Sterbehilfe, aber wie?
Kann ein säkularer Rechtsstaat seinen Bürgern verbieten, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt in den Tod zu gehen? Todkranken die nötigen Medikamente für ein sanftes Einschlafen vorenthalten? Die Antwort, meint die Journalistin Katja Wilke, muss lauten: Nein.
Darf es in Deutschland Geschäftsleute oder Vereine geben, die anderen Menschen dabei helfen, Selbstmord zu begehen? Diese Frage sorgt derzeit wieder für hitzige Diskussionen in Politik und Gesellschaft.
Die Beihilfe zum Suizid ist hierzulande nicht verboten. Ein Entwurf des FDP-geführten Bundesjustizministeriums will zumindest die gewerbliche Sterbehilfe unter Strafe stellen und wurde zum Auslöser eines Streites in der Regierungskoalition. Denn die Union möchte weitergehen und jede Form organisierter Sterbehilfe verhindern, also auch nicht-kommerzielle.
Voraussichtlich wird es in dieser Legislaturperiode keine Regelung mehr geben. Und das wäre kein Verlust. Denn sie würde wenig ändern. Gewerbliche Sterbehilfe ist schon jetzt nicht möglich. Das hat das Hamburger Verwaltungsgericht vor einigen Jahren klargestellt im Fall Roger Kusch. Der ehemalige Hamburger Justizsenator hatte eine Art Selbsttötungsmaschine gewinnbringend verkaufen wollen. Das Gericht sah darin zu Recht eine "sozial unwertige Kommerzialisierung des Sterbens".
Auch die unentgeltliche organisierte Sterbehilfe gerät hierzulande schnell an ihre Grenzen. Denn schließlich ist sie darauf angewiesen, einen Arzt zu finden, der eine tödliche Dosis eines Mittels verschreibt. In der Schweiz und einigen anderen Ländern ist das möglich; in Deutschland nicht.
Womit sich die Politik dagegen endlich ernsthaft befassen müsste, wäre die Kernfrage: Kann ein säkularer Rechtsstaat seinen Bürgern verbieten, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt in den Tod zu gehen? Ihm die nötigen - existierenden - Medikamente für ein sanftes Einschlafen vorenthalten? Die Antwort muss lauten: Nein. Es gibt Todkranke, deren Leid kein Ende zu finden scheint. Sterbewillige, die möglicherweise eine hervorragende Versorgung haben, aber einfach mit sich und der Welt abgeschlossen haben.
Die Beihilfe zum Suizid ist hierzulande nicht verboten. Ein Entwurf des FDP-geführten Bundesjustizministeriums will zumindest die gewerbliche Sterbehilfe unter Strafe stellen und wurde zum Auslöser eines Streites in der Regierungskoalition. Denn die Union möchte weitergehen und jede Form organisierter Sterbehilfe verhindern, also auch nicht-kommerzielle.
Voraussichtlich wird es in dieser Legislaturperiode keine Regelung mehr geben. Und das wäre kein Verlust. Denn sie würde wenig ändern. Gewerbliche Sterbehilfe ist schon jetzt nicht möglich. Das hat das Hamburger Verwaltungsgericht vor einigen Jahren klargestellt im Fall Roger Kusch. Der ehemalige Hamburger Justizsenator hatte eine Art Selbsttötungsmaschine gewinnbringend verkaufen wollen. Das Gericht sah darin zu Recht eine "sozial unwertige Kommerzialisierung des Sterbens".
Auch die unentgeltliche organisierte Sterbehilfe gerät hierzulande schnell an ihre Grenzen. Denn schließlich ist sie darauf angewiesen, einen Arzt zu finden, der eine tödliche Dosis eines Mittels verschreibt. In der Schweiz und einigen anderen Ländern ist das möglich; in Deutschland nicht.
Womit sich die Politik dagegen endlich ernsthaft befassen müsste, wäre die Kernfrage: Kann ein säkularer Rechtsstaat seinen Bürgern verbieten, zu einem selbstgewählten Zeitpunkt in den Tod zu gehen? Ihm die nötigen - existierenden - Medikamente für ein sanftes Einschlafen vorenthalten? Die Antwort muss lauten: Nein. Es gibt Todkranke, deren Leid kein Ende zu finden scheint. Sterbewillige, die möglicherweise eine hervorragende Versorgung haben, aber einfach mit sich und der Welt abgeschlossen haben.
Wem soll der Suizid ermöglicht werden?
Wie unerträglich anmaßend erscheint in solch einer Situation der immer wiederkehrende Appell der Ärzteschaft, man möge doch bitte den Möglichkeiten der palliativmedizinischen Betreuung vertrauen. Denn gerade die macht vielen Menschen Angst. In die Hände von Pflegern zu geraten, womöglich nicht mehr selbstbestimmt leben zu können, angeschlossen an Maschinen – diese Vorstellung erscheint vielen als völlig unerträglich.
Sicher: Auch ein Gesetz, das Suizid erleichtert, würde an der Praxis nicht viel ändern. Mitnichten gäbe es einen sprunghaften Anstieg von Sterbewilligen. Entscheidend ist vielmehr, dass Todkranke in dem Wissen leben könnten, dass es für sie einen selbstbestimmten Ausweg gibt. Diese Gewissheit, nicht ausgeliefert zu sein, würde viele Menschen beruhigen.
Natürlich wäre es extrem schwer, eine solche gesetzliche Regelung zu konstruieren. Viele heikle Fragen müssten beantwortet werden: Zunächst: Wem soll der Suizid ermöglicht werden? Nur denen, die im Endstadium einer tödlichen Krankheit siechen, oder gar allen Lebensmüden? Und wer soll befugt sein, eine tödliche Dosis eines Medikaments zu verschreiben? Wie wäre das mit den ärztlichen Standesregeln zu vereinbaren? Und: Wer überwacht die Sterbebegleiter?
Wirkungsvolle Kontrollen könnten den Missbrauch eindämmen. Nicht nur geldgierige Erben sind eine Gefahr für Schwerkranke, auch Mediziner sind es. Der jüngste Organspendeskandal hat gezeigt, dass sie durchaus eigennützig über Leben und Tod entschieden, indem sie offizielle Wartelisten ignorierten.
Der Aufbau von Kontrollinstanzen wäre teuer, keine Frage. Zudem würde es auf dem Weg zu einer gesetzlichen Regelung zu harten Auseinandersetzungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen kommen. Dass Politiker da lieber gar nicht erst anfangen zu diskutieren, verwundert nicht. Sie müssten es aber tun, wenn sie den mündigen Bürger ernst nähmen.
Katja Wilke ist freie Journalistin und Rechtsanwältin in Berlin. Sie schreibt für Tages- und Wochenzeitungen sowie Magazine über Rechtspolitik und Wirtschaftsrecht. Sie arbeitete zuvor als Redakteurin für die "Financial Times Deutschland". Das Volontariat absolvierte sie an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf.
Sicher: Auch ein Gesetz, das Suizid erleichtert, würde an der Praxis nicht viel ändern. Mitnichten gäbe es einen sprunghaften Anstieg von Sterbewilligen. Entscheidend ist vielmehr, dass Todkranke in dem Wissen leben könnten, dass es für sie einen selbstbestimmten Ausweg gibt. Diese Gewissheit, nicht ausgeliefert zu sein, würde viele Menschen beruhigen.
Natürlich wäre es extrem schwer, eine solche gesetzliche Regelung zu konstruieren. Viele heikle Fragen müssten beantwortet werden: Zunächst: Wem soll der Suizid ermöglicht werden? Nur denen, die im Endstadium einer tödlichen Krankheit siechen, oder gar allen Lebensmüden? Und wer soll befugt sein, eine tödliche Dosis eines Medikaments zu verschreiben? Wie wäre das mit den ärztlichen Standesregeln zu vereinbaren? Und: Wer überwacht die Sterbebegleiter?
Wirkungsvolle Kontrollen könnten den Missbrauch eindämmen. Nicht nur geldgierige Erben sind eine Gefahr für Schwerkranke, auch Mediziner sind es. Der jüngste Organspendeskandal hat gezeigt, dass sie durchaus eigennützig über Leben und Tod entschieden, indem sie offizielle Wartelisten ignorierten.
Der Aufbau von Kontrollinstanzen wäre teuer, keine Frage. Zudem würde es auf dem Weg zu einer gesetzlichen Regelung zu harten Auseinandersetzungen zwischen den gesellschaftlichen Gruppen kommen. Dass Politiker da lieber gar nicht erst anfangen zu diskutieren, verwundert nicht. Sie müssten es aber tun, wenn sie den mündigen Bürger ernst nähmen.
Katja Wilke ist freie Journalistin und Rechtsanwältin in Berlin. Sie schreibt für Tages- und Wochenzeitungen sowie Magazine über Rechtspolitik und Wirtschaftsrecht. Sie arbeitete zuvor als Redakteurin für die "Financial Times Deutschland". Das Volontariat absolvierte sie an der Georg-von-Holtzbrinck-Schule für Wirtschaftsjournalisten in Düsseldorf.