"Strasse der Freiheit" in Nairobi

Staus und jede Menge Leben

Autoschlange in Nairobi, Kenia, aufgenommen 2006
Autoschlange in Nairobi, Kenia © picture alliance / dpa / epa Stephen Morrison
Von Linda Staude |
Der Uhuru Highway ist die einzige große und durchgehende Verkehrsader mitten durch Nairobi - und immer völlig verstopft. Das ist dem Verkehrsminister ein Dorn im Auge, aber gut für die Straßenhändler, die sich die Reviere untereinander aufteilen.
Berufsverkehr auf dem Uhuru Highway. Ein Verkehrspolizist hat die endlose Autokolonne am riesigen Nyayo-Kreisel gestoppt. Für mindestens zehn Minuten geht hier gar nichts mehr.
Vom Mittelstreifen stürzt sich eine Handvoll Straßenhändler zwischen die Autos. Einer bietet Bananen an, andere Tomaten, Pistazien oder Orangen. Moses wedelt mit kenianischen Miniflaggen vor den Seitenscheiben herum und mit billigem Spielzeug.
"Ich mach Dir einen guten Preis",
lockt er. Lange feilschen kann er nicht. Dafür ist keine Zeit.
Er muss das Geschäft gemacht haben, bevor der Verkehr wieder rollt – und die nächsten potenziellen Kunden bringt.
"Diese Straße ist klasse, weil es hier keine Kriminellen gibt, aber immer viel los ist. Es gibt einfach keine Zeiten ohne Verkehr. Ständig kommen Leute rein und raus."
David Muchoki handelt seit 15 Jahren auf dem Uhuru Highway, was auf deutsch "Straße der Freiheit" bedeutet. Er verkauft Second-Hand-Kleider, manchmal auch ein paar Lampenschirme. Alles ohne Lizenz und damit immer in Angst vor dem Ordnungsamt. Aber das lohnt sich, sagt er.
"Mein ganzes Geld kommt von hier: Miete, Schulgebühren, Kleider, Essen, einfach alles."
Neue Händler haben es schwer
Anders als die Obst- und Gemüseverkäufer stürzt sich der Vater von drei Kindern nicht bei jedem Stopp auf die Fahrbahn. Sein Revier ist ein langgestreckter Parkplatz am Rand der sechsspurigen Straße. Wohnhäuser gibt es hier nicht, aber einen riesigen Supermarkt, eine Autovertretung, ein paar kleine Läden.
"Unser Geschäft geht gut, wenn die viele Kunden haben. Dann läuft es auch für uns gut, weil viele Leute vorbeikommen."
Samson Chege springt jedes Mal auf, wenn ein neuer Wagen ankommt, lädt sich einen Packen Männerjacken auf die Schulter und spurtet los, um seine Ware anzupreisen. Der junge Mann ist erst relativ kurz hier, nur fünf Jahre. Das ist ungewöhnlich, erklärt Bosco Muthui, einer der alten Hasen im Straßengeschäft
"Nairobi ist streng aufgeteilt. Wenn man einmal irgendwo angefangen hat zu handeln, muss man auch dort bleiben. Hier kann nicht einfach ein neuer Händler auftauchen, hier sind immer dieselben Leute. Und ich kann auch nicht einfach zu einem Stau auf einer anderen Straße gehen oder auch nur auf die andere Straßenseite. Das hier ist meine Basis, und meine Kunden finden mich hier."
Der Uhuru Highway ist die einzige große und durchgehende Verkehrsader mitten durch Nairobi. Teil der wichtigen Verbindung zwischen dem Hafen von Mombasa, Äthiopien und Uganda – und relativ gut in Schuss. Kaum eins der riesigen Schlaglöcher wie auf den kleineren Straßen, aber dafür immer völlig verstopft.
"Wenn wir dagegen nicht etwas tun, werden wir untergehen. Privatunternehmen werden genauso zusammenbrechen wie öffentliche Dienstleistungen. Im Moment fliegt man zum Beispiel 45 Minuten von Entebbe nach Nairobi. Und dann braucht man zwei Stunden in die Stadt."
Kreuzungen statt Kreiseln
Verkehrsminister Michael Kamau will deshalb die sechs großen Kreisel in der Innenstadt, wo sich alles staut, weghaben und stattdessen echte Kreuzungen bauen. Anfang April haben die Behörden schon mal zwei davon gesperrt – und das totale Chaos verursacht.
"Der Stau ist furchtbar. Ich komme nicht zur Arbeit und bin seit heute früh um fünf auf der Straße."
Die Straßenhändler haben nichts mehr verdient, weil völlig verwirrte Fahrer trotz stundenlanger Suche nach Umleitungen und Wendemöglichkeiten den Weg auf den Parkplatz nicht mehr gefunden haben.
"In der Zeit könnte man bis Daressalam fahren. Das hilft uns ganz sicher nicht."
Nach einer guten Woche ist das Experiment vorbei, die Sperren sind verschwunden. Seither suchen die Behörden nach einem anderen Weg, die Kreisel loszuwerden. Und auf dem Uhuru Highway ist wieder Stau as usual. Bosco Muthui:
"Jetzt, wo alles wieder offen ist, können die Leute sich wieder frei bewegen und wir sind wieder im Geschäft. Da drüben der Kollege verkauft gerade was. Er hat wieder einen Kunden."
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