. Beto O'Rourke soll einer von ihnen sein. Ausgerechnet im zutiefst republikanischen Texas, will er als absoluter Außenseiter seinen favorisierten prominenten Widersacher bezwingen: Ted Cruz, der im Rennen um die Präsidentschaftskandidatur Donald Trump unterlag.
"Wir wollen die jungen Wähler mobilisieren – die 18- bis 24-Jährigen, die historisch gesehen hier praktisch nie gewählt haben – bei den letzten Zwischenwahlen sind nur 20 Prozent von ihnen zur Wahl gegangen. Wir hoffen, dass wir die Zahl der jungen Wähler auf 50 Prozent steigern können – darauf arbeiten wir hin!"
Beto O'Rourke kämpft um jede Stimme. Er muss die Erstwähler mobilisieren und die Nichtwähler, zu denen auch die Bevölkerungsgruppe der Latinos gehört. Sie machen mittlerweile 40 Prozent der texanischen Bevölkerung aus.
Kultstatur wie ein Rockstar
Die Band auf der kleinen Bühne macht Stimmung. Hunderte warten auf Beto. Viele von ihnen haben im Gras vor sich die Beto-Schilder aufgestellt. Bei ihnen hat der Politiker Kultstatus wie ein Rockstar. Man sagt, er sehe so gut aus wie Robert Kennedy und habe das Charisma von Barack Obama.
Dann ist er auf einmal da: "Hey", sagt er, als er in das kleine Clubgebäude hinter der Bühne huscht und sich die Mikrofone der wartenden Journalisten an das faltenfreie blaue Hemd steckt. Beto O'Rourke, 46 Jahre alt, die vollen Haare zur Seite gescheitelt, geschätzte 1,90 Meter groß, schlank, sportlich und sehr jovial. Trotz der mörderischen Hitze trägt er eine Schirmmütze des örtlichen Football-Teams und redet wie ein Wasserfall.
"As you know. This is our fourth or fifth visit to Denton", sagt er. Beto O'Rourke ist überall gewesen in Texas – in allen 254 Wahlbezirken dieses Bundesstaates, der doppelt so groß ist wie Deutschland. Diese Strategie, sich jedem zu zeigen, in jedem Bezirk, Tag für Tag: Diese Strategie zahle sich aus, sagt Beto O'Rourke. Darum gehe es doch im Wahlkampf: Jeden zu motivieren.
Beto O'Rourke spricht, als wolle er die Texaner aufrütteln. Texas sei ein Nicht-Wähler-Staat. Die Wahlbeteiligung liegt an 49. Stelle aller US-Bundesstaaten. Das ist der vorletzte Platz. Alle potenziell Wahlberechtigten eingerechnet, lag die Wahlbeteiligung in Texas 2016 bei 46 Prozent.
Auf der Bühne wirkt Beto O'Rourke noch schlaksiger, noch agiler. Er steht ganz nah am Bühnenrand, als wolle er gleich herunterspringen und ein Bad in der Menge nehmen. Die Schirmmütze hat er fortgeworfen, auf dem hellblauen Hemd zeigen sich erste dunkelblaue Schweißflecken.
O'Rourke spricht frei und ohne Teleprompter. Er hat eine zentrale Botschaft, die er seinem Publikum gestikulierend näherbringt. Er kämpfe nicht gegen jemanden. Nicht gegen die Republikaner. Nicht gegen Ted Cruz. Nicht gegen Donald Trump. Beto O'Rourke hat nur positive Botschaften – er kämpfe für den Staat Texas, für sein Land und seine Wähler. Rhetorisch kleidet er das in die Frage: Was wäre, wenn?
Zum Beispiel: Was wäre, wenn man den Wissenschaftlern glaubte und nach den Verwüstungen von Hurrican Harvey vor einem Jahr den Klimawandel ernstnähme? Oder: Was wäre, wenn Texas führend würde bei der Achtung der Bürgerrechte?
Aufgewachsen an der mexikanischen Grenze in El Paso
Was würde geschehen, fragt er, wenn keine Mauer an der Grenze zu Mexiko gebaut würde? Wenn illegale Einwanderer an der Grenze zu Mexiko nicht mehr wie Verbrecher behandelt würden? Beto O'Rourke hat sich in Rage geredet: Nie mehr dürften Eltern die Kinder weggenommen werden, wenn sie es illegal in die USA geschafft hätten. Der Schweiß läuft ihm in den Kragen seines Hemdes.
Das ist das große Thema dieses Wahlkampfs. Das ist das Thema von Beto O'Rourke. Dort, wo Donald Trump die Wurzel allen Übels sieht, ist Beto O'Rourke zuhause. Dort, wo Donald Trump die Mauer bauen möchte, ist Beto O'Rourke aufgewachsen. Dort, wo Donald Trump das Schlupfloch für alle Verbrecher und Vergewaltiger ausmacht, sieht Beto O'Rourke einen gemeinsamen Lebens- und Wirtschaftsraum. Beto O'Rourke kommt aus El Paso, direkt an der Grenze zu Mexiko.
"Wir sind eine der größten binationalen Lebensräume der westlichen Hemisphäre. Drei Millionen Menschen aus zwei Ländern, die zwei Sprachen sprechen, die sich einander verbunden und nicht voneinander getrennt fühlen, die am Rio Grande etwas Schöneres, Erstaunlicheres und Magischeres erschaffen haben, als viele sich das vorstellen können. El Paso ist heute eine der sichersten, wenn nicht die sicherste Stadt der Vereinigten Staaten – und das nicht, obwohl wir eine Stadt der Einwanderer sind, sondern weil wir eine Stadt der Einwanderer sind."
Essenz politischer Botschaft: Verschiedenheit ist Bereicherung
El Paso, eineinhalb Flugstunden von Dallas entfernt. Die Sonne brennt hier noch heißer vom Spätsommerhimmel als im übrigen Texas. Von der Anhöhe des Scenic Drive hat man einen spektakulären Blick auf die Gebirgszüge der Chihuahua-Wüste. Mittendrin zwei Städte, getrennt vom Rio Grande, dem Grenzfluss: El Paso in den USA und Ciudad Juarez in Mexiko.
"You can see the border fence over to our right and then a little of the Rio Grande, which is over there too and that form the actual boundary between the two countries."
Robert Moore zeigt hinunter ins Tal, wo man den Rio Grande fließen sieht, der in Wahrheit ein ziemlich kleiner Fluss ist. Davor der Grenzzaun, der bereits 2008, 2009 errichtet wurde, ein paar Jahre nach dem Terrorschock von 9/11.
Robert Moore, der bis vor kurzem Chefredakteur der "El Paso Times" war, erinnert sich an die gemischten Gefühle, die diese Grenzbefestigung damals schon auslöste – gehörten diese beiden Städte doch zusammen wie siamesische Zwillinge, sagt er. Ohne El Paso gäbe es Ciudad Juarez nicht, und El Paso wäre um zwei Drittel kleiner: Diese Verbundenheit, nein: Verwobenheit sei existentiell für den Gesundheitszustand beider Städte, sagt Moorez
Diese Erfahrung des permanenten Austauschs über nationale, sprachliche und kulturelle Grenzen hinweg sei der Schlüssel zum Verständnis seines politischen Programms, sagt Bob Moore. Er hat Beto O'Rourke bereits als jungen Lokalpolitiker im Stadtrat von El Paso journalistisch begleitet und 2012 dann seinen Aufstieg zum Abgeordneten im Repräsentantenhaus verfolgt.
"Ich glaube, die Jugend hier in diesem binationalen Umfeld verbracht zu haben, dann als Jungunternehmer tätig gewesen zu sein und mit diesem Hintergrund in die Politik zu gehen, hat ihn so geprägt wie kaum einen anderen Politiker derzeit in den Vereinigten Staaten."
Moore sieht das als die Essenz der politischen Botschaft O'Rourkes für seine Wähler: Verschiedenheit nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung zu verstehen. Der Abschottung offene Grenzen entgegenzusetzen – in der Frage der Einwanderung, aber auch beim Handel und in der Gestaltung der internationalen Beziehungen. O'Rourkes politisches Konzept werde sich zum schlüssigen Gegenentwurf zu Trumps grimmiger, weltabgewandter politischer Programmatik weiterentwickeln, sagt Moore.
Doch die Bedrohungsszenarien und Abwehrreflexe, die nationalistischen Ausgrenzungsimpulse und stereotypen Reaktionsmuster seien auf Seiten Donald Trumps derart stark und bei seinem Publikum so erfolgreich, dass selbst texanische Republikaner ihnen erliegen, sagt Robert Moore.
"Sogar in den jüngsten Vorwahlen in Texas war das ausschlaggebende Moment für den Erfolg die Frage, welcher Kandidat die Grenze am wirkungsvollsten dämonisieren kann. Das hat fast schon eine ironische Dimension, weil es sich um künftige Gouverneure oder Vizegouverneure handelte, die den ganzen Staat Texas repräsentieren sollten. Am Ende bauen sie ihren politischen Ruf darauf auf, ein Gutteil ihres Staates zu diskreditieren – sodass sich das schlechte Bild der Grenze so in unserer politischen Kultur eingegraben hat, das es kaum noch zu revidieren ist."
So komme es zu fatalen Fehlinterpretationen jenseits aller Fakten, analysiert der Journalist Robert Moore. Mauern könnten niemals Migration verhindern. Abschottung habe sich stets negativ auf die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung ausgewirkt. Doch die Trump-Administration hat sich zur sogenannten Null-Toleranz-Politik entschlossen, um illegale Einwanderung kategorisch und mit äußerster Härte zu unterbinden. Selbst um den Preis, dabei das politische Augenmaß zu verlieren.
Größter Fehler der US-Behörden: Kinder den Eltern wegnehmen
Eine Kirchengemeinde in El Paso. Der Pfarrer hat sein Gemeindehaus der Organisation von Ruben Garcia überlassen. Ruben Garcia leitet das sogenannte Annunciation House in El Paso. Der grauhaarige, hoch gewachsene Theologe und seine Organisation widmen sich ganz dem Schicksal der Armutsflüchtlinge, die ohne Papiere über die mexikanische Grenze kommen und dabei festgenommen und eingesperrt werden.
Ruben Garcia ist auf die Straße gelaufen, um eine Gruppe erschöpfter, entkräfteter Menschen in Empfang zu nehmen, die aus einem Bus steigt. Männer, Frauen und Kinder. Kleider und Schuhe sind zerschlissen, alles, was sie haben, tragen sie in abgegriffenen Plastiktüten mit sich.
Ein Zug von fünf, sechs Dutzend Flüchtlingen aus Zentralamerika, aus Honduras, Guatemala, El Salvador. Gerade eben von den US-Behörden entlassen und in einen Bus gesetzt. Ruben Garcia wird sich um sie kümmern – ihnen etwas zu essen geben und die Tickets besorgen, damit sie aus El Paso wieder in ihre Heimat zurückkehren können. Sie werden allesamt abgeschoben.
Sie seien allesamt inhaftiert gewesen, sagt Ruben Garcia. Einige Tage oder einige Wochen. Man hat ihnen elektronische Fußfesseln angelegt, um zu verhindern, dass sie in den USA untertauchen. Im Gemeindesaal bekommen sie eine erste Tasse Tee und vermutlich seit Langem die ersten herzlichen Worte zu hören.
Ruben Garcia hat seine Augen überall – er fragt eine schwache Frau nach ihrem Befinden, ein Kind nach seinem Namen. Und er achtet darauf, dass sich kein Reporter den ängstlichen Menschen nähert. Sie sind allesamt traumatisiert, sagt Garcia, und untersagt jedes Interview mit ihnen. Nur ein einziges Mal habe er eine Ausnahme gemacht. Als bekannt wurde, dass Kinder systematisch von ihren Eltern getrennt wurden, ließ Ruben Garcia einige Väter in einer Pressekonferenz anonym berichten. Daraufhin kam es zu einem internationalen Aufschrei der Entrüstung. Das sei der größte Fehler der US-Behörden gewesen, sagt Ruben Garcia.
"Wir haben in Erfahrung gebracht, dass Eltern unter dem Vorwand, Formulare ausfüllen zu müssen, von ihren Kindern getrennt wurden. Und als sie in die Zelle zurückkamen, war das Kind verschwunden. Sie sagten den Eltern nicht, wo sie das Kind hingebracht hatten. Niemals sagten sie es ihnen – auch in den kommenden Wochen und Monaten nicht. Auch nicht, warum sie es weggenommen hatten. Oder wer für das Kind sorgen würde. Einfach nichts, gar nichts."
9/11 ist ein Geschenk Gottes für Rassisten
Diese Praxis der US-Einwanderungsbehörde, Kinder ihren Eltern wegzunehmen, ist mittlerweile von einem Gericht in San Diego verboten worden. Der Bundesrichter dort ordnete an, dass bis Ende Juli alle Kinder wieder zu ihren Eltern gebracht werden sollten. Die Einwanderungsbehörde meldete Vollzug. Doch dann stellte sich heraus, dass immer noch über 700 Kinder festgehalten wurden, weil ihre Eltern mittlerweile abgeschoben worden waren. Und niemand wusste, wo sie nun waren. Ein Skandal im Skandal.
Damit nicht genug: Die Zahl der internierten Kinder ist mittlerweile auf über 13.000 gestiegen, wie die "New York Times" berichtete. Es handelt sich um "unaccompanied minors", wie es in der Amtssprache heißt – um Kinder, die ohne ihre Eltern den Weg über die Grenze wagten und festgenommen wurden. Früher wurden sie mit Hilfe der Behörden zu Verwandten oder Freunden gebracht. Doch unter dem Druck der neuen repressiven Politik finden sich keine freiwilligen Helfer mehr. So werden die Kinder in riesigen sandfarbenen Zelten untergebracht – streng bewacht, ohne Schulunterricht, ohne Kontakte nach außen.
Warum all das? Warum diese Härte? Theologe Ruben Garcia hat nur diese Antwort parat. "Ich kann beim besten Willen den Aspekt des Rassismus nicht ausblenden. Es ist nichts anderes als Rassismus, was die Immigrationsdebatte dominiert. Viele Leute sagen, dass 9/11 ein Geschenk Gottes war, um Mittel und Wege zu finden, den Zuzug von Migranten zu bekämpfen. Niemand muss jetzt mehr sagen: Ich mag keine Schwarzen. Oder: Ich mag keine Armen. Oder: Ich mag keine Mexikaner. Heute genügt das Schlagwort vom Verdacht auf Terrorismus. Ich denke, Rassismus spielt bei dieser Politik eine große Rolle."
Das sind die Abgründe eines gesellschaftlichen Konflikts, der sich an den Themen Einwanderung und Mauerbau oder an den Parolen "America first" und "Buy American" festmachen lässt. Das ist auch der Hintergrund für den emotional aufgeladenen Wahlkampf in Texas, der es Beto O'Rourke ermöglicht, radikal entgegengesetzte Positionen zu Donald Trump zu vertreten und Hoffnung statt Angst zu propagieren, Öffnung statt Abschreckung, Gemeinsinn statt Eigennutz und Wahrheitsliebe statt Lüge als Mittel der Politik.
Applaus für politische Zuversicht und positive Werte
In Plano, einem weiteren Vorort von Dallas, trifft Beto O'Rourke an diesem Samstagnachmittag auf ein doppelt so großes Publikum wie wenige Stunden zuvor in Denton. Wieder verkündet er: "Wenn Ihr Republikaner seid, seid Ihr hier richtig. Wenn Ihr Demokraten seid, seid Ihr hier richtig. Wenn Ihr Unabhängige seid, seid Ihr hier richtig."
Wieder vermeidet es Beto O'Rourke, seinen politischen Kontrahenten Ted Cruz frontal anzugehen. Wieder vermeidet es Beto O'Rourke, Donald Trump zu attackieren.
Wieder schickt Beto O'Rourke seine Botschaft der politischen Zuversicht und der positiven Werte ins Publikum. Wieder schwitzt Beto O'Rourke ein faltenfreies, frisches, hellblaues Hemd durch. Wieder bekommt das Publikum einen Kandidaten zu sehen, der sich bis zur physischen Erschöpfung verausgabt.
Vor der Bühne saß eine junge Frau stundenlang in der prallen Sonne – immer wieder standen ihr bei der Rede Beto O'Rourkes die Tränen in den Augen. Sie heißt Sarah Kathriner und ist 21 Jahre alt, erzählt sie.
"Ich bin zur Hälfte Latina. Und mich hat sehr berührt, wie Beto über die Gleichheit aller Menschen sprach, auch derjenigen, die über unsere Grenze kommen. Dass sie Respekt und Würde verdienen und dass es genau das ist, was unsere Städte und unser Zusammenleben sicherer macht. Ich glaube ihm einfach, und das hat mich sehr beeindruckt."
Nicht weit von Sarah entfernt stand eine Gruppe von High-School-Freundinnen, 18, 19 und 21 Jahre alt. Avery, Anavarely und Amelissa:
"Er ist viel professioneller und bei weitem erträglicher als unser Präsident. Er ist einfach ein guter Mensch."
"Ich glaube, wir sind richtig heiß auf das Wählen. Und ich denke, wir haben viel mehr Macht, als wir glauben."
Ein Republikaner für den Demokraten Beto
Auch Terry Williams stand vor der Bühne und hörte Beto O'Rourke aufmerksam zu. Er trug kein "Beto for Senate"-T-Shirt. Sein T-Shirt war selbst gemacht. "Republicans for Beto", stand darauf: Republikaner für Beto. Der 62-Jährige ist extra aus einer anderen Ecke von Texas nach Plano gefahren – und trägt sein republikanisches Bekenntnis zum Demokraten Beto O'Rourke selbstbewusst-trotzig auf der Brust.
"All jene, die sich noch an die Republikanische Partei eines Abraham Lincoln erinnern, eines George Bush, eines Ronald Reagan, eines Dwight D. Eisenhower – es ist nicht mehr die Partei, die sie einmal war. Es ist heute eine Partei des Hasses, der Spaltung, der Trennung, eine Partei der schlechten Ideen – mir fällt einfach nichts Treffendes ein."
Ob es für Beto O'Rourke in Texas, einem Stammland der Republikaner, reichen könnte für einen Sitz im Senat am 6.November?
"Natürlich kann ich mir vorstellen, dass er gewinnt. Was man heute hier gesehen hat, spricht ganz klar dafür. Noch vor einem halben Jahr wären nicht halb so viele Menschen hierhergekommen."
Tatsächlich verspricht das Rennen knapp zu werden. In Umfragen liegt Beto O'Rourke nur wenige Prozentpunkte hinter Senator Ted Cruz. Trotz des schweren Patzers des jungen Herausforderers, der bei dem einzigen Fernsehduell gelogen haben soll, wie die "Washington Post" berichtete: Beto O'Rourke stritt offenbar wahrheitswidrig ab, dass er in den 1990er-Jahren nach einem Autounfall unter Alkoholeinfluss Fahrerflucht begehen wollte. So etwas kann im US-amerikanischen Wahlkampf, der auf die persönlichen Defizite des politischen Gegners abzielt, schnell das Ende einer politischen Karriere bedeuten.
Beto braucht eine unerwartet hohe Wahlbeteiligung
Einmal abgesehen von solch heimtückischen Überraschungen werden zwei Faktoren ausschlaggebend sein, analysiert der Politikwissenschaftler Jose Villalobos von der Texas Universität in El Paso: Ted Cruz müsse alle, wirklich alle republikanischen Stimmen im konservativen Texas mobilisieren.
Beto O'Rourke hingegen könne nicht ernsthaft damit rechnen, in der republikanischen Wählerklientel wildern zu können. Dafür seien seine Positionen viel zu links-liberal. Und er müsse im Land der Nichtwähler für eine unerwartet hohe Wahlbeteiligung sorgen – bei jenen potenziell demokratischen Wählergruppen, die traditionell nicht an die Urnen gehen: bei den Erst- und Jungwählern. Und bei den Latinos.
Es steht viel auf dem Spiel, sagt Jose Villalobos – für die Demokraten, die die Mehrheit am liebsten in beiden Häusern des US-Kongresses zurückerobern würden. Und für die Republikaner, die wissen, dass diese Zwischenwahlen als Referendum über den Präsidenten interpretiert werden.
Ein Sieg von Beto O'Rourke im Kampf um den Sitz im Senat wäre nicht nur ein persönlicher Triumph des Jungpolitikers aus der texanischen Provinz. Ein Sieg von Beto O'Rourke würde im ganzen Land das Selbstbewusstsein der Demokraten stärken. Und all jenen jungen Kräften Auftrieb geben, die wie Alexandria Ocasio-Cortez in New York oder Andrew Gillum in Florida ihrer Partei eine personelle Verjüngungskur und ein dezidiert linkes Parteiprogramm verordnen möchten. Sie haben schon den nächsten Wahlkampf im Blick. Er beginnt gleich nach den Zwischenwahlen im November. Es geht um die Präsidentschaft im Jahre 2020.