Stillstand auf Ground Zero
Seit den Anschlägen vom 11. September 2001 klafft dort, wo ehemals die Zwillingstürme des World Trade Center standen, eine riesige Lücke. Zwar sollte in diesem Monat mit dem Bau des "Freedom Tower" begonnen werden, passiert ist jedoch nichts, da die verschiedenen Ansprüche nicht unter einen Hut gebracht werden konnten. New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg lud deshalb zur Krisensitzung.
Brinkmann: […] das neue World Trade Center soll dort entstehen. Im Juli 2004 wurde der Grundstein für den Freedom Tower, das Herzstück des Entwurfs von Daniel Libeskind, gelegt, das war aber auch schon alles. In diesem Monat sollte der Bau beginnen. Das Datum April 2006 steht auf Schildern an der Grube. Doch ausgerechnet der Investor scheint das größte Hemmnis für den Beginn der Arbeiten zu sein. Larry Silverstein liegt im Streit mit der staatlichen Hafenbehörde, die das Gelände verpachtet, und ein Gutachten der Stadt stellte kürzlich fest, dass dem Investor voraussichtlich 2009 das Geld ausgehen werde. New Yorks Bürgermeister Bloomberg hat deshalb eine Krisensitzung abgehalten. In New York begrüße ich die Deutschlandradio Korrespondentin Martina Buttler. Frau Buttler, was will denn nun Michael Bloomberg?
Buttler: Michael Bloomberg will erst mal alle an einen Tisch bringen, dass war das wichtigste, denn es gibt so viele Parteien mit unterschiedlichen Interessen in dieser Planung, dass er gesagt hat, wir müssen endlich vorwärts kommen, wir müssen uns endlich mal auf eine Linie einigen. Das heißt, er hat an einen Tisch gebracht Gouverneur Pataki, Gouverneur Corsin und eben seine Wenigkeit selbst, um mal endlich eine Linie zu entwickeln für die Bebauung und für die Finanzierung an Ground Zero und dabei sind die Interessen wirklich sehr, sehr unterschiedlich.
So würde zum Beispiel Bürgermeister Bloomberg am liebsten selbst dort unten sehen, wenn eben zum Beispiel mehr Wohnraum entstehen würde, wenn man dort nicht versuchen würde, große Türme wieder hoch zu bauen, in denen eine Wirtschaftszentrale entsteht, sondern wenn man wirklich Häuser bauen würde, in denen auch Menschen wohnen und leben können. Gleichzeitig sind die Interessen von Gouverneur Pataki bis jetzt gewesen, dass er gesagt hat, ich möchte dort eigentlich diese zwei Türme wieder hochziehen als Symbol dafür, dass New York sich nicht erschrecken lässt und dafür, dass New York weiterhin ein starkes Wirtschaftszentrum ist. Und da ziehen alle an verschiedenen Strängen und er wollte jetzt mal eine Linie versuchen herzustellen.
Brinkmann: Larry Silverstein ist in den Augen vieler wahrscheinlich der Oberschurke, aber es gibt doch sicherlich noch andere Mitverantwortliche. Wer ist denn das zum Beispiel?
Buttler: Das sind eben wirklich diejenigen, die in die unterschiedlichen Ecken ziehen. Also Silverstein, Sie haben das schon angesprochen, ist vor allem jemand der, natürlich dadurch dass er diesen Grund und Boden kurz vor dem 11. September 2001 gepachtet hat, für 99 Jahre muss man dazu sagen, sagt so, jetzt möchte ich gerne sagen, was dort passiert und ich ziehe das auch alleine hoch, ihm geht fast das Geld aus. Und da kommen jetzt wieder Bloomberg und Pataki und Corsin ins Spiel die sagen, wir möchten aber etwas ganz anderes, wir möchten eine gesicherte Finanzierung und eben auch ein Bauwerk, was diesem Ort angemessen ist.
Und dann kommen natürlich auch wieder die Interessen der Hinterbliebenen mit ins Spiel rein, denn es gibt Pläne zum Beispiel wie dieses Memorial, diese Gedenkstätte aussehen soll, auch dort gibt es Auseinadersetzungen. Es sollen also die Namen der Opfer des World Trade Centers und der Opfer aus dem Pentagon und aus Pennsylvania und von den Attentaten auf das World Trade Center 1993 eingraviert werden. Und die Familien protestieren zum Beispiel dagegen, dass nicht gesagt werden soll, wer wo wann gestorben ist, dass das also zugeordnet wird.
Und so gibt es wirklich ganz, ganz viele Diskussionen in diesen ganzem Gemenge, wo die unterschiedlichsten Parteien sagen: Nein, das passt uns aber nicht, weil auf unsere Gefühle nicht Rücksicht genommen wird, nein, das passt uns nicht, weil das womöglich eben auch ein Angriffsfeld für Terroristen sein könnte, wenn man zwei Türme dort wieder hochzieht, ein besseres Ziel kann man ihnen doch eigentlich gar nicht geben. Und so kommen wirklich so viele unterschiedliche Interessen in dieses Spiel, dass auf Einigkeit erst mal nicht zu zählen ist.
Brinkmann: Das bestätigt das, was man sagt, dass nämlich das neue World Trade Center, ja, mit Ansprüchen überfrachtet ist, in moralischer Hinsicht durch die Hinterbliebenen, das haben Sie eben beschrieben, und dann, weil es ein Bollwerk gegen den Terrorismus sein soll, also entsprechend geschützt werden muss. Es ist natürlich kein wirtschaftlich tragfähiges Bauwerk, es gibt nur einen Mieter bis jetzt, eine Immobilienfirma aus China. Ist darüber geredet worden, oder stellt man sich vor, wie man dieser Misere entkommen kann, wie die aufgelöst werden soll?
Buttler: Das wird sehr, sehr schwierig. Die Immobilienfirma aus Peking ist in einem Gebäude, das jetzt schon steht, also Silverstein hat an der Ecke von Ground Zero Ecke Greenwich Street schon einen 52-stöckigen Wolkenkratzer gebaut und da ist eben diese Immobilienfirma drin, aber bei den Türmen sieht es so aus, dass es ganz, ganz schwer wird anscheinend, dass man dort überhaupt Mieter für findet. Und eine Umfrage hat gezeigt, dass mehr als die Hälfte der New Yorker sich weigern würde, in diesen Türmen auch zu arbeiten. Das heißt, es besteht wirklich ein massives Problem überhaupt dort Mieter zu finden, die dann auch solvent sind, und die auch die Mieten, die an einem solchem Platz dann gefordert werden, zahlen können. Das heißt, finanziell ist das Ganze auf sehr, sehr wackligen Beinen und die Perspektiven für ein Wirtschaftszentrum sind doch eher düster.
Brinkmann: Weshalb böse Zungen an der Wall Street wohl behaupten, dass sich Silverstein nach der Auszahlung weiterer Versicherungsgelder und staatlicher Kredithilfen möglicherweise aus dem Staub machen wird. Halten Sie das für wahrscheinlich?
Buttler: Also, das halte ich, ich glaube er ist zu bekannt, um sich einfach so aus dem Staub zu machen in New York. Das ist natürlich reine Spekulation, das sind, sage ich mal, wirklich die bösen Zungen, die im Jahr fünf nach dem 11. September so langsam aber sicher sicherlich sagen, wir möchten doch endlich mal Bewegung, denn auch Grund und Boden ist in New York nun mal, oder auch in Manhattan vielmehr auch sehr, sehr teuer, das heißt, man möchte endlich auch mal sagen, gerade wenn es auch von der Wall Street kommt, ja jetzt muss da endlich mal Bewegung rein und es muss etwas passieren. Und gleichzeitig natürlich auch von den Seiten der Familien, die sagen, wir möchten endlich dieses offene Grab, das ist für sie ja nun wirklich ist, endlich dafür eine Lösung. Wir möchten endlich dort einen Ort des Gedenkens, der nicht mehr aussieht wie eine Baustelle.
Brinkmann: Martina Buttler über der Stillstand auf Ground Zero.
Buttler: Michael Bloomberg will erst mal alle an einen Tisch bringen, dass war das wichtigste, denn es gibt so viele Parteien mit unterschiedlichen Interessen in dieser Planung, dass er gesagt hat, wir müssen endlich vorwärts kommen, wir müssen uns endlich mal auf eine Linie einigen. Das heißt, er hat an einen Tisch gebracht Gouverneur Pataki, Gouverneur Corsin und eben seine Wenigkeit selbst, um mal endlich eine Linie zu entwickeln für die Bebauung und für die Finanzierung an Ground Zero und dabei sind die Interessen wirklich sehr, sehr unterschiedlich.
So würde zum Beispiel Bürgermeister Bloomberg am liebsten selbst dort unten sehen, wenn eben zum Beispiel mehr Wohnraum entstehen würde, wenn man dort nicht versuchen würde, große Türme wieder hoch zu bauen, in denen eine Wirtschaftszentrale entsteht, sondern wenn man wirklich Häuser bauen würde, in denen auch Menschen wohnen und leben können. Gleichzeitig sind die Interessen von Gouverneur Pataki bis jetzt gewesen, dass er gesagt hat, ich möchte dort eigentlich diese zwei Türme wieder hochziehen als Symbol dafür, dass New York sich nicht erschrecken lässt und dafür, dass New York weiterhin ein starkes Wirtschaftszentrum ist. Und da ziehen alle an verschiedenen Strängen und er wollte jetzt mal eine Linie versuchen herzustellen.
Brinkmann: Larry Silverstein ist in den Augen vieler wahrscheinlich der Oberschurke, aber es gibt doch sicherlich noch andere Mitverantwortliche. Wer ist denn das zum Beispiel?
Buttler: Das sind eben wirklich diejenigen, die in die unterschiedlichen Ecken ziehen. Also Silverstein, Sie haben das schon angesprochen, ist vor allem jemand der, natürlich dadurch dass er diesen Grund und Boden kurz vor dem 11. September 2001 gepachtet hat, für 99 Jahre muss man dazu sagen, sagt so, jetzt möchte ich gerne sagen, was dort passiert und ich ziehe das auch alleine hoch, ihm geht fast das Geld aus. Und da kommen jetzt wieder Bloomberg und Pataki und Corsin ins Spiel die sagen, wir möchten aber etwas ganz anderes, wir möchten eine gesicherte Finanzierung und eben auch ein Bauwerk, was diesem Ort angemessen ist.
Und dann kommen natürlich auch wieder die Interessen der Hinterbliebenen mit ins Spiel rein, denn es gibt Pläne zum Beispiel wie dieses Memorial, diese Gedenkstätte aussehen soll, auch dort gibt es Auseinadersetzungen. Es sollen also die Namen der Opfer des World Trade Centers und der Opfer aus dem Pentagon und aus Pennsylvania und von den Attentaten auf das World Trade Center 1993 eingraviert werden. Und die Familien protestieren zum Beispiel dagegen, dass nicht gesagt werden soll, wer wo wann gestorben ist, dass das also zugeordnet wird.
Und so gibt es wirklich ganz, ganz viele Diskussionen in diesen ganzem Gemenge, wo die unterschiedlichsten Parteien sagen: Nein, das passt uns aber nicht, weil auf unsere Gefühle nicht Rücksicht genommen wird, nein, das passt uns nicht, weil das womöglich eben auch ein Angriffsfeld für Terroristen sein könnte, wenn man zwei Türme dort wieder hochzieht, ein besseres Ziel kann man ihnen doch eigentlich gar nicht geben. Und so kommen wirklich so viele unterschiedliche Interessen in dieses Spiel, dass auf Einigkeit erst mal nicht zu zählen ist.
Brinkmann: Das bestätigt das, was man sagt, dass nämlich das neue World Trade Center, ja, mit Ansprüchen überfrachtet ist, in moralischer Hinsicht durch die Hinterbliebenen, das haben Sie eben beschrieben, und dann, weil es ein Bollwerk gegen den Terrorismus sein soll, also entsprechend geschützt werden muss. Es ist natürlich kein wirtschaftlich tragfähiges Bauwerk, es gibt nur einen Mieter bis jetzt, eine Immobilienfirma aus China. Ist darüber geredet worden, oder stellt man sich vor, wie man dieser Misere entkommen kann, wie die aufgelöst werden soll?
Buttler: Das wird sehr, sehr schwierig. Die Immobilienfirma aus Peking ist in einem Gebäude, das jetzt schon steht, also Silverstein hat an der Ecke von Ground Zero Ecke Greenwich Street schon einen 52-stöckigen Wolkenkratzer gebaut und da ist eben diese Immobilienfirma drin, aber bei den Türmen sieht es so aus, dass es ganz, ganz schwer wird anscheinend, dass man dort überhaupt Mieter für findet. Und eine Umfrage hat gezeigt, dass mehr als die Hälfte der New Yorker sich weigern würde, in diesen Türmen auch zu arbeiten. Das heißt, es besteht wirklich ein massives Problem überhaupt dort Mieter zu finden, die dann auch solvent sind, und die auch die Mieten, die an einem solchem Platz dann gefordert werden, zahlen können. Das heißt, finanziell ist das Ganze auf sehr, sehr wackligen Beinen und die Perspektiven für ein Wirtschaftszentrum sind doch eher düster.
Brinkmann: Weshalb böse Zungen an der Wall Street wohl behaupten, dass sich Silverstein nach der Auszahlung weiterer Versicherungsgelder und staatlicher Kredithilfen möglicherweise aus dem Staub machen wird. Halten Sie das für wahrscheinlich?
Buttler: Also, das halte ich, ich glaube er ist zu bekannt, um sich einfach so aus dem Staub zu machen in New York. Das ist natürlich reine Spekulation, das sind, sage ich mal, wirklich die bösen Zungen, die im Jahr fünf nach dem 11. September so langsam aber sicher sicherlich sagen, wir möchten doch endlich mal Bewegung, denn auch Grund und Boden ist in New York nun mal, oder auch in Manhattan vielmehr auch sehr, sehr teuer, das heißt, man möchte endlich auch mal sagen, gerade wenn es auch von der Wall Street kommt, ja jetzt muss da endlich mal Bewegung rein und es muss etwas passieren. Und gleichzeitig natürlich auch von den Seiten der Familien, die sagen, wir möchten endlich dieses offene Grab, das ist für sie ja nun wirklich ist, endlich dafür eine Lösung. Wir möchten endlich dort einen Ort des Gedenkens, der nicht mehr aussieht wie eine Baustelle.
Brinkmann: Martina Buttler über der Stillstand auf Ground Zero.