Stilbildender Chronist des amerikanischen Alltags
Als das MoMA in New York 1976 eine erste größere Ausstellung mit Arbeiten von William Eggleston zeigte, nannte ein Kritiker sie die "meistgehasste Schau des Jahres". Zu ungewöhnlich waren die Farbaufnahmen des Amerikaners von scheinbar alltäglichen Dingen. Inzwischen gilt er jedoch als Ikone der Fotografie und hat viele junge Fotografen stark beeinflusst. Im Haus der Kunst in München ist nun eine umfassende Sammlung seiner Werke zu sehen.
Er hat besonders das Leben und den Alltag im Süden der USA fotografiert. William Eggleston, der Spross einer wohlhabenden Baumwoll-Farmer Familie aus der Nähe von Memphis hat "Tennessee" mit seiner Kamera nur selten verlassen. Oft waren es Freunde, Nachbarn und Verwandte, denen er sich näherte.
Ein vages Gefühl von Intimität liegt in vielen Motiven. Auf gedeckte Tische blickt er genauso wie auf benutztes Geschirr oder - von ganz tief unten fotografiert - auf die Schuhe unter einem Bett. Scheinbare Nebensächlichkeiten rücken ins Zentrum: ein offenes Gefrierfach, der Telefonhörer auf einer Decke. Alles alltägliche Eindrücke, die Eggleston da eingefangen hat.
Als das New Yorker Museum of Modern Art 1976 eine erste, größere Ausstellung zu Eggleston zeigte, wurde dem Fotografen jedoch alles andere als Selbstverständlichkeit entgegengebracht. Die New York Times kürte die Schau zur "meistgehassten" des Jahres. Eggleston wurde einfach nicht verstanden, erinnert sich Adam Weinberg vom New Yorker Whitney Museum:
"Wie die meisten, die diese Ausstellung sahen, verstanden wir sie nicht wirklich. Wir wussten, dass hier etwas ganz anderes als sonst gezeigt wurde. Zunächst waren die in dem Museum of Modern Art gezeigten Fotos alle in Farbe. Ich kannte damals die Fotografieabteilung gut. Aber was wir bis dahin gesehen hatten, waren Künstler wie Edward Streichen, Minor White und all die anderen großen Schwarzweiß-Fotografen von damals. Und nun gab es zum ersten Mal Farbe in der Fotografieabteilung des Museum. Schon das war eine Schlagzeile für sich."
Wortkarg geht William Eggleston durch seine eigene Ausstellung im Münchner Haus der Kunst. Popularität bedeutet ihm nichts. Er hatte das Glück, finanziell unabhängig zu sein. Und er stellte schon früh einige entscheidende Weichen für seine Fotografie. So gilt er als Pionier auf dem Gebiet des sogenannten dye-transfer-Verfahrens. Einzelne Farben können dabei intensiviert oder verändert werden. Kodak hatte diese Technik in den 40er Jahren entwickelt, sie wurde aber hauptsächlich von Werbefotografen verwendet.
"Bei diesem Verfahren werden die Farben zunächst separiert mit Hilfe von Filtern. Erst dann kommen sie wieder aufs Papier. Man kann dabei die Intensität der Farbe selbst bestimmen. Es ist ein Prozess, der im Labor stattfindet. Die Filme werden dabei nicht wie sonst üblich entwickelt."
Die Ausstellung zeigt Egglestons Werk in weitgehend chronologischer Folge. Nur am Anfang hängen einige ganz aktuelle Aufnahmen von einer Reise nach Japan: Blumen in Zellophan, der Kopf einer Frau, halb hinter einer Milchglasscheibe, die Spiegelung eines Fernsehbildes im Fenster, durch das der Blick hinaus in die Nacht führt. Merkwürdige, stille Momente sind das. Anscheinend ohne besonderen Anlass aufgenommen.
Viele Motive prägen sich aber tief ein. Auch die Wahl der Perspektive ist teils ungewöhnlich. So bei dem kleinen, von der Bordsteinkante aus aufgenommenen Dreirad in einer amerikanischen Vorstadtsiedlung.
"Es ist so einfach, wie es aussieht. Ich saß gegenüber auf der Straße, etwa dort und schaute nach oben. Und da war es, dieses Dreirad. Ich legte die Kamera hin, etwas aufwärtsgerichtet, mit einem Stückchen Holz als Unterlage. Und machte die Aufnahme. Eine andere Bedeutung steckt nicht dahinter."
Die 160 gezeigten Fotos aus den letzten 40 Jahren sind nur ein winziger Ausschnitt aus Egglestons Werk. Eggleston selbst pflegt einen eher nüchternen, sorglosen Umgang mit seinem Archiv. Er kümmert sich nicht oder kaum um dieses riesige Erbe. Kurator Thomas Weski und seine Kollegen vom Whitney Museum mussten aus tausenden von Fotos eine Auswahl treffen. Auch vereinzelte Fotobücher werden gezeigt. Thomas Weski:
"Ein anderer Auftrag war der von 'Rolling Stone', 1976 ein Porträt von Jimmy Carter zu machen, der noch nicht zum Präsidenten gewählt worden war ... Und Eggleston fährt dort hin, so wie ich ihn kenne, hat er keine Verabredung getroffen. Er findet Jimmy Carter nicht an. Und muss aber irgendwie diesen Auftrag erfüllen. Und fängt an, die Landschaft zu fotografieren, die diesen Präsidenten geprägt hat. Und es entstehen also Bilder 'election eve', die dann von 'Rolling Stone' abgelehnt werden, weil es ist ja kein Porträt, kein direktes. Wenn man so will, ein indirektes. Und es wird als Künstlerbuch von ihm verlegt in einer Auflage von 5. In einer der Vitrinen finden sie ein Originalbuch."
Viele Generationen von Fotografen hat William Eggleston beeinflusst, darunter im deutschsprachigen Raum etwa Wolfgang Tillmanns oder Jürgen Teller. In der Ausstellung ist immer wieder aufs Neue das Wunder zu entdecken, mit welcher Leichtigkeit Eggleston fotografierte.
Service:
Die Ausstellung "William Eggleston. Democratic Camera" ist noch bis zum 17. Mai im Haus der Kunst in München zu sehen.
Ein vages Gefühl von Intimität liegt in vielen Motiven. Auf gedeckte Tische blickt er genauso wie auf benutztes Geschirr oder - von ganz tief unten fotografiert - auf die Schuhe unter einem Bett. Scheinbare Nebensächlichkeiten rücken ins Zentrum: ein offenes Gefrierfach, der Telefonhörer auf einer Decke. Alles alltägliche Eindrücke, die Eggleston da eingefangen hat.
Als das New Yorker Museum of Modern Art 1976 eine erste, größere Ausstellung zu Eggleston zeigte, wurde dem Fotografen jedoch alles andere als Selbstverständlichkeit entgegengebracht. Die New York Times kürte die Schau zur "meistgehassten" des Jahres. Eggleston wurde einfach nicht verstanden, erinnert sich Adam Weinberg vom New Yorker Whitney Museum:
"Wie die meisten, die diese Ausstellung sahen, verstanden wir sie nicht wirklich. Wir wussten, dass hier etwas ganz anderes als sonst gezeigt wurde. Zunächst waren die in dem Museum of Modern Art gezeigten Fotos alle in Farbe. Ich kannte damals die Fotografieabteilung gut. Aber was wir bis dahin gesehen hatten, waren Künstler wie Edward Streichen, Minor White und all die anderen großen Schwarzweiß-Fotografen von damals. Und nun gab es zum ersten Mal Farbe in der Fotografieabteilung des Museum. Schon das war eine Schlagzeile für sich."
Wortkarg geht William Eggleston durch seine eigene Ausstellung im Münchner Haus der Kunst. Popularität bedeutet ihm nichts. Er hatte das Glück, finanziell unabhängig zu sein. Und er stellte schon früh einige entscheidende Weichen für seine Fotografie. So gilt er als Pionier auf dem Gebiet des sogenannten dye-transfer-Verfahrens. Einzelne Farben können dabei intensiviert oder verändert werden. Kodak hatte diese Technik in den 40er Jahren entwickelt, sie wurde aber hauptsächlich von Werbefotografen verwendet.
"Bei diesem Verfahren werden die Farben zunächst separiert mit Hilfe von Filtern. Erst dann kommen sie wieder aufs Papier. Man kann dabei die Intensität der Farbe selbst bestimmen. Es ist ein Prozess, der im Labor stattfindet. Die Filme werden dabei nicht wie sonst üblich entwickelt."
Die Ausstellung zeigt Egglestons Werk in weitgehend chronologischer Folge. Nur am Anfang hängen einige ganz aktuelle Aufnahmen von einer Reise nach Japan: Blumen in Zellophan, der Kopf einer Frau, halb hinter einer Milchglasscheibe, die Spiegelung eines Fernsehbildes im Fenster, durch das der Blick hinaus in die Nacht führt. Merkwürdige, stille Momente sind das. Anscheinend ohne besonderen Anlass aufgenommen.
Viele Motive prägen sich aber tief ein. Auch die Wahl der Perspektive ist teils ungewöhnlich. So bei dem kleinen, von der Bordsteinkante aus aufgenommenen Dreirad in einer amerikanischen Vorstadtsiedlung.
"Es ist so einfach, wie es aussieht. Ich saß gegenüber auf der Straße, etwa dort und schaute nach oben. Und da war es, dieses Dreirad. Ich legte die Kamera hin, etwas aufwärtsgerichtet, mit einem Stückchen Holz als Unterlage. Und machte die Aufnahme. Eine andere Bedeutung steckt nicht dahinter."
Die 160 gezeigten Fotos aus den letzten 40 Jahren sind nur ein winziger Ausschnitt aus Egglestons Werk. Eggleston selbst pflegt einen eher nüchternen, sorglosen Umgang mit seinem Archiv. Er kümmert sich nicht oder kaum um dieses riesige Erbe. Kurator Thomas Weski und seine Kollegen vom Whitney Museum mussten aus tausenden von Fotos eine Auswahl treffen. Auch vereinzelte Fotobücher werden gezeigt. Thomas Weski:
"Ein anderer Auftrag war der von 'Rolling Stone', 1976 ein Porträt von Jimmy Carter zu machen, der noch nicht zum Präsidenten gewählt worden war ... Und Eggleston fährt dort hin, so wie ich ihn kenne, hat er keine Verabredung getroffen. Er findet Jimmy Carter nicht an. Und muss aber irgendwie diesen Auftrag erfüllen. Und fängt an, die Landschaft zu fotografieren, die diesen Präsidenten geprägt hat. Und es entstehen also Bilder 'election eve', die dann von 'Rolling Stone' abgelehnt werden, weil es ist ja kein Porträt, kein direktes. Wenn man so will, ein indirektes. Und es wird als Künstlerbuch von ihm verlegt in einer Auflage von 5. In einer der Vitrinen finden sie ein Originalbuch."
Viele Generationen von Fotografen hat William Eggleston beeinflusst, darunter im deutschsprachigen Raum etwa Wolfgang Tillmanns oder Jürgen Teller. In der Ausstellung ist immer wieder aufs Neue das Wunder zu entdecken, mit welcher Leichtigkeit Eggleston fotografierte.
Service:
Die Ausstellung "William Eggleston. Democratic Camera" ist noch bis zum 17. Mai im Haus der Kunst in München zu sehen.