Feel-Good-Spionage-Thriller im Kalten Krieg
Stephen Spielberg nimmt sich wieder einen historischen Stoff vor: In "Bridge of Spies" erzählt er die wahre Geschichte eines Agentenaustausches zwischen den USA und der Sowjetunion zu den Hochzeiten des Kalten Krieges.
"Gut, kommen wir zur Sache. Wir wollen, dass Sie den sowjetischen Spion, der gefasst wurde, verteidigen."
"Bridge of Spies" ist der Titel, "Der Unterhändler" der Untertitel und damit ist schnell klar, dass der Film ein Film über James Donovan ist, gespielt von Tom Hanks, Anwalt für Versicherungsrecht und Verhandlungsführer zwischen drei Ländern in der heißen Phase des kalten Krieges: den USA, der Sowjetunion und der DDR.
"Das ist kein gleichberechtigter Austausch. Aber damit sagen sie ja, wenn Powers alles, was er weiß, verraten hat, dann würde Moskau austauschen. Warum sollten sie auch nicht?"
Es ist ein Feilschen um Informationen, ein Feilschen um Menschenleben, der Austausch des russischen Geheimagenten Rudolf Abel und des amerikanischen U2-Piloten Francis Gary Powers. Neben Donovan am Verhandlungstisch sitzt der DDR-Rechtsanwalt Wolfgang Vogel, gespielt von Sebastian Koch. Auch wenn Spielberg zusammen mit seinem Kameramann Janusz Kaminski weich gezeichnete Bilder des kalten Ostberlins findet, hat er sich bei den Figuren an der historischen Vorlage orientiert
"Vogel hing in vielen Fällen mit drin, er war sehr aktiv und umtriebig, war ein Teil der DDR. Er hatte eine gute Beziehung zum Generalstaatsanwalt. Unsere Darstellung von Vogel im Film ist sehr genau gezeichnet. Er hat für die DDR versucht, einen Platz am Tisch zu ergattern. Es machte immer den Eindruck, die DDR sei nur eine Spielball der Sowjetunion. Die DDR wollte unabhängiger werden und sah darin ihre Chance, der Welt zu zeigen, dass sie das kann: Indem er an den Verhandlungen teilnahm."
Die Coen-Brüder haben am Drehbuch mitgearbeitet
Spielberg inszeniert "Bridge of Spies" als einen Feel-Good-Spionage-Film im Kalten Krieg. Der schwarzhumorige Ton der Coen-Brüder, die am Drehbuch mitgearbeitet haben, schimmert an vielen Stellen durch. Daher waren auch gar nicht die historischen Fakten die größte Hürde
"Die größte Herausforderung war die Besetzung des Films. Ich musste für jede noch so kleine Rolle den perfekten Schauspieler finden. Meine Drehbuchautoren Matt Charman, Ethan und Joel Coen haben so viele tiefgründige Figuren erschaffen, dass selbst jemanden mit nur zwei Sätzen eine unglaublich große Verantwortung hatte. Wer wird James Donovan spielen? Meine erste Wahl war Tom Hanks. Wer wird Abel spielen? Ich hatte gerade 'Was ihr wollt' mit Mark Rylance am Broadway gesehen und wollte gar nicht weiter suchen müssen. Ich wollte ihn. Ich hatte Glück, denn ich habe alle die bekommen, die ich wollte."
Glück sei es gewesen, sagt Steven Spielberg. Die Schauspieler allerdings meinen, man sei ja schön blöd abzulehnen, wenn Steven Spielberg anrufe. Spielberg selbst empfiehlt sich mit "Bridge of Spies" wieder einmal als großer Geschichtenerzähler unserer Zeit. Denn, das empfindet er selbst, er ist ja viel mehr als "Jurassic Park", "Der Weiße Hai" oder "Indiana Jones".
"Irgendwann lassen Dich die Leute einfach machen"
"Viele denken jetzt, dass ein Film wie 'Bridge of Spies' für mich ein Aufbruch sei. Aber wenn man ihn mit 'Lincoln', 'Amistad', 'Der Soldat James Ryan' oder 'Schindlers Liste' vergleicht, habe ich schon immer die Geschichten erzählt, die mir aus historischer Sicht etwas bedeutet haben. Das Gute am Erfolg in der Filmindustrie ist, das sie dich irgendwann einfach machen lassen. Und ich erzähle einfach gerne Geschichten, für die sich die Leute unter anderen Umständen vielleicht gar nicht interessiert hätten. Ich habe in den letzten zwanzig Jahren eine Menge Risiko auf mich genommen um genau solche Geschichten zu erzählen. Ein paar haben sich gelohnt, andere nicht."
Welche das sind, darüber schweigt er. Legt aber auch Wert darauf, dass er, seine eigene Filmographie betreffend, lieber nach vorne und selten nach hinten blickt.
"Es gibt immer noch so viel zu tun. Wenn ich jetzt zurückblicken würde, wäre ich ein unerträglicher Egomane. Immer wenn ich zurückgeblickt habe, wurde ich enttäuscht. Ich wollte zurück in den Schnittraum, aber es war 20 Jahre zu spät und ich konnte eh nichts mehr ändern. Ich tendiere daher dazu mich auf die Gegenwart zu konzentrieren."
Die Gegenwart heißt für Spielberg "Bridge of Spies". Die Zukunft hält wieder Fantasy für ihn bereit: Aktuell arbeitet er an einer Verfilmung von Roald Dahls Kinderbuch "Sophiechen und der Riese". Steven Spielberg versucht sich eben an den großen und den kleinen Geschichten.