Stefanie Sargnagel über Lisa Eckhart

"Man hätte mit den Protesten umgehen müssen"

06:34 Minuten
Lisa Eckhart, mit kurzen blonden Haaren in einem schwarz-gelbem Gewand sitzt auf einer Bühne und spricht in ein Mikrofon.
Umstrittene Kunstfigur: Die Kabarettistin Lisa Eckhart bei einem Auftritt in Berlin. © Getty Images / Frank Hoensch
Moderation: Gesa Ufer |
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Erst ausgeladen, dann wieder eingeladen, jetzt hat die umstrittene Kabarettistin Lisa Eckhart ihren Auftritt in Hamburg abgesagt. Die österreichische Autorin Stefanie Sargnagel meint, in dieser Debatte geben die falschen Leute den Ton an.
An der Kabarettistin Lisa Eckhart scheiden sich die Geister. Die einen werfen ihr vor, sie befeuere in ihren Programmen rassistische und antisemitische Klischees. Andere sehen in Eckharts Bühnenpersona eine Kunstfigur, die extrem raffiniert auf genau die schwarzen Flecken ziele, die es bei vielen von uns immer noch gibt.

Versagen der Veranstalter

Weil angeblich gewaltsame Proteste gegen ihren Auftritt angedroht worden waren, wurde Eckhart vom Hamburger Literaturfestival "Harbour Front" wieder ausgeladen. Dann sollte sie doch auftreten können. Nun haben Eckhart und ihr Verlag die Teilnahme an der Veranstaltung endgültig abgesagt. Dafür habe sie Verständnis, sagt die österreichische Schriftstellerin Stefanie Sargnagel. Sie sieht den Fehler beim Veranstalter:
"Ich finde, man muss mit Protesten auch umgehen. Man hätte das stattfinden lassen können, aber man hätte auch mit den Protesten umgehen müssen und darüber Diskussionen führen sollen."
Kritik an Eckharts Umgang mit rassistischen Klischees in ihren Programmen verstehe sie durchaus, so Sargnagel. Eine "besondere Doppelbödigkeit", die Eckhart oft nachgesagt werde, erkenne sie in ihren Auftritten bei aller kunstvollen Stilisierung und sprachlichen Raffinesse eigentlich nicht.

Applaus aus der falschen Ecke

"Ich habe nicht das Gefühl, dass da wirklich viel Rassismus entlarvt wird", sagt Sargnagel, denn inhaltlich würden Eckharts Aussagen rassistische Stereotype oft einfach reproduzieren und wenig aufklärerisch wirken: "Ich habe das Gefühl, der Applaus kommt schon eher von Leuten, die sich sehr bestätigt fühlen, also eher von der falschen Ecke des Kabaretstadls."
Stefanie Sargnagel mit Brille und roter Mütze im Treppenaufgang.
Stefanie Sargnagel © picture alliance / APA / picturedesk.com / Karl Schöndorfer
Gleichzeitig habe sie den Eindruck, dass im öffentlichen Streit um Lisa Eckhart die falschen Leute den Ton angeben, so Sargnagel. Die Debatte um Eckhart sei zum Teil "verzerrt dargestellt" worden, "es springen die üblichen konservativen Stimmen drauf und wollen von Zensur sprechen."

Konservative in der Opferrolle

Dabei fehle nach ihrem Eindruck jedes Augenmaß. Wenn Künstlerinnen wie ihr selbst oder der Kabarettistin Idil Baydar Gewalt angedroht werde, dann werde das schnell mit dem Vorwurf abgetan: "Immer die Linken mit ihrer Opferrolle."
Wenn dagegen eine Künstlerin, der Kritiker vorwerfen, sie verbreite Rassismus und Antisemitismus, mit Protesten konfrontiert sei, dann gerierten sich dieselben Leute – vorzugsweise etablierte Männer in Machtpositionen – als Opfer einer "linken Emanzendiktatur".
"Ich befürchte, dass sich da viele eher konservative Männer als die Lisa-Eckhart-Fans aufspielen und sich bestätigt fühlen darin, dass 'man ja nichts mehr sagen darf'", so Sargnagel.
(fka)
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