Stefan Raab mit Gegen-ESC

Das doppelte Ersatzlottchen

05:46 Minuten
Moderator Stefan Raab bei der Pressekonferenz von "Unser Star für Baku"
Tritt er am Ende gar selbst als singender Joker in seiner Gegen-Show auf? Stefan Raab veranstaltet auf Pro7 eine Art Gegen-ESC. © picture alliance / Sven Simon
Von Martin Böttcher |
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Vorerst sind alle Großveranstaltungen abgesagt. Das trifft auch den Eurovision Song Contest. Doch wie der sprichwörtliche Phönix in Conchita Wursts Siegertitel kommt der Wettbewerb zurück – sogar doppelt. Zur Freude unseres Kollegen Martin Böttcher.
Wir schreiben den 16. Mai 2020 – und es hätte so schön sein können! ESC! Eurovision Song Contest! Ein rauschend-kitschiges Fest in Rotterdam, ein musikalischer Länderstreit, bei dem Deutschland wie so oft in der Vergangenheit ordentlich mitmischt beim Kampf um die letzten Plätze.

Aber jetzt ist ja alles anders. Kein ESC. Dafür der doppelte ESC-Ersatz! "Eurovision Song Contest – das deutsche Finale", so nennt die ARD ihre Show. Und Pro7 hält dagegen mit dem "Free Eurovision Song Contest". Die Pro7-Show hat sich Stefan Raab ausgedacht.

Stefan Raab, der ESC-Siegermacher, der, der Lena Mayer-Landruth vor zehn Jahren auf Platz 1 geführt hat. Der vor 20 Jahren selbst auf Platz fünf gelandet ist. Der Max Mutzke und Guildo Horn zu respektablen Platzierungen verholfen hat.
Blick in die leere Halle in Rotterdam, in der der ESC 2020 hätte stattfinden sollen.
So hätte es aussehen können: Die Veranstaltungshalle in Rotterdam sollte ESC-Gastgeber sein.© picture alliance / dpa / Robert B. Fishman

Konkurrenz belebt das Geschäft

Wenn Stefan Raab etwas in die Hand nimmt, dann wird das normalerweise etwas. Bei seiner "Free ESC"-Show sollen Conchita Wurst und Steven Gätjen den Abend moderieren. Und auch sonst werden einige Prominente auftauchen: Lukas Podolski, Angelo Kelly, Melanie C von den Spice Girls. Sie alle aber singen nicht, sondern verkünden Punkte – genau wie beim ESC.
Auftreten werden 15 Musikerinnen, Musiker, Acts – sie vertreten ihre jeweiligen Nationen, sind entweder dort geboren, besitzen die Staatsbürgerschaft oder die Eltern kommen von dort. Für die Türkei zum Beispiel treten der Deutschrapper Eko Fresh und der Sänger Umut Timur an.

Fans spekulieren: tritt Raab auf?

Auch sonst gibt es ein paar bekannte Gesichter: die Schlagersängerin Vanessa Mai singt für Kroatien, Sarah Lombardi für Italien, Kelvin Jones tritt für Großbritannien an. Und der Teenieschwarm Mike Singer für Kasachstan.
Außerdem bei "Free ESC" dabei: Israel, Dänemark, Schweiz, Österreich, Niederlande, Spanien, Polen, Bulgarien, Irland. Und Deutschland! Wer singt da? Vielleicht sogar Stefan Raab selbst? Das wäre eine kleine Sensation, schließlich hat der Entertainer 2015 dem TV-Business den Rücken zugekehrt.
Aber Raab heizt die Spekulationen gerade mit einem Statement an: "Für Deutschland tritt eine echte Legende an, die alle bisherigen deutschen Teilnehmer an europäischen Musikwettbewerben künstlerisch und charakterlich überstrahlt. Dazu sieht er auch noch unglaublich gut aus."

And here are the results...

Auch ein paar bekannte Namen beim ESC-Ersatzprogramm in der ARD! Moderieren wird Barbara Schöneberger, kommentieren das ESC-Urgestein Peter Urban gemeinsam mit dem Sänger Michael Schulte. Gesendet wird live aus der Elbphilharmonie in Hamburg. "Eurovision Song Contest – das deutsche Finale" heißt das Ganze etwas verwirrend. Die Show darf der ursprünglich geplanten ESC-Show nicht zu sehr ähneln, weil sonst die Versicherungsentschädigung für den Ausfall gefährdet wäre.
Ben Dolic und Barbara Schöneberger
Ein Bild aus der Zeit vor dem Lockdown: Ben Dolic vertritt Deutschland beim Eurovision Song Contest 2020. Moderiert wird die Show von Barbara Schöneberger.© imago images / Chris Emil Janßen
Wer singt? Zum Beispiel The Roop aus Litauen. Drei Männer, die beim ESC in Rotterdam vielleicht ganz vorne gelandet wären – bei den Buchmachern galten The Roop als Favoriten.
Auch ziemlich weit vorne, auch in Hamburg live dabei, die isländische Band mit dem schwierig auszusprechenden Namen Daði og Gagnamagnið. Der Titel: "Think About Things". Toller Popsong.
Der deutsche ESC-Vertreter Ben Dolic wird mit seinem Song "Violent Things" auftreten, aber für ihn kann nicht abgestimmt werden – er steht außerhalb der Konkurrenz. Immerhin: Sein Auftritt orientiert sich, soweit es die Auflagen zur Corona-Prävention zulassen, an der Inszenierung, mit der er in den Niederlanden für Deutschland im Finale gestartet wäre.
Bleibt die Frage: ARD oder Pro7? Da gibt´s nur eines: Hin-und Herschalten!
(ros)

Der Journalist und ESC-Experte Jan Feddersen hat sich beide Shows angesehen und im Rahmen unserer Sendung "Fazit" bewertet. Sowohl die ARD-Sendung als auch die ProSieben-Show hätten ihre Stärken gehabt, doch "am Ende will man einen Abend im Mai erleben, an dem irgendwie Europa zu einem europäischen Lagerfeuer findet plus Israel plus Kaukasus plus Australien. Und das ist heute auch der ARD gelungen."

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