Selbstanzeige und raus aus dem Schneider?
Das Bundesfinanzministerium will im Gegensatz zur SPD auf die strafbefreiende Selbstanzeige für Steuerhinterzieher nicht verzichten. Ohne diese Möglichkeit hätten nicht so viele Menschen ihre Einkünfte offengelegt, sagte der Parlamentarische Staatssekretär Michael Meister (CDU).
Allerdings werde eine Verschärfung der Regelung geprüft. "Wir hoffen, dass die Staatssekretärsebene der Länder und des Bundes im nächsten Monat auch einen Vorschlag an die Finanzminister macht, um dann Anpassungen bei dem Instrument der strafbefreienden Selbstanzeige vorzunehmen", sagte der CDU-Politiker im Deutschlandfunk.
Im Gegensatz zum Bundesfinanzministerium wollen die Sozialdemokraten angesichts immer neuer Betrugsfälle die Verjährungsfristen bei schwerer Steuerkriminalität abschaffen. Die SPD mache Druck auf Steuerhinterzieher, berichtet Theo Geers im Deutschlandradio Kultur.
"Straftat gegen jeden ehrlichen Steuerzahler"
SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte im ZDF, Steuerhinterziehung sei eine "Straftat gegen jeden ehrlichen Steuerzahler". Parteivize Ralf Stegner erklärte in der "Frankfurter Rundschau", bei den meisten Steuerbetrügern, die sich dem Fiskus offenbarten, könne man "nicht von Reue reden, sondern von Angst vor dem Knast". Die übliche Strafbefreiung bei Selbstanzeige sei "ein Relikt feudaler Gesinnung".
Nach Meinung von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (ebenfalls SPD) sollte es bei Selbstanzeigen schärfere Regeln geben. Er schlägt im "Flensburger Tageblatt" vor, dass "ab einer hinterzogenen Summe von 100.000 Euro die Selbstanzeige nicht mehr zur Strafbefreiung, sondern nur noch zur Strafmilderung einzusetzen".
Nordrhein-Westfalens Finanzminister Norbert Walter-Bojans, auch ein Sozialdemokrat, geht noch weiter. "Es muss geprüft werden, ob es ab einer Steuerschuld von etwa 50.000 Euro noch die Möglichkeit zur strafbefreienden Selbstanzeige geben sollte", sagte er der "Rheinischen Post" (über die Diskussion berichtet Stefan Maas im Deutschlandradio Kultur).
Nach dem Fall um "Emma"-Herausgeberin Alice Schwarzer hatte auch der Berliner Kulturstaatssekretär André Schmitz (SPD) eingeräumt, Steuern hinterzogen zu haben. Und auch gegen Helmut Linssen, Bundesschatzmeister der CDU, gibt es Vorwürfe. Er soll jahrelang Geld in einer Briefkastenfirma auf den Bahamas verborgen haben, berichtet Barbara Schmidt-Mattern im Deutschlandradio Kultur.
Angesichts der jüngsten Steuerfälle analysiert Ernst Rommeney im Deutschlandradio Kultur insgesamt ein gestörtes Verhältnis zur Steuer.
mhn