Die Männer-Tanzgruppe von Köln
Seit dem 11. November herrscht in Köln und anderen Karnevalshochburgen des Landes die fünfte Jahreszeit, besser bekannt als Karneval. Für die vielen Darsteller auf den Bühnen bedeutet das harte Arbeit. Ein Besuch bei der Stattgarde Colonia Ahoj aus Köln.
Seit dem 11. November herrscht in Köln und anderen Karnevalshochburgen des Landes die fünfte Jahreszeit, besser bekannt als Karneval. Für die meisten Jecken heißt das vor allem: ausgelassen Feiern und Trinken. Doch für viele von denen, die auf den Bühnen für Unterhaltung sorgen, bedeutet Karneval echte Arbeit. Kerstin Ruskowski war mit dem Tanzkorps des Kölner Vereins Stattgarde Colonia Ahoj e.V. unterwegs.
Ein typischer Sonntag während der Karnevalszeit, 17 Uhr. Der Kölner Karnevalsverein Stattgarde Colonia Ahoj ist mit Musikkapelle, Shanty-Chor und Tanzkorps unterwegs zu Auftritt Nummer drei von insgesamt fünf an diesem Tag. Von den insgesamt fast 200 aktiven Mitgliedern sind heute um die 100 dabei.
Der Zeitplan ist eng getaktet - und doch bleiben immer ein paar Minuten vor dem Auftritt, um sich in einer Ecke des Foyers noch ein bisschen warm zu machen oder nochmal eine Hebefigur zu üben.
Das übliche Ritual, weil bei Karnevalssitzungen das exakte Programm fast nie eingehalten wird. Oft verschieben sich die Auftritte um etwa eine Viertelstunde nach hinten.
Dann geht es los: Die Tür fliegt auf und 25 Tänzer bahnen sich ihren Weg durch den Saal zur Bühne. Sie tragen eine Matrosenuniform mit engen, ärmellosen T-Shirts und einer entsprechenden Mütze auf dem Kopf.
Sie haben mehr als 'ne Marie zu stemmen
Ungefähr sechs Minuten dauert der Tanz: ein Medley aus aktuellen Karnevals- und Chart-Hits, die alle im Tonstudio noch ein bisschen schneller gemacht worden sind. Es wird viel marschiert, die Beine fliegen - wie man das von karnevalistischen Gardetänzen so kennt. Mit dem deutlichen Unterschied, dass bei der Stattgarde eben keine Frauen in kurzen Röcken mit Spitzenhöschen die Beine werfen, sondern ausschließlich Männer. Das hält die Tänzer aber nicht davon ab, auf der Bühne auch artistische Hebefiguren zu zeigen.
Kevin: "Dadurch, dass wir ein reines Herren-Tanzkorps sind, haben wir natürlich auch ganz andere Gewichte zu stemmen - nicht wie in 'nem traditionellen Tanzkorps 'ne Marie, die 50 Kilo wiegt. Also, ich brauch schon nen gewissen Muskelanteil, um das überhaupt stemmen zu können."
Kevin Bretschneider kommt ursprünglich aus Leipzig. Seit acht Jahren wohnt er in Köln. Viermal pro Woche geht er ins Fitnessstudio - zusätzlich zu den zwei Trainingseinheiten mit der Tanzgruppe. Für viele, die nicht so schwer heben müssen wie Kevin, ist das Tanztraining Sport genug. Vor allem während der Session, wenn an sechs Tagen pro Woche Auftritte anstehen.
Magnus: "Von Dienstag bis Sonntag haben wir halt jeden Tag 'nen Auftritt, ne."
Die Belohnung: Frauen, die total ausrasten
Für Magnus Petrat ist es die erste Session. Er hat vorher nicht getanzt - und sich vor allem die Auftritte ein bisschen weniger anstrengend vorgestellt. Trotzdem:
"Es macht super, super Spaß und jedes Mal, wenn man hier auf der Bühne steht und wenn die Leute auch wirklich total ausrasten, dann ist das schon eigentlich Belohnung genug."
Hilmer Tasto ist der Tanzkommandant der Stattgarde – und damit quasi der Chef der Kompanie. Er fühlt sich vor allem für die Motivation zuständig, steht aber auch selber mit auf der Bühne. Seiner Erfahrung nach sind vor allem die Frauen immer wieder begeistert, wenn die selbst ernannten "Schärfsten Schenkel Kölns" in ihren engen Matrosenoutfits die Beine bis zum Anschlag hochreißen.
Hilmer: "Wenn die dann so mitbekommen: Seid ihr alle schwul? Dann glauben sie's im ersten Moment noch nicht, wenn wir das bejahen, aber im nächsten Moment dann: Toll!"
Der Begeisterung beim Publikum tut das nämlich keinen Abbruch:
"Sieht auch sexy aus, wie sie das alle so machen. Ist nett."
Kein Wunder also, dass die Tänzer der Stattgarde oft erst nach zwei Zugaben mit Standing Ovations von der Bühne gelassen werden - und die letzten zwei Jahre den Publikumspreis als bestes Tanzkorps im Kölner Karneval bekommen haben. Obwohl, oder vielleicht auch gerade weil sie ein bisschen anders sind als die klassischen Tanzgarden der Traditionsvereine.
Kerstin Ruskowski war mit dem Tanzkorps des Kölner Vereins Stattgarde Colonia Ahoj e.V. unterwegs.