Strähnchen statt Stütze
200 Einwohner, 150 Friseure - im polnischen Grenzdorf Osinów Dolny boomt das Dienstleistungsgewerbe. In zahlreichen Holz- und Wellblechhütten bieten vor allem Friseure ihre Dienste der deutschen Kundschaft an.
Salon Barbara, Jola oder einfach Frisyrskie – bunte Reklameschilder säumen die Hauptstraße von Osinów Dolny. Die dazugehörigen Läden sind untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten, zwischen Billig-Supermärkten, Billig-Tankstellen und Billig-Zigarettenläden, untergebracht in kleinen Holz- und Wellblechhütten. Etwa 150 Friseure aus der ganzen Region pendeln täglich in das 200-Seelendorf, um vor allem deutschen Kunden die Haare schön zu machen. Edyta Purczyrisko ist eine von ihnen. Die 28-Jährige verdient hier fast doppelt so viel wie ihre Kollegen im Landesinneren.
"Es ist nicht so wie auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Es ist hier anders. Hier gibt es mehr zu verdienen und es gibt mehr Arbeit, weil es mehr Deutsche gibt. Auch weil es hier diesen billigen Supermarkt gibt, Biedronka, auch das lockt die Deutschen her."
Deutsche Kundinnen wie Berta Sitte. Entspannt sitzt die 68-Jährige auf dem Frisierstuhl im Salon Ada, während Purczyrisko ihr den Umhang anlegt. Die Rentnerin kommt seit 20 Jahren zum Haareschneiden in das "Dorf der Frisöre".
"Mir gefällt es hier. Ist preiswert, vor allen Dingen. Wenn ich sonst mit meine kleinen Haare in Deutschland gehe, bezahle ich 14, 15 Euro für so einen Schnitt, hier bezahle ich 8 und das ist ein Unterschied."
Acht Euro inklusive Föhnen: Das zieht deutsche Kunden in das polnische Dorf hinter der Grenze. An einen Ort, in dem es mehr Frisörläden gibt als Einfamilienhäuser. Das lockt die Schnäppchenjäger jenseits der Oder.
"Manchmal is proppenvoll hier. Wenn es Geld gibt. Die Arbeitslosen, ne. Also da muss man sich festhalten. Da braucht man schon mal zwei Stunden ehe man drankommt hier."
"Es ist nicht so wie auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Es ist hier anders. Hier gibt es mehr zu verdienen und es gibt mehr Arbeit, weil es mehr Deutsche gibt. Auch weil es hier diesen billigen Supermarkt gibt, Biedronka, auch das lockt die Deutschen her."
Deutsche Kundinnen wie Berta Sitte. Entspannt sitzt die 68-Jährige auf dem Frisierstuhl im Salon Ada, während Purczyrisko ihr den Umhang anlegt. Die Rentnerin kommt seit 20 Jahren zum Haareschneiden in das "Dorf der Frisöre".
"Mir gefällt es hier. Ist preiswert, vor allen Dingen. Wenn ich sonst mit meine kleinen Haare in Deutschland gehe, bezahle ich 14, 15 Euro für so einen Schnitt, hier bezahle ich 8 und das ist ein Unterschied."
Acht Euro inklusive Föhnen: Das zieht deutsche Kunden in das polnische Dorf hinter der Grenze. An einen Ort, in dem es mehr Frisörläden gibt als Einfamilienhäuser. Das lockt die Schnäppchenjäger jenseits der Oder.
"Manchmal is proppenvoll hier. Wenn es Geld gibt. Die Arbeitslosen, ne. Also da muss man sich festhalten. Da braucht man schon mal zwei Stunden ehe man drankommt hier."
Und weil das Interesse deutscher Käufer so groß und die Arbeitslosigkeit auf polnischer Seite so hoch waren, haben lokale Arbeitsagenturen die grenznahen Geschäfte unterstützt. Mit speziellen Umschulungen und Zuschüssen zu einer selbständigen Tätigkeit in der Gastronomie, im Bauwesen oder eben in der Friseurbranche, sagt Arbeitsvermittlerin Regina Gebhardt-Hille:
"Gerade die Dienstleistungen sind ja teilweise noch preiswerter als in Deutschland. Und dann hat man dann gesagt okay, wir bieten jetzt hier speziell in der Grenzregion was an, weil wir wissen, die deutschen Kunden kommen über die Grenze und nehmen die Dienstleistungen in Anspruch."
Die 55-jährige Berlinerin mit dem grauen Kurzhaarschnitt ist Beraterin für das europäische Arbeitsvermittlungsprogramm EURES. Sie ist jeden Montag und Freitag in der deutsch-polnischen Grenzregion unterwegs und vermittelt Jobs über die Grenzen hinweg. Hauptsächlich an Polen, die in Deutschland Arbeit suchen – umgekehrt sei das Interesse eher gering.
"Die Leute, die jetzt direkt aus Chojna kommen, aus kleineren Dörfern, haben manchmal nicht mal die Möglichkeit nach Chojna zu kommen, weil es fährt halt einfach nichts. Und wer kein eigenes Auto hat oder ein anderes Fahrzeug, der hat dann halt einfach Pech ne."
Findige Arbeitsuchende bilden mittlerweile private Fahrgemeinschaften, um zur Arbeitsstelle in Schwedt, Angermünde oder Eberswalde zu gelangen. Wieslaw Rzeszótko ist einer von ihnen. Der 52-Jährige sagt, das tägliche Pendeln über die Grenze störe ihn nicht. Er ist bereit, jeden Job anzunehmen – vom Fahrer bis zum Lagerarbeiter. Aber als ihm Gebhardt-Hille dann eine Stelle als Bestatter anbietet, lehnt er doch lachend ab. Trotzdem so flexibel ist nicht jeder, der sich bei Gebhardt-Hille beraten lässt. Und auch nicht so qualifiziert wie der gelernte Lagerist mit Deutschkenntnissen.
"Die größte Hürde ist das Sprachproblem und eine zweite Hürde ist die Bereitschaft der deutschen Arbeitgeber, auch ausländische Arbeitskräfte einzustellen. Obwohl der Weg teilweise relativ kurz ist über die Grenze, haben wir da noch relativ viel Aufklärungsarbeit zu leisten."
Während Berta Sitte sich die Haare föhnen lässt, ist ihr Mann unterwegs, um noch schnell den Wagen günstig vollzutanken. Im Osinów Dolny haben die Menschen eine Alternative gefunden zur Arbeit im Nachbarland. Die Geschäfte laufen gut, allein im Salon Ada können davon fünf Friseurinnen leben. Viel geredet wird bei der Arbeit allerdings nicht. Nur der Fernseher dröhnt in der Ecke. So gut wie keiner der Kunden spricht hier Polnisch. Ein Fingerzeig auf die Frisur in einer Frauenzeitschrift genügt. Die wichtigsten Vokabeln hat Purczyrisko allerdings parat.
"Strähnchen, Färben, Schneiden. So ist das. Dauerwelle. Wickler machen."
Völkerverständigung unter der Trockenhaube - in der deutsch-polnischen Grenzregion ist da noch Luft nach oben.