Steve Brusatte:
Aufstieg und Fall der Dinosaurier. Eine neue Geschichte der Urzeitgiganten
Übersetzt von Nikolaus de Palezieux
Piper Verlag, München 2018, 416 Seiten, 24 Euro
Ein Dinosaurier-Buch für Erwachsene
Fliegende Dinosaurier vor dem Fenster und Spuren so groß wie Autoreifen – Steve Brusatte erzählt mitreißend von seinen Ausgrabungen. Wer Dinos liebt, hat aber vielleicht ein Problem mit seinen Wertungen: Riesensalamander nennt er „hässliche Monster“.
Bücher über Dinosaurier gehören in fast jedes Kinderzimmer. Zu groß ist die Faszination der Urzeitriesen. Für Erwachsene hingegen gab es lange keine Bücher zum Thema. Das ändert sich gerade. Denn die Dinosaurierforschung erlebt eine Hochzeit. Dank neuer Fossilien und Methoden lässt sich das Leben der Dinosaurier immer plastischer dokumentieren: Tonschichten aus China enthalten detailreiche Abdrücke gefiederter Dinosaurier, Scans der versteinerten Schädel belegen: "Tyrannosaurier wurden schlau, ehe sie groß wurden." Und Bigdata-Analysen zeigen, dass Dinosaurier wohl wegen ihrer Vielfalt mehrere globale Katastrophen überlebten.
Spannendes Detail-Wissen über Dinos
Wie, davon erzählt Steve Brusatte in seinem Buch "Ausstieg und Fall der Dinosaurier". Mit gerade 34 Jahren hat der amerikanische Paläontologe schon in den USA, in China, Deutschland, Schottland, Afrika und Lateinamerika an Ausgrabungen teilgenommen. In seiner "neuen Geschichte der Urzeitgiganten" will er den großen Überblick liefern.
Spannend wird es aber vor allem dann, wenn er ins Detail geht und beschreibt, warum etwa der Brontosaurus so riesig wurde. "Alles beginnt mit dem Hals", heißt es. Der war so lang und flexibel, dass die Riesen gemütlich alles in der Umgebung abweiden konnten, vom Gras bis hin zu den Baumwipfeln. Außerdem wuchsen die Sauropoden schnell, hatten eine überaus effektive Lunge und vergleichsweise leichte Knochen.
Vögel sind eigentlich Dinosaurier
Spannend sind auch die Verbindungen zwischen geologischen Veränderungen und Evolution, besonders natürlich der "schlimmste Tag in der Geschichte unseres Planeten", als ein riesiger Asteroideneinschlag das Ende der Dinosaurier besiegelte. Oder vielleicht auch nicht.
"Draußen vor meinem Fenster ist ein Dinosaurier", schreibt Brusatte, während er eine Möwe beobachtet, die einem Touristen die Pommes wegschnappt: "Wenn ich ein solches Verhalten beobachte – diese Gerissenheit, diese Gewandtheit, diese Gemeinheit – dann sehe ich Velociraptor in einer Möwe". Vögel sind nämlich Dinosaurier und folglich sind die dann doch nicht alle ausgestorben.
Spuren so groß wie Autoreifen
Steve Brusatte erzählt mitreißend von seinen vielen Ausgrabungen, etwa in Schottland in der Nähe seiner Universität. Dort suchte er nach versteinerten Fischschuppen und erkannt erst im schrägen Abendlicht "unförmige Vertiefungen im Gestein, ungefähr so groß wie ein Autoreifen". Es waren die Spuren von ganzen Dino-Herden.
Seine Sprache dürfte allerdings nicht jedem gefallen. Denn Brusatte neigt zu Wertungen, die Fossilien eher nicht hergeben. Riesensalamander seien "schleimige, hässliche Monster", der Schädel des T. Rex "eine Tötungsmaschine, eine Folterkammer für seine Beute" und "stellte er die Maske des Bösen dar".
Ermüdend sind auch die viele Namen sowohl der Dinosaurier als auch der Paläontologen, die genannt werden, ohne dass man wirklich etwas über sie erfährt. Und so ist dieses Buch eines, das man wie ein Paläontologe angehen sollte: Das taube Gestein ignorieren und sich an den vielen faszinierenden Erkenntnissen erfreuen.