Stinktiere liefern Jugendelixier
Der vermutlich älteste Mann der Welt lebt in Bolivien, 123 Jahre alt soll er sein. Das Beweismittel für sein Alter ist ein alter Personalausweis. Warum er so alt geworden ist? Der Greis verdanke sein stolzes Alter einem speziellen Lebensmittel: Stinktierfett.
Der älteste Mann der Welt soll am Titicacasee leben. Ob er wirklich stolze 123 Lenze zählt, weiß natürlich niemand. Alle wichtigen Zeugen sind längst verstorben, wer kann schon mit Sicherheit sagen, wem der alte Personalausweis wirklich gehört. Doch kaum hatte die Kunde die Redaktionen erreicht, pilgerten Journalisten zu dem bolivianischen Greis, um aus seinem Munde das Geheimrezept für ein hohes Alter zu vernehmen. Vielleicht kennt er ja das göttliche Manna, das uns Menschen unsterblich macht.
Und was antwortete der greise Aymara-Indio? Tofu? Vitamintabletten? Roter Bordeaux? Nein. Er äße gern Kartoffeln und gönne sich hin und wieder eine Portion Stinktierfett. Mit den Kartoffeln ist kein Staat zu machen – aber Stinktierfett, das ist endlich mal was Neues. Skunks liefern nicht nur einen hübschen Pelz und schmackhaftes Fleisch, sondern auch Fett. Bei hartnäckigem Husten wurde den Kindern einst ein Löffelchen davon eingeflößt, später kam es nur noch äußerlich zur Anwendung – zum Aufweichen der Hornhaut.
In Australien erlebt das Emu-Öl einen Höhenflug, der dem Vogel nicht vergönnt ist. Der Emu ist den Aborigines ein heiliges Tier, nach ihren Sagen soll einst ein Emu den Menschen das Licht gebracht haben. Sein Fett galt als heilkräftig und diente zur Behandlung von Wunden. Jetzt wurde es "wiederentdeckt", zu einem Gesundheitselixier gekürt und es wird kolportiert, eine Schauspielerin hätte sich das auf die Falten geschmiert. Prompt kostet ein Liter Emu-Öl satte 1.000 Dollar. Ein ausgemäste-ter Emu liefert etwa 6 Liter Fett. Der Kunde darf nun mit dem Erwerb des Öls zurück in die sagenumwobene Traumzeit des Outbacks reisen, der Mäster nimmt sich mit dem Extra-Geld eine Auszeit für eine Traumreise.
Auch bei uns kommen die Fette der Altvorderen wieder zu Ehren. Mit dem Interesse an der Naturheilmedizin finden seltsame Tiere wieder ihren Weg in die Haushalte. Groß im Kommen ist Bärenfett. Damit hat bereits die Nonne Hildegard von Bingen allerlei Salben angerührt. Wer sich nach einer ganzheitlichen Therapie aus dem Mittelalter sehnt, der pflegt seine Wehwehchen mit echtem Bärenschmalz.
Ein possierlicher Nager hat bis zum heutigen Tage treue Abnehmer für sein Fett, namentlich unter Sportsfreunden: Es ist das Murmeltier. Im Gegensatz zu Stinktierfett, Emu-Öl und Bärenschmalz ist seine Wirkung bei rheumatischen Erkrankungen und Hautproblemen sogar belegt. Murmeltierfett enthält von Natur aus das altbewährte Cortison und verwandte Hormone – bis zu 50 Milligramm pro Kilo. Das hilft bei Entzündungen aller Art. Es ist eines unserer ältesten Heilmittel. Gleiches trifft übrigens auch für das Hundefett zu. Früher kamen vor allem Schwindsüchtige in seinen Genuss. Bei Grippe wurden zwei Esslöffel in heißes Bier eingerührt, das half beim Schwitzen. Hundefett ist bis heute gefragt, auch wenn es nur noch auf dem Schwarzmarkt von illegalen Hundemästern erhältlich ist.
Tierische Fette haben eine lange Tradition in der abendländischen Medizin. In der Antike verordnete der berühmte Arzt Dioscurides Fuchsfett gegen Ohrenschmerzen. Sein nicht minder antiker Kollege Galen empfahl, gleich den kompletten Fuchs – natürlich nachdem man ihm das Fell abgezogen hatte - mit Olivenöl und etwas Thymian auszukochen, wohl um den Geschmack des Fettes zu verbessern. Ein großer Fan vom Fuchsfett war der berühmte Priester Sebastian Kneipp. Bei Nabelbrüchen genügten ihm kalte Güsse allein nicht – für die Genesung brauchte es auch das Fett der Füchse.
Es ist schon merkwürdig: Viele Gesundheitsapostel warnen vor tierischen Fetten, als hinge davon das Wohl und Wehe der Menschheit ab – und das obwohl Butterfett oder Schmalz nicht nur schmackhaft sind, sondern gleichermaßen als Heilmittel galten. Stattdessen werden in denselben Kreisen dubiose Fette undefinierbarer Herkunft mit unbekannten Wirkungen zu horrenden Preisen gekauft. Während der Stern von Butter und Schmalz sinkt, steigt der Kurs der Elixiere der Stinktiere unaufhaltsam. Mahlzeit!
Literatur:
Anderson JM, Merrill EC: Pure skunk fat. American Pharmaceutical Association 1921; 10: 213
Janos E: Country Folk Medicine. Tales of Skunk Oil, Sassafras Tea & Other Old-Time Remedies. Gala-had, New York 1995
Mincham R et al: Assessment of fat content and body condition in the emu. Animal Production in Australia 1988; 22: 197-200
Carroll R, Martine CT: An ecological and cultural review of the emu (Dromaius novaehollandiae): Dream-time – present. Scientia Discipulorum Plattsburgh State University 2011; 5: 77-90
Jehle K: Die Jagd auf das Murmeltier. Wildbiologie 2012; H.5: S.8-10
Most GF: Enzyklopädie der gesamten Volksmedizin. Brockhaus, Leipzig 1843
Hahnemann S: Apothekerlexikon. Crusius, Leipzig 1793
Aubrecht G: Allerlei Ergötzliches und Wissenswertes über das Alpenmurmeltier (Marmota m. marmota). In: Aubrecht G, Preleuthner M: Murmeltiere. Österreichisches Landesmuseum 1999, S.177-206
Wagner H, Nusser D: Murmeltier- und Dachsfett. Das antiphlogistisch wirkende Prinzip. Deutsche Apo-thekerzeitung 1988; 128: 1921-1923
Kneipp S: Meine Wasserkur. Kösel’sche Buchhandlung, Kempten 1894
Kugener A: Menschenfett. Bulletin de la Société des Sciences Médicales du Grand Duché de Luxem-bourg. 2011; (2): 71-75
Schneider W: Tierische Drogen. Govi, Frankfurt/M. 1968
Und was antwortete der greise Aymara-Indio? Tofu? Vitamintabletten? Roter Bordeaux? Nein. Er äße gern Kartoffeln und gönne sich hin und wieder eine Portion Stinktierfett. Mit den Kartoffeln ist kein Staat zu machen – aber Stinktierfett, das ist endlich mal was Neues. Skunks liefern nicht nur einen hübschen Pelz und schmackhaftes Fleisch, sondern auch Fett. Bei hartnäckigem Husten wurde den Kindern einst ein Löffelchen davon eingeflößt, später kam es nur noch äußerlich zur Anwendung – zum Aufweichen der Hornhaut.
In Australien erlebt das Emu-Öl einen Höhenflug, der dem Vogel nicht vergönnt ist. Der Emu ist den Aborigines ein heiliges Tier, nach ihren Sagen soll einst ein Emu den Menschen das Licht gebracht haben. Sein Fett galt als heilkräftig und diente zur Behandlung von Wunden. Jetzt wurde es "wiederentdeckt", zu einem Gesundheitselixier gekürt und es wird kolportiert, eine Schauspielerin hätte sich das auf die Falten geschmiert. Prompt kostet ein Liter Emu-Öl satte 1.000 Dollar. Ein ausgemäste-ter Emu liefert etwa 6 Liter Fett. Der Kunde darf nun mit dem Erwerb des Öls zurück in die sagenumwobene Traumzeit des Outbacks reisen, der Mäster nimmt sich mit dem Extra-Geld eine Auszeit für eine Traumreise.
Auch bei uns kommen die Fette der Altvorderen wieder zu Ehren. Mit dem Interesse an der Naturheilmedizin finden seltsame Tiere wieder ihren Weg in die Haushalte. Groß im Kommen ist Bärenfett. Damit hat bereits die Nonne Hildegard von Bingen allerlei Salben angerührt. Wer sich nach einer ganzheitlichen Therapie aus dem Mittelalter sehnt, der pflegt seine Wehwehchen mit echtem Bärenschmalz.
Ein possierlicher Nager hat bis zum heutigen Tage treue Abnehmer für sein Fett, namentlich unter Sportsfreunden: Es ist das Murmeltier. Im Gegensatz zu Stinktierfett, Emu-Öl und Bärenschmalz ist seine Wirkung bei rheumatischen Erkrankungen und Hautproblemen sogar belegt. Murmeltierfett enthält von Natur aus das altbewährte Cortison und verwandte Hormone – bis zu 50 Milligramm pro Kilo. Das hilft bei Entzündungen aller Art. Es ist eines unserer ältesten Heilmittel. Gleiches trifft übrigens auch für das Hundefett zu. Früher kamen vor allem Schwindsüchtige in seinen Genuss. Bei Grippe wurden zwei Esslöffel in heißes Bier eingerührt, das half beim Schwitzen. Hundefett ist bis heute gefragt, auch wenn es nur noch auf dem Schwarzmarkt von illegalen Hundemästern erhältlich ist.
Tierische Fette haben eine lange Tradition in der abendländischen Medizin. In der Antike verordnete der berühmte Arzt Dioscurides Fuchsfett gegen Ohrenschmerzen. Sein nicht minder antiker Kollege Galen empfahl, gleich den kompletten Fuchs – natürlich nachdem man ihm das Fell abgezogen hatte - mit Olivenöl und etwas Thymian auszukochen, wohl um den Geschmack des Fettes zu verbessern. Ein großer Fan vom Fuchsfett war der berühmte Priester Sebastian Kneipp. Bei Nabelbrüchen genügten ihm kalte Güsse allein nicht – für die Genesung brauchte es auch das Fett der Füchse.
Es ist schon merkwürdig: Viele Gesundheitsapostel warnen vor tierischen Fetten, als hinge davon das Wohl und Wehe der Menschheit ab – und das obwohl Butterfett oder Schmalz nicht nur schmackhaft sind, sondern gleichermaßen als Heilmittel galten. Stattdessen werden in denselben Kreisen dubiose Fette undefinierbarer Herkunft mit unbekannten Wirkungen zu horrenden Preisen gekauft. Während der Stern von Butter und Schmalz sinkt, steigt der Kurs der Elixiere der Stinktiere unaufhaltsam. Mahlzeit!
Literatur:
Anderson JM, Merrill EC: Pure skunk fat. American Pharmaceutical Association 1921; 10: 213
Janos E: Country Folk Medicine. Tales of Skunk Oil, Sassafras Tea & Other Old-Time Remedies. Gala-had, New York 1995
Mincham R et al: Assessment of fat content and body condition in the emu. Animal Production in Australia 1988; 22: 197-200
Carroll R, Martine CT: An ecological and cultural review of the emu (Dromaius novaehollandiae): Dream-time – present. Scientia Discipulorum Plattsburgh State University 2011; 5: 77-90
Jehle K: Die Jagd auf das Murmeltier. Wildbiologie 2012; H.5: S.8-10
Most GF: Enzyklopädie der gesamten Volksmedizin. Brockhaus, Leipzig 1843
Hahnemann S: Apothekerlexikon. Crusius, Leipzig 1793
Aubrecht G: Allerlei Ergötzliches und Wissenswertes über das Alpenmurmeltier (Marmota m. marmota). In: Aubrecht G, Preleuthner M: Murmeltiere. Österreichisches Landesmuseum 1999, S.177-206
Wagner H, Nusser D: Murmeltier- und Dachsfett. Das antiphlogistisch wirkende Prinzip. Deutsche Apo-thekerzeitung 1988; 128: 1921-1923
Kneipp S: Meine Wasserkur. Kösel’sche Buchhandlung, Kempten 1894
Kugener A: Menschenfett. Bulletin de la Société des Sciences Médicales du Grand Duché de Luxem-bourg. 2011; (2): 71-75
Schneider W: Tierische Drogen. Govi, Frankfurt/M. 1968