Der Dichter als Informant
Sascha Anderson war Schriftsteller, spielte in mehreren Rockgruppen und war bekannt mit Christa Wolf und Heiner Müller. Und er war Spitzel der Stasi – wie sich 1991 herausstellte. Über 20 Jahre später trifft die Filmemacherin Annekatrin Hendel die einstigen Freunde und Kollegen. Und sie trifft Sascha Anderson.
Annekatrin Hendel fährt mit Sascha Anderson in die Studios von Babelsberg. Dort hat sie in einer kleinen Parzelle eine Küche nachgebaut. An den Wänden Bücherregale, Bilder, Plakate von Lesungen, alles ist voll gestellt mit Tassen, Tellern, Teekesseln.
Das Original dieser Küche liegt im Berliner Bezirk Prenzlauer Berg. Dort hat Sascha Anderson in den späten 70er- und 80er-Jahren viel Zeit verbracht. Die Küche von Ekkehard und Wilfriede Maaß war Treffpunkt für Künstler und Schriftsteller der Ost-Berliner Underground-Szene. Auch Ekkehard Maaß trifft die Regisseurin, in seiner Küche.
Die Verletzungen sitzen auch 20 Jahre später noch tief. Seit 1975 arbeitete der Schriftsteller und Liebling der Kunstszene des Prenzlauer Bergs für die Stasi. Selbst als er 1986 nach West-Berlin übersiedelte, schrieb er noch weiter Berichte. Nichts ahnend unterstützte ihn sein damaliger Freund Roland Jahn dabei, im Westen Fuß zu fassen.
Loyalität und Verrat
Annekatrin Hendel versucht zu ergründen, wie Sascha Anderson tickt, was seine Motivation war. Mal gesteht der inzwischen 60-Jährige ein, er hätte sehen müssen, dass seine Stasi-Berichte Konsequenzen hatten für die Bespitzelten, mal versucht er sich zu rechtfertigen, dass die Freunde, die er bespitzelt hat, keine Opfer seien – schließlich wusste jeder in dem Underground-Kreis, welches Risiko er oder sie einging. Mal führt er seinen Loyalitätsbegriff aus, den er gegenüber der Stasi gepflegt hat.
Der Film urteilt nicht, er zeichnet ein vielschichtiges Bild von einer komplexen Person und ihren Verknüpfungen zur Kunstszene Ost-Berlins in den 80er-Jahren, und erzählt dabei von den großen Themen Liebe, Loyalität und Verrat.