Stimmgewalt in der Turnhalle
Aus einem kleinen Kinder- und Jugendchor aus Bonn, der nächstes Jahr sein 50-jähriges Bestehen feiert, ist heute eine geachtete Gesangsformation geworden. Die Kinderstimmen von einst sind zu klangvollen Frauenstimmen gereift.
Mit den zauberhaften Klängen der Kinderoper "Dornröschen" füllen die Sängerinnen des Kammerchors BonnSonata zu später Stunde eine Turnhalle im Bonner Stadtteil Oberkassel. Die 31 Frauen zwischen 18 und 62 Jahren studieren das Märchenstück für ihr nächstes Konzert im November ein.
Chorleiter Markus Karas, Ende 40, im Hauptberuf Organist und Regionalkantor der Stadt Bonn, leitet den Chor seit 2001. Gegründet wurde BonnSonata bereits 1961, nur hieß er damals noch nicht so. Entstanden ist er als ein Kinder- und Jugendchor, der anfangs aus gerade einmal acht Mädchen bestand. Susanne Freden singt seit 14 Jahren bei BonnSonata im Sopran. Sie erinnert sich, dass der Gründer Albert Ecker auch vor unlauteren Methoden nicht zurückscheute, um neue Mitglieder für den Chor zu rekrutieren:
"Ich bin erpresst worden. Mein Sohn wurde damals getauft und der damalige Organist war hier auch Chorleiter, der Herr Ecker, und der sagte, ich spiele auf der Taufe die Orgel, wenn du in meinen Chor kommst."
Bereut hat sie es nie. Dabei verlangt das anspruchsvolle Repertoire des Chores den Sängerinnen nicht nur stimmlich einiges ab. Bei manchen Liedern müssen sie auch mehr aus sich herausgehen, als sie es im Alltag gewohnt sind.
Gudrun Romis: "Man hat natürlich Stücke, die man gerne singt und nicht so gerne. Aber jedes neue Stück ist natürlich auch eine Herausforderung."
So sportlich wie Gudrun Romis, die bereits seit 35 Jahren den Alt des vierstimmigen Chores verstärkt, sehen es auch die anderen Damen des Ensembles. Ein Glück für Chorleiter Markus Karas, der neben der geistlichen, der Barock-, Renaissance- und romantischen Literatur gerne auch einmal neuere Werke einstudieren lässt, und dem Chor dadurch Stilrichtungen erschließt, die in der Vergangenheit eher zu kurz gekommen sind.
Markus Karas: "Was ich angetroffen hab, war noch ein groß gewordener Kinderchor-Klang, und das passte dann nicht mehr zusammen. Der Klang war supersauber, sehr exakt, aber kindlich. Und dann ging es drum, einen Frauenchor-Klang zu formen."
Seit vier Jahren hilft die Kölner Sopranistin Susanna Martin, den Klang von BonnSonata zu veredeln. Zweimal im Monat unterstützt sie die Proben und kitzelt in Einzelsitzungen mehr aus den Stimmen heraus, als die Sängerinnen selber zu träumen gewagt hätten.
Als Probenraum dient die kleine Turnhalle eines Sanatoriums in Bonn-Oberkassel. Sie wird seit Jahren nicht mehr für sportliche Zwecke benutzt, und an der Decke brennt nur noch eine Reihe Leuchtstoffröhren. Aber für die Übungen von Susanna Martin ist die Halle ideal:
"Wir sind hier schon rumgesprungen, wir haben hier schon laut rufend verschiedene Dinge veranstaltet. Man verliert da viel Scheu, weil eigentlich diese extremen Sachen, die wir beim Singen tun müssen, damit der Klang sich wirklich transportiert, da muss ich in anderen Dimensionen denken lernen und empfinden lernen. Ich muss anders mit mir umgehen, als wenn ich in der Straßenbahn sitze.
Okay, wir schütteln uns. Den rechten Arm. Den linken Arm. Und obenrum. Keine Peinlichkeiten. Wir haben einen jungen Mann dabei, dem können wir zeigen, was wir haben!"
Die Übungen zahlen sich aus. Astrid Bott singt seit ihrer Einschulung im Chor. Aber durch die Einzelsitzungen bei Susanna Martin hat sie ganz neue stimmliche Möglichkeiten bei sich entdeckt:
"Es war eine ganze Zeit lang nicht mehr so sehr schön zu singen. Ich hatte oft danach Schmerzen im Hals, sodass die Technik komplett falsch war. Und jetzt … also ich merke, es wird richtig körperlich, es wird richtig schön rund."
Diesen Eindruck bestätigt auch Altistin Annegret Brenner:
"Wenn man von dieser Einzelstimmbildung rausgeht, ist man größer, toller, schöner als vorher. Es ist eine absolute Motivation, es ist einfach unheimlich positiv. Und man hat ein ganz anderes Gefühl zu seiner Stimme entwickelt, als man es vorher hatte."
Wie diszipliniert und präzise BonnSonata arbeitet, verblüfft auch Chorleiter Markus Karas immer wieder. Bei der Probe kramt er ein lange nicht gesungenes Stück aus dem Repertoire des Chores hervor: das Kyrie von Henk Badings.
Markus Karas: "Acht Jahre lang dieses schwere Stück nicht gesungen, und faktisch wie eine Jukebox. Also ich sag immer, die sind wie eine Jukebox. Man wirft eine Münze ein, wählt den Titel an und es läuft fast."
Um mit seiner Chorarbeit nicht nur im eigenen Saft zu schmoren, ist ihm die Meinung von Kollegen zwischendurch ebenso wichtig wie die Teilnahme an Wettbewerben mit BonnSonata. Nur so wissen er und die Sängerinnen, wo sie als Ensemble im Vergleich tatsächlich stehen. Und das Ergebnis kann sich hören lassen!
Markus Karas: "Letztendlich ist der Chor in der Beziehung unglaublich professionell. Und wenn es um den Punkt geht, wo's gilt, da kommt tatsächlich noch mal so viel drauf, dass man als Dirigent nur vorne steht und strahlt."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.
Chorleiter Markus Karas, Ende 40, im Hauptberuf Organist und Regionalkantor der Stadt Bonn, leitet den Chor seit 2001. Gegründet wurde BonnSonata bereits 1961, nur hieß er damals noch nicht so. Entstanden ist er als ein Kinder- und Jugendchor, der anfangs aus gerade einmal acht Mädchen bestand. Susanne Freden singt seit 14 Jahren bei BonnSonata im Sopran. Sie erinnert sich, dass der Gründer Albert Ecker auch vor unlauteren Methoden nicht zurückscheute, um neue Mitglieder für den Chor zu rekrutieren:
"Ich bin erpresst worden. Mein Sohn wurde damals getauft und der damalige Organist war hier auch Chorleiter, der Herr Ecker, und der sagte, ich spiele auf der Taufe die Orgel, wenn du in meinen Chor kommst."
Bereut hat sie es nie. Dabei verlangt das anspruchsvolle Repertoire des Chores den Sängerinnen nicht nur stimmlich einiges ab. Bei manchen Liedern müssen sie auch mehr aus sich herausgehen, als sie es im Alltag gewohnt sind.
Gudrun Romis: "Man hat natürlich Stücke, die man gerne singt und nicht so gerne. Aber jedes neue Stück ist natürlich auch eine Herausforderung."
So sportlich wie Gudrun Romis, die bereits seit 35 Jahren den Alt des vierstimmigen Chores verstärkt, sehen es auch die anderen Damen des Ensembles. Ein Glück für Chorleiter Markus Karas, der neben der geistlichen, der Barock-, Renaissance- und romantischen Literatur gerne auch einmal neuere Werke einstudieren lässt, und dem Chor dadurch Stilrichtungen erschließt, die in der Vergangenheit eher zu kurz gekommen sind.
Markus Karas: "Was ich angetroffen hab, war noch ein groß gewordener Kinderchor-Klang, und das passte dann nicht mehr zusammen. Der Klang war supersauber, sehr exakt, aber kindlich. Und dann ging es drum, einen Frauenchor-Klang zu formen."
Seit vier Jahren hilft die Kölner Sopranistin Susanna Martin, den Klang von BonnSonata zu veredeln. Zweimal im Monat unterstützt sie die Proben und kitzelt in Einzelsitzungen mehr aus den Stimmen heraus, als die Sängerinnen selber zu träumen gewagt hätten.
Als Probenraum dient die kleine Turnhalle eines Sanatoriums in Bonn-Oberkassel. Sie wird seit Jahren nicht mehr für sportliche Zwecke benutzt, und an der Decke brennt nur noch eine Reihe Leuchtstoffröhren. Aber für die Übungen von Susanna Martin ist die Halle ideal:
"Wir sind hier schon rumgesprungen, wir haben hier schon laut rufend verschiedene Dinge veranstaltet. Man verliert da viel Scheu, weil eigentlich diese extremen Sachen, die wir beim Singen tun müssen, damit der Klang sich wirklich transportiert, da muss ich in anderen Dimensionen denken lernen und empfinden lernen. Ich muss anders mit mir umgehen, als wenn ich in der Straßenbahn sitze.
Okay, wir schütteln uns. Den rechten Arm. Den linken Arm. Und obenrum. Keine Peinlichkeiten. Wir haben einen jungen Mann dabei, dem können wir zeigen, was wir haben!"
Die Übungen zahlen sich aus. Astrid Bott singt seit ihrer Einschulung im Chor. Aber durch die Einzelsitzungen bei Susanna Martin hat sie ganz neue stimmliche Möglichkeiten bei sich entdeckt:
"Es war eine ganze Zeit lang nicht mehr so sehr schön zu singen. Ich hatte oft danach Schmerzen im Hals, sodass die Technik komplett falsch war. Und jetzt … also ich merke, es wird richtig körperlich, es wird richtig schön rund."
Diesen Eindruck bestätigt auch Altistin Annegret Brenner:
"Wenn man von dieser Einzelstimmbildung rausgeht, ist man größer, toller, schöner als vorher. Es ist eine absolute Motivation, es ist einfach unheimlich positiv. Und man hat ein ganz anderes Gefühl zu seiner Stimme entwickelt, als man es vorher hatte."
Wie diszipliniert und präzise BonnSonata arbeitet, verblüfft auch Chorleiter Markus Karas immer wieder. Bei der Probe kramt er ein lange nicht gesungenes Stück aus dem Repertoire des Chores hervor: das Kyrie von Henk Badings.
Markus Karas: "Acht Jahre lang dieses schwere Stück nicht gesungen, und faktisch wie eine Jukebox. Also ich sag immer, die sind wie eine Jukebox. Man wirft eine Münze ein, wählt den Titel an und es läuft fast."
Um mit seiner Chorarbeit nicht nur im eigenen Saft zu schmoren, ist ihm die Meinung von Kollegen zwischendurch ebenso wichtig wie die Teilnahme an Wettbewerben mit BonnSonata. Nur so wissen er und die Sängerinnen, wo sie als Ensemble im Vergleich tatsächlich stehen. Und das Ergebnis kann sich hören lassen!
Markus Karas: "Letztendlich ist der Chor in der Beziehung unglaublich professionell. Und wenn es um den Punkt geht, wo's gilt, da kommt tatsächlich noch mal so viel drauf, dass man als Dirigent nur vorne steht und strahlt."
Immer mehr Menschen in Deutschland singen im Chor. In Zusammenarbeit mit der Arbeitsgemeinschaft deutscher Chorverbände (ADC) stellt Deutschlandradio Kultur jeden Freitag um 10:50 Uhr im Profil Laienchöre aus der ganzen Republik vor: Im "Chor der Woche" sollen nicht die großen, bekannten Chöre im Vordergrund stehen, sondern die Vielfalt der "normalen" Chöre in allen Teilen unseres Landes: mit Sängern und Sängerinnen jeden Alters, mit allen Variationen des Repertoires, ob geistlich oder weltlich, ob klassisch oder Pop, Gospel oder Jazz und in jeder Formation und Größe.