Der Tod als letztes Lebensprojekt
Wie wollen wir sterben? Ein Thema, über das zuletzt im politischen Raum immer wieder gestritten wurde. Der Soziologe Werner Schneider zieht dennoch ein rundum positives Fazit über unsere Bemühungen, dem Tod so weit wie möglich seinen Schrecken zu nehmen.
Lange war das Ende des Lebens den Menschen vertraut und rituell gezähmt – bis es zur Entfremdung des durchrationalisierten Menschen vom Tod kam. Der war natürlich trotz allen Ignorierens noch da, und entfaltete seinen Schrecken umso gewaltiger.
Doch diese Diagnose aus den 70er Jahren des vorigen Jahrhunderts trifft nach Ansicht des Augsburger Soziologen Werner Schneider nicht mehr auf die Jetzt-Zeit zu.
Die Gesellschaft hat sich wie in einem Labor mit dem Tod beschäftigt
Im Gegenteil: Die Gesellschaft habe sich in den letzten 30, 40 Jahren wie in einem Labor mit dem Tod beschäftigt, sagte Schneider im Deutschlandradio Kultur. "Wir sind dabei ein komplexes Organisationsfeld zu etablieren, wo es um die gesellschaftliche Bearbeitung des Sterbens geht", erläuterte er.
Unser Ziel ist, bis zur letzten Sekunde selbstbestimmt zu sein
Die Entwicklung der Hospizarbeit, Palliativmedizin, Sterbehilfe, ärztlich assistierter Suizid: "Wir sind momentan dabei, das Sterben als letztes großes Lebensprojekt der letzten Lebensphase des Menschen zu organisieren, zu institutionalisieren", so Schneider. Hierfür gebe es klare Vorstellungen, die um Würde und Selbstbestimmung kreisten.
Im Grunde habe die gesellschaftliche Debatte um das Sterben zum Ziel, die Selbstbestimmung bis zur letzten Sekunde des Lebens aufrecht zu erhalten, sagte er. Am Ende sei dann aber der Tod der radikale Verlust eben jener Selbstbestimmung.