"Geliebt, gepflegt und mit Blumen geschmückt"
Fast jeder kennt die Stolpersteine, die auf den Gehwegen vor Wohnhäusern an die Deportation und Ermordung jüdischer Bürger erinnern. Doch in München hat der Stadtrat sein Verbot der Steine erneut bekräftigt. Aktivist Terry Swartzberg will jedoch nicht aufgeben.
Jeder kennt sie und jeder ist bestimmt schon mal über sie gestolpert in irgendeiner deutschen Stadt: Die Stolpersteine, die an die jüdsichen Mitmenschen erinnern, die einst in den Häusern lebten und von den Nazis depotiert wurden.
Nur in München wird es bis auf weiteres keine Erinnerungssteine geben. Der Stadtrat hat sich dem "Nein" der Israelitischen Kultusgemeinde angeschlossen. Deren Präsidentin Charlotte Knobloch möchte nicht, dass Gedenksteine an die Ermordeten im wahrsten Sinne des Wortes mit Füßen getreten oder gar geschändet werden. Sie bevorzugt Gedenktafeln an Häuserwänden.
Darf eine Gemeinde für alle sprechen?
Terry Swartzberg, amerikanischer Journalist jüdischen Glaubens, lebt seit 30 Jahren in München und hat die Initiative Stolpersteine für München e.V. mitgegründet. Die Argumentation des Münchner Stadtrats findet er "skandalös": Es könne nicht sein, dass eine unter zwölf Gemeinden Entscheidungen für alle jüdischen Bürger in München treffen dürfe. Dagegen wollen Swartzberg und seine Mitstreiter nun juristisch argumentieren. Der nächste Brief an den Stadtrat ist bereits geschrieben.
Die Befürchtung, die Stolpersteine würden geschändet, teilt Swartzberg nicht. Im Gegenteil, es habe in der letzten Zeit unter 54.000 verlegten Steinen lediglich 200 solcher Fälle gegeben: "Stolpersteine sind genau die Art des Gedenkens, die am seltensten geschändet wird. ... Warum? Weil die Steine von den Menschen gespendet werden, die in den Häusern leben. Und das heißt: Sie fühlen sich verantwortlich für die Stolpersteine vor ihrer Haustür – mit ihrer Genehmigung, mit ihrem Willen, mit ihrer Begeisterung."
In Berlin könne man beispielsweise sehr gut sehen, dass die Menschen die Steine pflegen und nicht schänden. In Hamburg habe die Stadtverwaltung den Versuch aufgegeben, Schändungsfälle zu dokumentieren, weil es so wenige gebe.
Auch die wenigen Stolpersteine, die es in München auf Privatgrundstücken gebe – dort sind sie erlaubt – würden "geliebt, gepflegt und mit Blumen geschmückt".