"Das ist die Chance, uns neu zu erfinden"
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Eine Studie des Wissenschaftsrats empfiehlt die Auflösung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und eine Reform der ihr untergeordneten Einrichtungen. Stiftungspräsident Hermann Parzinger begrüßt die Vorschläge, sieht aber einen langen Weg voraus.
Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, kann mit der vom Wissenschaftsrat empfohlenen, radikalen Neuorganisation seines Hauses nach eigenen Worten gut leben. Tagelang hatte die Berichterstattung über eine Studie des Rats für Aufregung in der Kulturbranche gesorgt. Nun wurde sie offiziell vorgestellt.
Es habe schon vor Jahren Gespräche mit Kulturstaatsministerin Grütters über eine Neuaufstellung der Stiftung gegeben, sagt Parzinger. Weil bei den Überlegungen großer Wert auf den Blick von außen gelegt worden sei, habe man dann den Wissenschaftsrat mit dieser Evaluation beauftragt.
Der Rat hat sich dafür ausgesprochen, die größte Kulturstiftung Deutschlands mit rund 2000 Mitarbeitern aufzulösen. Unter dem gemeinsamen Dach der Stiftung befinden sich derzeit die Staatlichen Museen zu Berlin, die Staatsbibliothek, das Geheime Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz sowie das Ibero-Amerikanische Institut. Die Stiftung ist laut der Studie "strukturell überfordert" und "dysfunktional", außerdem fehle es an Geld und Personal. Die vier Institutionen sollen demnach eigenständig werden.
"Wir lösen eine der weltweit größten Kultureinrichtungen auf, wenn es dazu kommt", sagt Parzinger: "Insofern ist es schon wichtig, sich genau zu überlegen, was man dabei tut und auch eine Folgenabschätzung vorzunehmen. Das wird jetzt Aufgabe der nächsten Monate und gewiss auch Jahre sein."
Weniger Hierarchien und mehr Spielraum
Selbst wenn nicht alles eins zu eins umgesetzt werde, brauche es jetzt eine Diskussion und eine öffentliche Debatte. "Das ist jetzt die Chance, uns neu zu erfinden", sagt Parzinger: "Diese einzelnen, unabhängigen Säulen schaffen weniger Hierarchie-Ebenen, dafür mehr Bewegungsfreiheit, Spielraum und Entscheidungsmöglichkeiten für die einzelnen Einrichtungen, die letztendlich die inhaltliche Arbeit machen."
Insgesamt seien die Aufgaben der Museen wie auch der ganzen Stiftung über die letzten Jahre und Jahrzehnte gewachsen, das Personal sei aber parallel dazu abgebaut worden, beklagt Parzinger: "Ich glaube, da sind sich alle einig. Wenn wir eine solche radikale Neustruktur wollen, dann muss sie auch entsprechend durch Finanzmittel und durch Personal unterstützt werden. So wie bisher geht es nicht weiter."
Man sei Bund und Ländern dankbar dafür, dass die Zuschüsse immer wieder erhöht worden seien. Die vorliegende Bestandsaufnahme habe dennoch ganz klar herausgearbeitet, dass es für die neuen Strukturen anderer Rahmenbedingungen bedürfe. Der anstehende Prozess werde zudem keineswegs schnell vonstatten gehen. "Selbst wenn er gut läuft, wird er einige Jahre in Anspruch nehmen."
Keine Vervierfachung der Verwaltungsstrukturen
Für die vorgeschlagenen Reformen sei letztlich die finanzielle Ausstattung entscheidend. Wenn es zur Schaffung neuer Stellen kommt, wie die Studie anregt, sollten diese bei der inhaltlichen und fachlichen Arbeit und nicht in der Verwaltung angesiedelt werden, fordert Parzinger: "Ich glaube nicht, dass man das alles bis hin zur Verwaltung einfach vervierfachen kann." Die einzelnen Einrichtungen bräuchten zumindest eine gemeinsame Infrastruktur.
(rja)