Strafrechtler: "Grundgedanke von Menschlichkeit" fehlt im US-Recht

Auf die Hinrichtung des wegen Mordes verurteilten Häftlings Troy Davis in den USA hat Albin Eser, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht, mit Unverständnis reagiert.
In Deutschland gebe es zum Beispiel "die Möglichkeit der Wiederaufnahme des Verfahrens, vor allem in den Fällen, in denen ein Zeuge nachher zugibt, eine falsche Aussage gemacht zu haben", sagte Eser. In den USA seien "diese Rechtsmittel allerdings sehr viel mehr beschränkt." Ein Verurteilter müsse dort seine Unschuld beweisen - und das "wird nicht einfach sein".

Die Todesstrafe sei im Rechtsverständnis der USA verankert, so Eser. Wenn man dort von "justice", also von Gerechtigkeit spreche, sei damit "eben meistens Vergeltung gemeint", erklärt der Strafrechtler. "Ein Satz wie der unseres Bundesverfassungsgerichts, dass jeder Verurteilte die Chance haben muss, wieder in die menschliche Gemeinschaft zurückzukehren, (…) dieser Grundgedanke von Menschlichkeit ist im amerikanischen Recht noch nicht weit genug durchgedrungen."

Gestern Abend wurde der 42-jährige Troy Davis im US-Bundesstaat Georgia durch die Giftspritze hingerichtet. Er wurde beschuldigt, im August 1989 einen jungen Polizisten umgebracht zu haben. Sieben von neun Belastungszeugen hatten ihre Aussage nach dem Richterspruch widerrufen. Davis beteuerte bis zum Schluss seine Unschuld. Gegen das umstrittene Todesurteil gab es weltweit Proteste.

Das vollständige Gespräch können Sie bis zum 22. Februar 2012 als mp3-Audio in unserem Audio-On-Demand-Player nachhören.

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