Keine Hollywoodmaschinen, sondern echte Menschen
Mel Gibson spricht über das Brot beim Frühstück, Amy Adams brauchte für zwei Dialogzeilen vier Wochen und Wim Wenders fand seinen Venedig-Preis völlig überraschend im Briefkasten: In kleinen Momenten gewähren die Filmstars beim Filmfestival von Venedig Blicke hinter die sonst so perfekte Kulisse.
Hotel Danielli, ein paar Meter vom berühmten Markusplatz entfernt. Im obersten Stockwerk des altehrwürdigen Hotels, dass seinen Verfall hinter jeder Menge Patina zu verstecken weiß, sitzen Mel Gibson und sein Hauptdarsteller Andrew Garfield. Gibsons Oberarme sind stark aufgepumpt, der Vollbart ergraut. Immer wieder zupft er mit den Fingern daran herum und fachsimpelt - über sein Frühstück.
"Did you eat the breakfast? It is crazy man. This bread. I was down here with Vince, around 7 o'clock, after having not slept."
Das Brot habe ihn begeistert – und der Ausblick. Nach dem Interview steht er auf und fotografiert die Porträts alter, venezianischer Dogen, die an der Wand hängen. Vollkommen fasziniert von all der Kunst um ihn herum. Die Momente vor und nach den Interviews sind es, in denen bei den Stars die Anspannung fällt. Kleine Momente, die zeigen, dass sie keine Hollywoodmaschinen, sondern echte Menschen sind. Und die Journalisten auch. Vor dem Interview mit dem Regisseur von "The Light Between the Oceans" müssen wir erst einmal klären: Wie spricht man ihn eigentlich aus?
"Give me a shot. How do you say it?
Anna: I would embarace myself. No come on. Cianfrance."
Der Regisseur lacht.
"Thats good. My Dad says Cianfrance, his dad said cinafrance, his dad said cianfrance. But I go to my dad."
Noch einer mit großen phonetischen Problemen auf dem Lido ist Jake Gyllenhall. Dschillenhall oder Gyllenhall – jeder macht es anders, er hat sich längst dran gewöhnt und nutzt die Pressekonferenz zu Tom Fords Film lieber, um darüber zu sprechen, warum er bei dem Film unbedingt dabei sein wollte.
"Die Farbe der Drehbuchseiten sei es gewesen, ein ganz besonderer Rot-Ton, der ihn letztendlich überzeugt habe. Eine Farbe, die ich vorher noch nie gesehen hatte. Ein ganz besonderer Rot-Ton. Das hat meine ganze Leseerfahrung beeinflusst."
Zwei Wochen für vier Dialogzeilen
Hollywood nimmt sich nicht immer ernst. Und das ist auch gut so. Amy Adams – am Lido mit gleich zwei Filmen vertreten, hat für den ersten - das Science-Fiction-Drama "Arrival" - ein wenig Mandarin lernen müssen. Davon hat sie immer noch Alpträume.
"I had to learn mandarin. Only for sentences. But it killed me. It was literally the hardest thing I've done ever as an actress."
Zwei Wochen habe sie gebraucht. Zwei Wochen für vier Dialogzeilen, die bisher schwierigste Herausforderung in ihrer Schauspielerinnenlaufbahn. Sie nimmt es mit Humor und versucht, sich zu erinnern.
Ob sie jetzt Ente süßsauer bestellt oder die Welt gerettet hat, die Journalisten am Tisch wissen es nicht, sind aber doch nachhaltig beeindruckt. Beim Gehen vergisst sie fast ihre Sonnenbrille und ist dankbar über so viel journalistische Ehrlichkeit.
"You forgot your glasses.
"Oh thank you.
I lost more sunglasses."
"Oh thank you.
I lost more sunglasses."
Wim Wenders: Preis im Briefkasten
Nur einer, der ist ganz ruhig geblieben. Als es darum ging vor 44 Jahren das erste Mal zu den Filmfestspielen zu fahren. Wim Wenders.
"Es hat mich niemand abgeholt, ich hab mir selbst auf der Karte rausgekriegt, wo das Festival war, und dann sind wir wieder nach Hause gefahren am nächsten Tag, es wollte auch niemand was von mir, ich hab auch kein einziges Interview gemacht. Und dann hab ich irgendwie Monate später in der Post so einen Kasten bekommen, und dann war das der Preis der Filmkritik, es hat mir auch niemand gesagt, dass ich den bekommen habe."
In Venedig sind Stars eben auch nur Menschen.