Stewart O'Nan: "Westlich des Sunset"

Schuften und Scheitern in Hollywood

Francis Scott Key Fitzgerald
Den Schriftsteller Francis Scott Fitzgerald hat Stewart O'Nan zum Helden seines neuen Werks gemacht © picture alliance / dpa
Von Gabriele von Arnim |
Held des neuen Stewart-O'Nan-Romans ist ein Schriftsteller der 1920er: Francis Scott Fitzgerald. In "Westlich des Sunset" zeichnet er dessen schnellen Aufstieg und anschließenden Absturz nach.
Sein Onkel, nach dem er benannt war, hatte die amerikanische Nationalhymne gedichtet. Und er schrieb mit 23 Jahren seinen ersten Roman, mit dem er über Nacht berühmt wurde: "This Side of Paradise". F.Scott Fitzgerald und seine Frau Zelda wurden das Glamour Paar der sogenannten "roaring twenties". Schön, erfolgreich, beliebt und mondän, lebten sie ihr Leben als Fest - in New York, auf Long Island und an der Cote d’Azur.
1925 erschien der Roman The Great Gatsby, der inzwischen dreimal in Hollywood verfilmt und weltweit ein Bestseller wurde. Heute gilt das Buch als eines der ersten großen Werke der amerikanischen Moderne.
Scott Fitzgerald, der vom Leben verwöhnte Dandy, später heimgesucht von seiner Trunksucht und Zeldas psychischen Zusammenbrüchen, ist eine fast mythische Figur geworden.

Es geht nicht um den Glanz der frühen Jahre

Es braucht einen beherzten Autor, um über diesen Mann einen Roman zu schreiben. Der amerikanische Schriftsteller und ehemalige Flugzeugingenieur Stewart O’Nan hat es nun gewagt. Ihn interessiert nicht der Glanz der frühen Jahre, ihm geht es nicht um Legendenbildung, sondern um die erbarmungslose Wirklichkeit der letzten Jahre des Scott Fitzgerald. O’Nan erzählt vom Abstieg des Giganten, der sich 1937 als Lohnschreiber in Hollywood verdingt. Er hat Schulden, eine kranke Frau in einer teuren Anstalt und eine Tochter im Internat. Und er ist Alkoholiker.
Hollywood ist eine gnadenlose Schreibfabrik. Wer dort angestellt wird, ist den Marotten der Moguln ausgeliefert. Wer nicht spurt, wird ersetzt.
Es ist ein karges, ein demütigendes Leben - fern von Applaus und Erfolg - für den einst berühmtesten Bohemien seiner Zeit.
Da hilft es auch nicht, wenn Humphrey Bogart gleich nebenan wohnt und ein fideler Nachbar ist, oder wenn Marlene Dietrich ihn und Ernest Hemingway bekocht.
Fitzgerald schuftet und scheitert - an Hollywood, an Zeldas Krankheit, an sich. Er trinkt. Und reißt sich zusammen. Er schreibt. Mit Coca Cola, Kaffee und Zigaretten, mit Tabletten zum Einschlafen und Tabletten zum Wachbleiben. Er hat Herzattacken und macht weiter. Er muss schreiben. Fitzgerald stirbt mit 44 Jahren am 21. Dezember 1940.

Über die Passion des Schreibens

Ihn interessiere, hat Stewart O’Nan einmal in einem Interview gesagt, wann ein Mensch aufgebe. Dieses Thema lotet er auch hier aus. Und zeigt mit der ihm eigenen wunderbaren Detailbesessenheit die zermürbenden äußeren wie inneren Zumutungen, denen Fitzgerald ausgesetzt ist. Und doch an dem festhält, was ihn eigentlich ausmacht: Das Schreiben.
Als ihn in Hollywood keiner mehr beschäftigen will, er eine Klatschreporterin als Freundin hat, die ihn liebt, und er endlich – dem Tod schon nahe – ganz an seinem Roman arbeiten kann, kommt O’Nan Fitzgerald am nächsten. Da spürt man die Passion, die Figur und Autor teilen.
O’Nan folgt seinem Helden hinein in die Zerrissenheit –erzählt von den strapaziösen Besuchen bei Zelda, vom dem oft vergeblichen Wunsch, seiner Tochter ein guter Vater zu sein. Aber es fehlt immer wieder die unwiderstehliche Intensität, mit der O’Nan uns sonst hineinzuweben versteht in seinen Stoff.
Es bleibt eine Distanz. Als habe er aus Respekt vor dem großen Kollegen sich dann noch nicht getraut, ihn sich ganz anzueignen.

Stewart O’Nan: Westlich des Sunset
Aus dem Englischen von Thomas Gunkel
Rowohlt Verlag, Hamburg 2016, 415 Seiten, 19,95 Euro

Mehr zum Thema