Streit im PEN um Deniz Yücel

Krieg, Frieden und die Macht der Worte

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Porträt des Autors Gregor Sander.
Schriftsteller neigten zum Einzelgängertum, sagt der Autor Gregor Sander, "aber hin und wieder ist es eben nötig, miteinander zu reden, und das sollten wir jetzt tun." © picture alliance / ZB / Florian Eisele
Gregor Sander im Gespräch mit Stephan Karkowsky |
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Nach öffentlichem Streit um den Präsidenten des deutschen PEN-Zentrums Deniz Yücel steht auf der Jahrestagung des Verbands in Gotha sein Verbleib im Amt zur Debatte. PEN-Mitglied Gregor Sander setzt dabei seine Hoffnung in den persönlichen Austausch.
Das Deutsche PEN-Zentrum entscheidet auf seiner Jahrestagung in Gotha, ob der Journalist Deniz Yücel als Präsident der Schriftstellervereinigung im Amt bleiben soll. Er war unter anderem in die Kritik geraten, weil er sich öffentlich für eine Flugverbotszone über der Ukraine ausgesprochen hatte. Mehrere ehemalige Präsidenten des Verbands fordern Yücels Abwahl, weil sie darin einen Verstoß gegen die internationale PEN-Charta sehen. Yücel sagte im Vorfeld, nachdem in den letzten Wochen viel übereinander geredet worden sei, freue er sich auf die Gelegenheit, miteinander zu reden.

Kritik an "Herrscherallüren"

Der Schriftsteller Gregor Sander*, seit einem Jahr PEN-Mitglied, hält eine persönliche Aussprache der internen Kritiker mit Yücel ebenfalls für überfällig. Er sei der Auffassung, dass es Yücel sehr wohl zustehe, als Privatperson zu politischen Debatten Stellung zu beziehen, wenn er dabei deutlich mache, dass er nicht im Namen des gesamten Verbands spreche.
Auf der Jahrestagung wolle er aber "auch hören, was die Gegenseite vorbringt" und um welche Vorwürfe es genau gehe, so Sander. Yücels Kritiker haben einen anklagenden Brief verfasst, in dem sie ihr "Erschrecken über Umgangsstil, Sprache und Herrscherallüren" des Präsidenten zum Ausdruck bringen. Yücel habe "eine tiefgreifende systemische Störung des Anstands und der Würde" des PEN zu verantworten.

Ein Verband kreist um sich selbst

Gregor Sander setzt dennoch darauf, dass der Konflikt auf der viertägigen Versammlung – und sei es im offenen Streit – gelöst werden kann, sodass der PEN im besten Fall bald wieder Zeit und Energie in wichtigere Themen investiere. "Ich finde, im Moment geht es ein bisschen viel um den PEN selber, und die Welt steht in Flammen", sagt Sander. "Ich glaube, es sollte um anderes gehen."

Die Journalistin und Schriftstellerin Elke Schmitter hält die gesamte Debatte um Yücels Präsidentschaft für "merkwürdig und bedauerlich". Als ein Mensch, der durch Bildung und "das freie Wort" einen Aufstieg "vom Gastarbeiterkind zum PEN-Präsidenten" gemacht habe, sei Yücel für den Schriftstellerverband "eine Traumbesetzung", sagt Schmitter – und fügt hinzu: "Er hat durch ein Jahr verschärfte Einzelhaft aus politischen Gründen in der Türkei eine moralische Ausweisung, dass er dafür einsteht, die die allermeisten Menschen im PEN, die jetzt gegen ihn agieren, nicht für sich in Anspruch nehmen können.

* Transparenzhinweis: Gregor Sander ist freier Mitarbeiter des Deutschlandradios.
(fka)
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