Steigende Mieten
Wohnen ist vielerorts zum Luxus geworden - selbst in Wohnlagen, die sich auch Geringverdiener früher ohne übermäßige Anstrengungen leisten konnten. © imago / fStop Images / Patrick Strattner
Bauen statt deckeln
05:42 Minuten
Wie kann die Politik bezahlbare Mieten sichern, wenn Wohnen jetzt noch teurer wird? Berlins Bürgermeisterin Giffey will eine Obergrenze etablieren, gekoppelt ans Einkommen der Mieter. Für die Journalistin Ursula Weidenfeld ist das der falsche Weg.
Der Wohnungskonzern Vonovia hat angekündigt seine Mieten deutlich zu erhöhen. Das sei "gerade in großstädtischen Lagen ein riesengroßes Problem", sagt die Wirtschaftsjournalistin und Autorin Ursula Weidenfeld. Dass der Konzern sich dabei an der Inflationsrate orientieren wolle, die Ende des Jahres bei fünf bis sechs Prozent liegen könnte, sei besorgniserregend. Trotz rechtlicher Begrenzungen für die Erhöhung von Mieten könnten dann viele Mieterinnen und Mieter mit geringen Einkommen ernsthafte Schwierigkeiten bekommen, ihre Wohnung noch zu finanzieren, so Weidenfeld.
Eine Miete vom Einkommen begrenzt
Die Politik diskutiert unterschiedliche Konzepte, um bezahlbare Mieten zu sichern. Eines davon kommt von Berlins Regierender Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD): Sie schlägt vor, eine Obergrenze am Einkommen der Mieterinnen und Mieter auszurichten. Mehr als 30 Prozent des jeweiligen Haushaltseinkommens darf die Miete nach ihrem Modell nicht betragen. Eine öffentlich beauftragte Prüfstelle könnte Betroffenen dabei helfen, in Zweifelsfällen eine Absenkung zu erwirken.
Für Weidenfeld geht dieser Vorschlag in die falsche Richtung. Sie geht davon aus, dass eine solche Regelung die Lage am Wohnungsmarkt noch verschärft: "Das wird dazu führen, dass am Ende nur noch die Managerin, die viel verdient und die ein vergleichsweise geringes Risiko hat, dass sie arbeitslos wird oder einen Gehaltsverlust erleidet, die Wohnung bekommen wird."
Bauen zu günstigen Konditionen
Geringverdiener dagegen würden auf diese Weise noch mehr benachteiligt. Wer über wenig Einkommen verfüge oder ein hohes Risiko habe, den Job zu verlieren, werde es dann künftig noch schwerer haben, eine bezahlbare Wohnung zu finden.
Gerade in Berlin, wo ein Mietendeckel im vergangenen Jahr vom Bundesverfassungsgericht gekippt wurde, sei die Politik besser beraten, neu zu bauen, betont Weidenfeld. Das Bundesland habe deutschlandweit die größten Grundstücksreserven und sollte diese Chance endlich nutzen, "anstatt sich mit fragwürdigen Instrumenten in die Öffentlichkeit zu begeben".
Was Berlin von Wien lernen kann
Als ein nachahmenswertes Modell für deutsche Großstädte wie Berlin beim Wohnungsbau gilt Wien. 43 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes der österreichischen Hauptstadt sei geförderter Wohnungsbau, und zwar zur Hälfte im Besitz der Kommune, zur anderen Hälfte anteilig gefördert, erläutert Christoph Reinprecht, Stadtsoziologe an der Universität Wien.
Auf dem freien Wohnungsmarkt dagegen sei die Lage ähnlich angespannt wir etwa in Berlin. Die Mieten in Wien hätten sich in den letzten zehn bis 20 Jahren "nahezu verdoppelt". Und wer auf dem freien Markt neu miete, müsse meistens befristete Verträge akzeptieren.
Strenge Auflagen bei Neubauten
Jedoch gebe es zum einen einen strengen Kündigungsschutz zugunsten der Mieter, von dem vor allem Altmieter profitierten. Zum anderen mache die Stadt Wien von einer seit 2019 geltenden Regelung Gebrauch: "Wien hat das Modell der Widmungskategorie des geförderten Wohnungsbaus. Das heißt: Bei einer gewissen Größe des Grundstückes, ab 5000 Quadratmeter, müssen, wenn dieses neu bebaut wird, zwei Drittel der dort gebauten Wohnungen geförderte Wohnungen sein."
Dies sei der Versuch, auf einem für Investoren interessanten Markt gezielt zu intervenieren. Das Modell, findet Reinprecht, tauge durchaus auch für Deutschland.
(fka/mkn)