Steuern auf Alkohol und Tabak

Laster, die sich lohnen

Eine Bedienung trägt am 29.10.2013 in Erfurt (Thüringen) in einem Lokal ein Tablett mit Bier.
Ohne die Steuern auf Alkohol und Tabak würden dem Staat Milliarden-Einnahmen fehlen. © picture alliance / dpa - Marc Tirl
Von Stefan Maas |
Die Steuern auf Tabakprodukte und Alkohol haben dem deutschen Staat im vergangenen Jahr 17 Milliarden Euro eingebracht. Nie zuvor haben die Konsumenten so hohe Einnahmen ermöglicht - dabei rauchen und trinken sie nicht mehr als früher.
Alkohol. Ein lohnenswertes Laster. Egal ob Bier, Sekt, Wein oder Schnaps. Jedes Glas lässt sie klingeln. Die Kassen. Die des Wirtes, des Produzenten. Und die des Staates. Der Finanzminister freut sich sogar gleich doppelt. Für ihn gibt es nicht nur die Mehrwertsteuer. Auch der Alkohol selbst wird besteuert.
Jeder Erwachsene in Deutschland trinkt, statistisch betrachtet, rund zwölf 12 Liter Liter reinen Alkohol im Jahr. In Getränken heißt das: Im Schnitt pro Kopf gut 105 Liter Bier, mehr als 20 Liter Wein, rund vier Liter Schaumwein und über 5 Liter Spirituosen. Zusammengerechnet entspricht das dem Inhalt einer Badewanne. Das lässt natürlich auch die Steuereinnahmen sprudeln. 2013 hat der Konsum von Alkohol Bund und Ländern 3,2 Milliarden Euro in die Kassen gespült.
Rauchen bringt wesentlich höhere Steuereinnahmen
Vergleicht man diese Summe aber mit derjenigen, die das Rauchen einbringt, fällt sie fast bescheiden aus. Die Tabaksteuer hängt locker die Einnahmen aus allen anderen Genussmitteln zusammen ab. 13,8 Milliarden Euro waren es 2013. Macht zusammen rund 17 Milliarden Euro. Anruf bei Klaus-Jürgen Hammer vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden.
"Wir vergleichen das seit dem Jahr 1991, also seit der Wiedervereinigung. Wenn man da mal auf das Jahr 1991 schaut, da lag der Betrag bei 15,4 Milliarden und hat sich kontinuierlich bis heute erhöht."
Schaut man aber auf das gesamte Steuervolumen des Bundes und der Länder, ist die Tendenz – prozentual betrachtet - rückläufig.
Nicht weil weniger getrunken oder geraucht wird, sondern weil die Steuereinnahmen von Bund und Ländern von einem Hoch zum nächsten jagen. Das verwässert den Anteil der Genusssteuern.
"Rauchen für die Sicherheit"
Die absoluten Zahlen sprechen eine andere Sprache: Wer trinkt und vor allem raucht, trägt heute mehr zum Steueraufkommen bei als jemals zuvor.
"Das liegt hauptsächlich daran, dass bei der Tabaksteuer laufend Erhöhungen stattgefunden haben und die halt einen hohen Einfluss auf die Zahlen hat."
"Erst Rasen für die Rente, jetzt Rauchen für die Sicherheit."
2001 kündigte der damalige Finanzminister Hans Eichel an, 2002 und 2003 die Tabaksteuer zu erhöhen, damit die Bundeswehr mehr Geld im Kampf gegen den Terror bekäme.
"In Anbetracht der Unterfinanzierung der Bundeswehr warte ich stündlich auf den Vorschlag: Trinken für die Truppe. Der kommt garantiert auch noch."
Raucher weichen auf Billigmarken aus
Da aber lag der damalige FDP-Chef Guido Westerwelle daneben.
2004 und '05 traf es wieder die Raucher. Die Mehreinnahmen sollten Teile der Gesundheitsreform finanzieren. Doch was taten die Raucher? Sie wichen aus. Auf Billigmarken, Feinschnitt, die so genannten „Rolls" zum selberstecken. Und auf geschmuggelte, unversteuerte Zigaretten.
In der Folge sanken die Steuereinnahmen messbar. Der Tabakkonsum nicht. Zumindest nicht genau bezifferbar. Dank der Schmuggelware. Immerhin zeigen die Statistiken heute, die Zahl der Raucher nimmt ab. Weniger Raucher, weniger Steuereinahmen. Immerhin dürfte das den Gesundheitsminister freuen.
Fast zwei Millionen Alkoholiker in Deutschland
Denn der hat die Verringerung des Tabakkonsums zu einem der vordringlichsten gesundheitspolitischen Ziele erhoben. Und auch den übermäßigen Alkoholkonsum hat er im Blick, trinken doch fast zehn Millionen Deutsche Alkohol in gesundheitsgefährdendem Ausmaß. Mehr als 1,7 Millionen sind alkoholabhängig und mindestens 74.000 sterben an den Folgen ihres Alkoholmissbrauchs. Pro Jahr.
"Sicherlich ist das zunächst einmal der gesundheitspolitische Ansatz, wo man sagt, Alkoholsucht oder das Rauchen verursachen höhere Erkrankungsraten."
sagt Dr. Jochen Pimpertz. Er leitet das Kompetenzfeld Öffentliche Haushalte und soziale Sicherung beim Institut der Deutschen Wirtschaft in Köln. Er soll die Frage beantworten, kann man den volkswirtschaftlichen Schaden durch Rauchen und Trinken überhaupt messen?
"Nein, die Effekte sind ambivalent. Es entstehen sozusagen zynisch anmutende Effekte. Alkohol- und Zigarettenkonsum können zu einem frühen – und für das Gesundheitssystem vor allem relevant – schnellen Tod führen. So dass sich, so pervers es anmutet, sich das Rauchen aus volkswirtschaftlicher Sicht sogar lohnen kann, weil weniger Kosten im Gesundheitssystem verursacht werden. Und am Ende vielleicht sogar weniger lang Rente bezogen wird."
Gleich darauf stellt er die Frage, ob es überhaupt erstrebenswert sei, die Kosten genau beziffern zu wollen. Denn dann werde auch schnell relevant, ob jemand, der mit dem Rauchen aufhört, deshalb gesünder ist und vielleicht länger lebt, noch erwerbstätig ist – oder schon Rentner.
"Als Ökonom möchte ich solchen Fragen nicht weiter nachgehen."
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