Sternwarte auf dem Sofa

Von Michael Engel |
Vor 400 Jahren richtete der Universalgelehrte Galileo Galilei als erster Mensch ein Teleskop zum Himmel. Und was er dort sah, hätte ihn beinahe auf den Scheiterhaufen gebracht. Heutzutage ist die Astronomie eine durchweg ungefährliche Angelegenheit und man muss sich nicht einmal mehr aus dem Fenster lehnen, um nach Sternen zu suchen. "Computerastronomie" und "digitale Teleskope" bringen die Bilder vom Kosmos via Internet direkt ins Haus.
Es ist dunkel. Die Kuppel der kleinen Sternwarte öffnet sich. Der Blick nach oben zu den funkelnden Sternen fasziniert viele Menschen. Und brauchbare Geräte, so Augenoptiker Karl Heinrich Hanneken, sind schon für 100 Euro zu haben.
"Viele denken ja immer nur, die Optik wäre das wichtigste, aber die Montierung da drunter, die ist so wichtig, um das Gerät nachzuführen. Die Erde dreht sich, das muss man ausgleichen."

Früher hat man das mit Handbetrieb gemacht. Heute hilft der Computer.

"So eine netzwerkfähige Montierung kann man per Computer betreiben und kann dann zum Beispiel bestimmte Objekte nachführen oder eben auch aus der Datenbank etwas aussuchen und dann das Objekt anfahren lassen."

Programme, die das Teleskop in Position bringen, werden häufig schon kostenlos mit dem Fernrohr geliefert. Die Koordinaten der Sterne sind dort gespeichert. Oder sie lassen sich aus dem Internet herunterladen. Jetzt nur noch das Teleskop mit dem Computer verbinden, dann kann es auch schon losgehen. Wie von Geisterhand gesteuert, richtet sich das Fernrohr aus.

"Das ist eine sehr große Hilfe – auf jeden Fall. Weil man viele Objekte gar nicht mit bloßem Auge oder auch selbst durch das Teleskop erkennen kann."

Gerade in Städten, so Hobbyastronom Michael Theusner, stören die Lichter von Straßenlaternen und Leuchtreklamen. Vor allem schwach leuchtende Sterne sind da schwer auszumachen. Die Computersteuerung der Teleskope vereinfacht die Suche erheblich.

Gido Weselowski geht noch einen Schritt weiter. Er schaut sich die Sterne nur noch auf dem Computerbildschirm an. An seinem Teleskop hängt nämlich eine Art "Webcam" und die überträgt die Bilder direkt ins Wohn¬zimmer: Seine Mini-Sternwarte steht auf dem Balkon.

"Meine Frau hat mich regelrecht dazu gedrängt, damit ich während der Beobachtung mit einer Kamera mit ihr zusammen ein Glas Wein im Wohnzimmer trinken kann."

Der Amateurastronom aus Bocholt entdeckte sogar zwei Galaxien, die nach ihm benannt wurden: "Weselowski I" und "Weselowski II".

Früher waren Sterne häufig nur frierend unter freiem Himmel zu sehen, heute muss man nicht einmal vom Sofa hoch. Und es gibt auch schon einen Namen dafür: "Computerastronomie". Dabei sind die Möglichkeiten der Digitalisierung lange nicht erschöpft, berichtet Amateurastronom Hans Jürgen Goldan.

"Die Steigerung ist natürlich noch heutzutage, dass man gar nicht mehr selber am Fernrohr steht, sondern dass man das Fernrohr irgendwo hat. Zum Beispiel in Namibia gibt es solche Fernrohre. Da können Sie von Deutschland aus das Teleskop steuern und ihm sagen, wo es hinfahren soll."
Das Internetportal www.astroreisen.de zum Beispiel führt eine unfangreiche Linksammlung, die sogenannte "Astrofarmen" zum Beispiel in Namibia auflistet. Aber auch das "Kitt Peak National Observatory" in den USA vermietet Teleskope via Internet.

"Und dann kann das Teleskop auch automatisch Aufnahmen machen, die Sie dann auch wieder zuhause am Schreibtisch bekommen. Also ich weiß jetzt von Namibia, dort sind es Farmen, die selber Teleskope haben und Astrourlaub anbieten. Und die haben die Teleskope soweit aufgerüstet, dass Sie diese über das Internet auch steuern können. Das sind Privatleute, die damit gleichzeitig auch Geld verdienen."
"Internet-Teleskope" sind allerdings recht teuer, bedauern Hobbyastronomen. Die meisten schätzen ohnehin immer noch den authentischen Blick zum Sternenhimmel - Internet und Digitalisierung zum Trotz.

Um Sterne hautnah zu erleben, ist mittlerweile nicht einmal mehr ein Fernrohr nötig. Einfach die "Planetariums-Software" aus den Internet herunterladen, sagt Dr. Hans Jürgen Goldan, dann kann es auch schon losgehen mit der virtuellen Himmelspräsentation.

"Sie können ihren Ort eingeben, Uhrzeit usw. und dann bekommen Sie den Anblick, den Sie jetzt hätten. Können dann auch sehr schön die Bewegung der Planeten sehen oder des Mondes, was dann auch sehr eindrucksvoll ist. Im Prinzip, als wenn man im Planetarium wäre."

Computer können das Hobby unterstützen. Nicht aber ersetzen. Die Faszination, die von den Sternen ausgeht, urteilen viele Amateurastronomen – ist nur unter dem freien Himmel zu haben.