Stephan Märki wird Intendant in Cottbus

"Er legt sich mit Filz und Politik an"

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Der Schweizer Stephan Märki, Intendant des Deutschen Nationaltheaters Weimar, aufgenommen am Donnerstag (29.01.2009) in Erfurt.
Stephan Märki "ist ein wunderbarer Überzeugungstäter, freundlich, charismatisch und sehr unkonventionell", sagt Sylvia Belka-Lorenz. © picture-alliance/ ZB / Martin Schutt
Sylvia Belka-Lorenz im Gespräch mit Vladimir Balzer |
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Der Schweizer Stephan Märki wird neuer Intendant und Operndirektor am Staatstheater Cottbus - voraussichtlich zur Spielzeit 2020/21. Die Kulturjournalistin Sylvia Belka-Lorenz prophezeit: "Es dürfte keinesfalls langweilig werden."
Stephan Märki wird neuer Intendant und Operndirektor am Staatstheater Cottbus. Er tritt die Nachfolge von René Serge Mund an. Der Schweizer wird sein Amt voraussichtlich zur Spielzeit 2020/21 antreten. Das Theater in Cottbus ist angeschlagen. Viel Porzellan ist zerschlagen worden. Märki soll es nun richten und Cottbus wieder auf die Theaterlandkarte Deutschlands setzen.

"Ein wunderbarer Überzeugungstäter"

Die Kulturjournalistin Sylvia Belka-Lorenz sagt im Deutschlandfunk Kultur, Stephan Märki sei ein wunderbarer Überzeugungstäter, ursprünglich ein Mann des Schauspiels, 64 Jahre alt, freundlich, charismatisch und sehr unkonventionell. Sie habe ihn selbst so erlebt, als er in den 90er-Jahren Intendant des Potsdamer Hans-Otto-Theaters war:
"Dort sollte er dann am Ende das Musiktheater abwickeln. Er weigerte sich und ging. Ähnlich lief es später in Thüringen, dort wollte das Land das Weimarer Nationaltheater, dessen Generalintendant Märki war, mit dem Erfurter Theater fusionieren: Er hat sich dagegen gestemmt und ist von der Kunst dafür gefeiert worden. Zuletzt war er in Bern. Da hat er aus seinem Stadttheater und einem Orchester ein Vierspartenhaus gemacht." Allerdings sei es nach Querelen persönlicher Art im Sommer zum großen Bruch gekommen, berichtet Belka-Lorenz. "Er ist streitbar, legt sich an mit Netzwerken, mit Filz, mit der Politik. Also, es dürfte keinesfalls langweilig werden."

"Hier ist sehr viel Porzellan zerschmettert worden"

Das Theater in Cottbus ist angeschlagen: "Denn hier ist sehr viel Porzellan zerschmettert worden durch die alte Theaterleitung: Mobbing, Beleidigungen, cholerische Ausfälle des Chefdirigenten. Darunter hat vor allem das Musiktheater enorm gelitten - die Mitarbeiter, aber auch der Ruf dieses Hauses. Der Generalmusikdirektor musste schließlich gehen, aber was dabei zutage trat, war am Ende ein Machtkampf in der Führungsriege, der zumindest bis dato ohne Beispiel war. Der Vorsitzende der brandenburgischen Kulturstiftung, Martin Roeder, flog fristlos, Intendant Martin Schüler zog sich rechtzeitig selber zurück."
Da werde Märki nun zu tun haben, hier gelte es auf Kosten einer oberflächlichen Harmonie aufzuräumen, sich mit Leuten anzulegen, notfalls auch sehr laut zu werden, erklärt Belka-Lorenz. "Und das kann er ja."
Vor allem die Musiker seien nun froh über die Grundsatzentscheidung, dass der neue Chef auch Operndirektor ist - was aber befremdlich sei, weil genau diese doppelte Abhängigkeit der Musiker und Sänger das Haus in die Krise geführt habe. Aber genau so wird es wieder sein. Märki wird in Personalunion Intendant und Operndirektor.

Darf mit Cottbus wieder gerechnet werden?

Von 1993 bis 2003 war Christoph Schroth Intendant des Staatstheaters. Über ihn berichtet Belka-Lorenz: "Dessen Prämisse war, als er antrat: Wo ich bin, ist keine Provinz. So ist er rangegangen, so hat er hier Theater gemacht. Cottbus war ein Ort auf der Theaterlandkarte Deutschlands. Ich glaube, die richtigen Leute mit der richtigen Idee dazu: Das könnte schon sehr schön sein."
Die Landesregierung will Cottbus zumindest auf die Kulturlandkarte Deutschlands setzen: Das Kulturministerium soll nämlich seinen Standort nach Cottbus verlegen, um - wie es heißt - die Lausitz zu stärken. Dafür hagelt es bereits Kritik und Unverständnis von allen Seiten, weil Potsdam natürlich der mit Abstand größte Kultur- und Wissenschaftsstandort Brandenburgs sei.
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