Steigende Corona-Zahlen

Wie kommen wir durch die vierte Welle?

84:49 Minuten
Illustration von  Beschäftigten im Gesundheitswesen, die darum kämpfen ein überdimensionales Coronavirus bergauf zu schieben.
Die Krise ist schwer zu stemmen: Vier von fünf Corona-Patienten sind derzeit ungeimpft. © imago / Ikon Images / Jon Berkeley
Moderation: Gisela Steinhauer |
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Die Corona-Zahlen steigen rasant. Im gleichen Tempo nimmt auch die Diskussion Fahrt auf, wie wir auf die vierte Welle reagieren sollen. "3G" oder "2G"? Booster-Impfungen für alle? Eine Impfpflicht für Pflegeberufe?
Die Corona-Zahlen kennen seit Tagen nur eine Richtung: steil nach oben. Krankenhäuser warnen vor Überlastung, Intensivbetten werden knapp. Einige Bundesländer verschärfen die Corona-Regeln auf "2G", Bayern ruft erneut den Katastrophenfall aus.
Für Ungeimpfte wird es merklich ungemütlicher. Aber auch für Geimpfte und Genesene stellen sich viele Fragen: Wie kommen die Impfdurchbrüche zustande? Kann ich trotz Impfung das Virus weitergeben? Wann ist eine Auffrischungsimpfung sinnvoll? Wie schütze ich meine Kinder?

Ungeimpfte haben null Schutz

"Ungeimpft zu sein, ist wie ein Elfmeter ohne Torwart", sagt Prof. Dr. Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. "Das Virus ist der Ball, und unsere Nasen-Rachen-Zellen sind das Tor. Dieser Elfmeter wird sicher versenkt. Sie haben null Schutz."
Die Impfquote von knapp 68 Prozent sei deutlich zu niedrig, so die Professorin für Transplantationsimmunologie an der Medizinischen Hochschule Hannover. "Für eine deutliche Abflachung der Infektionen und damit auch Krankenhauseinweisungen hätte man mindestens eine Quote von 75 Prozent erreichen müssen."
Ihr Rat: "Das eine ist, die Motivation hochzuhalten für die Erstimpfungen. Wir müssen über die 75 Prozent kommen, so schnell es geht. Wir müssen den Ungeimpften klarmachen: Wenn ihr nicht geimpft seid, wird euch das Virus einholen. Es ist ein sehr guter und effektiver Impfstoff, der verlässlich vor schweren Verläufen schützt. Dann brauchen wir auf jeden Fall einen Stufenplan Richtung '2G'. Und drittens brauchen wir die Auffrischungsimpfung." Dieser Booster stärke die Immunabwehr und helfe, bei einer Infektion die Viruslast gering zu halten. Damit werde auch die Ausbreitung des Erregers eingedämmt.

Mehr Flexibilität beim Boostern

"Die Politik hat den Schuss immer noch nicht gehört", sagt Prof. Dr. Uwe Janssens, Chefarzt und Intensivmediziner im St.-Antonius-Hospital in Eschweiler. "Die gleichen Mechanismen wie im letzten Jahr sind wieder am Laufen: Die Krankenhäuser und Altenheime sind an ihren Grenzen; die Leidtragenden sind die Intensivpatienten", so der ehemalige Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv-und Notfallmediziner.
Laut Janssens sind vier von fünf Corona-Patienten in den Krankenhäusern ungeimpft. Das werde "völlig negiert". Sorgen bereitet ihm der Wegfall von Intensivplätzen, auch wegen des Personalmangels. "Unsere Mitarbeiter sind nach 19 Monaten müde und psychisch mittlerweile schwer erschöpft. Wir haben große Sorge, dass uns noch mehr verloren gehen. Immerhin haben wir schon 3000 Intensivbetten mit Beatmungskapazitäten schließen müssen."
Dies sei besonders bedenklich, da immer mehr jüngere Ungeimpfte zum Teil wochenlang intensiv betreut werden müssten. Zudem steige die Zahl der Covid-Patienten mit Impfdurchbrüchen: "Aktuell haben nahezu 44 Prozent der über 60-jährigen Patienten mit Covid-19 auf Intensivstationen einen Impfdurchbruch. Das hat deutlich und sprunghaft zugenommen." Es brauche dringend "eine größere Flexibilität beim Boostern", so der Intensivmediziner.

Steigende Corona-Zahlen: Wie kommen wir durch die vierte Welle?
Darüber diskutiert Gisela Steinhauer heute von 9 Uhr 05 bis 11 Uhr mit der Immunologin Christine Falk und dem Intensivmediziner Uwe Janssens. Hörerinnen und Hörer können sich beteiligen unter der Telefonnummer 0800 2254 2254 sowie per E-Mail unter gespraech@deutschlandfunkkultur.de.
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(sus)
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