Story-Slam in New York

Intime Geschichten vor großem Publikum

Straßenkreuzung im New Yorker Stadtteil SoHo
Die Story-Slams gibt es auch im New Yorker Stadtteil SoHo. © dpa / picture alliance / Maximilian Schönherr
Von Kai Clement |
Wer möchte eine Geschichte aus seinem Leben erzählen, die spannend, berührend oder auch ein bisschen peinlich ist? In New York und immer mehr anderen amerikanischen Städten ist es möglich, an einer Art Story-Slam teilzunehmen - fünf Minuten lang und vor vollem Haus.
Tief durch das Haus erstreckt sich die Buchhandlung im Stadtteil SoHo. Dunkle Holzvertäfelung. Galerien mit Wendeltreppen. Ein Schmuckstück. Ein zum Bersten gefülltes Schmuckstück. Die Besucher, sie sitzen auf den Treppen vor und neben der Bühne. Es geht um wahre Geschichten aus dem eigenen Leben, erzählt in maximal fünf Minuten. Vielleicht nicht sehr deutsch, schmunzelt die Moderatorin des Abends, Ophira Eisenberg. Ein bisschen, wie schmutzige Wäsche zu lüften.
"Noch bevor sie Neuro-Wissenschaftlerin werden wollte, wollte sie ein Broadway Star werden."
Erzählt diese Teilnehmerin. Ein packender Start hilft, das Publikum in den Bann zu ziehen. Witz, Gefühl, prägnantes Erzählen, all das gehört dazu. Sean ist nervös. Kurz entschlossen hat er gerade seinen Namen in den Hut geworfen. Falls er - als einer von zehn - gezogen wird, darf er seine Geschichte zu erzählen. Jetzt findet sich selbst ganz schön mutig.
"Sehr persönliche, vielleicht auch intime Geschichten preiszugeben – das sei die Magie des Abends."
Erfunden hat diese Mischung aus Intimität, Nähe, freiem Erzähltalent - und vielleicht auch ein bisschen Fremdschämen - der Autor George Dawes Green und nannte sie "Die Motten". Denn so hieß bereits ein Freundeskreis in Georgia, erklärt die Managerin der Veranstaltung Robin Wachsberger.
"Sie trafen sich auf einer Veranda, in den Südstaaten. Schlürften Bourbon. Sie nannten sich Die Motten. Die Motten, die sich um das Licht versammeln, – das Licht ist der Geschichtenerzähler."
"Nervenaufreibend war es"
Von New York aus hat sich die Idee inzwischen in 15 Städte ausgebreitet.
Er hat es überstanden - Sean kommt von der Bühne. Seine Freunde spendieren ihm ein Bier zur Beruhigung.
"Nervenaufreibend war es, intensiv."
Sean hat erzählt, wie ihn sein Navigationssystem als vermeintlich kürzesten Weg über Kanada geleitet hat. Er hatte sich die Route nicht angesehen und stand auf einmal nichts ahnend in einer Grenzkontrolle – mit Marihuana im Kofferraum - ganz legal im Staat Colorado erworben.
Sean war alles andere als perfekt vorbereitet – aber das Publikum hat ihn dennoch getragen. So ist es immer, sagt die Moderatorin Ophira Eisenberg.
"Das Publikum fiebert mit: Hoffentlich kommt er da heil raus!!! Die Leute machen wirklich Stimmung."
Mit Punktzahlen wie beim Eiskunstlauf bewerten Juroren aus dem Publikum die Geschichten. Der Gewinner kommt eine Runde weiter. Sean hat es nicht geschafft.
"Ich habe gemerkt, wie ich das Publikum manchmal verloren habe. Das waren so die Stellen, die ich - wenn ich es vorher gewusst hätte - gestrafft und geändert hätte."
Aber: Er konnte sein Erlebnis teilen. Nicht immer so einfach im hektischen New York - auch das ist die Idee hinter 'den Motten'.
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