Streit über Name für Dorfplatz in Unterfranken

"Martin Luther war nie hier!"

Das Bild zeigt eine Skulptur aus Bronze des Reformators Martin Luther in Worms.
Bronzeskulptur von Martin Luther in Worms - in Partenstein in Unterfranken sorgt der Reformator für Aufruhr. © picture-alliance / dpa / Uwe Anspach
Von Michael Watzke |
Martin Luthers historische Leistung als Reformator wird mittlerweile auch von der katholischen Kirche anerkannt. Doch im unterfränkischen Partenstein wehren sich die Katholiken dagegen, dass der Dorfplatz nach ihm benannt wird. Um die Ökumene steht es schlecht.
Die Glocken von St. Johannes, der katholischen Kirche von Partenstein, und die der Christuskirche, dem evangelischen Gotteshaus von Partenstein, tönen eigentlich ganz harmonisch-ökumenisch. Trotzdem sollte man in Partenstein vorsichtig sein mit der Verwendung des Wortes "Luther". Besonders, wenn Bernhard Albert in der Nähe steht.
"Martin Luther war nie hier!"
Sagt der katholische Pfarrer von Partenstein – mit einem Gesichtsausdruck, bei dem Martin Luther geflüchtet wäre, hätte er jemals vor den Toren von Partenstein gestanden. Auch der Katholik Siegmar Eyrich ist nicht gut auf den alten Luther zu sprechen:
"Ich will's mal so sagen: Martin Luther steht für die Trennung der Kirche. Wir wollen aber zusammenwachsen!"

"Immer Zündstoff" zwischen Protestanten und Katholiken

Von Zusammenwachsen kann in Partenstein derzeit keine Rede sein. Das 3000-Einwohner-Örtchen zwischen Würzburg und Aschaffenburg hat fast gleich viele Protestanten wie Katholiken. Das mit der Ökumene ist allerdings ein Kreuz, sagt Pfarrer Albert.
"War seit jeher sehr konfrontativ. War immer Zündstoff drin, viele Jahre, was sich erst in jüngster Zeit geändert hat. Aber die Wunden sind keineswegs verheilt. Da ist jetzt ein Häutchen drüber. Und das bricht durch sowas wieder auf."
Sowas – das ist der Streit um den Dorfplatz von Partenstein. Den wollte Michael Nachtrab, der evangelische Pfarrer des Ortes, in Martin-Luther-Platz umbenennen.
"Na gut, es sind 500 Jahre Reformation, und wir dachten: Wir müssen irgendwas machen hier in Partenstein. Wir dachten, Luther ist eine Persönlichkeit, die hat in Deutschland Spuren hinterlassen. Er hat Zivilcourage bewiesen, hat kulturgeschichtlich viel bewirkt. Eigentlich dachte ich: Das bringen wir ganz locker durch."

"Dorfplatz ist für die Allgemeinheit"

Also stellte die evangelische Gemeinde einen Antrag: Der Platz vor der evangelischen Christuskirche – der bisher keinen offiziellen Namen hat – möge in Zukunft Martin-Luther-Platz heißen.
"Wir haben das eigentlich gut gemeint. Wir haben gedacht: Luther ist so ein großer Mann, der hat so viel bewegt, und die Bibel konnte erst durch ihn in Deutsch gelesen werden!"
Blick auf das Orts-Einfahrtsschild der Gemeinde Partenstein (Landkreis Main-Spessart/Unterfranken) am 16.05.2011. Foto: Daniel Karmann dpa/lby | Verwendung weltweit
Blick auf das Ortseingangsschild der Gemeinde Partenstein (Landkreis Main-Spessart/Unterfranken)© picture alliance / dpa / Daniel Karmann
Hinzu kommt: In Partenstein findet alle zwei Jahre das Lutherschauspiel statt – eine Art geistlich-historisches Theaterstück, das über die Ortsgrenzen hinaus bekannt ist. Trotzdem lösten die Pläne der Protestanten in Partenstein Protest aus:
"Martin-Luther-Platz – dann wollen die anderen Konfessionen auch wieder einen Platz nach ihren Helden benannt haben."
"Wieso wird der Platz nicht nach einem Ehrenbürger benannt? Ich finde das nicht korrekt. Wenn es heißt, das ist ein Dorfplatz, dann gilt der für die Allgemeinheit."

"Es gibt auch noch Andersgläubige"

Genauso sieht das auch Pfarrer Albert von der katholischen Effata-Gemeinde Sankt Johannes:
"Wir wären nie auf die Idee gekommen, so einen Platz plötzlich "Roncalli"-Platz zu nennen, nach Johannes XXIII. Warum auch? Es ist zum einen ein öffentlicher Platz, kein Kirchengrund. Wenn die Gemeinde sagt, wir nennen unser Gemeindehaus Martin-Luther-Haus – bitteschön, kann jeder machen. Aber der Platz gehört dem ganzen Ort, und es gibt nicht nur Evangelische in dem Ort. Es gibt auch noch Andersgläubige."
Die "Andersgläubigen" setzten sich schließlich im Gemeinderat durch. Bei einer Kampfabstimmung im Rathaus lehnte eine Neun-zu-sechs-Mehrheit den Martin-Luther-Antrag ab. Partensteins Bürgermeister Stephan Amend war danach verärgert - über beide Seiten.
"Ich sag ganz einfach: Die Debatte ist nicht mehr zeitgemäß. Sich 2016 über solche konfessionellen Probleme Gedanken zu machen, finde ich eigentlich schlimm."
Nun hofft Amend, dass endlich wieder Ruhe einkehrt in Partenstein. Und Michael Nachtrab, der evangelische Pfarrer, steht kopfschüttelnd vor seiner Kirche.
"Ich hab' gemeint, die machen ein Späßle. Das war vollkommen unerwartet, dass da solche Diskussionen kamen. Luther spaltet die Gemeinde? Hat mich bissel schockiert. Hätte ich nicht für möglich gehalten."
Dabei klingen die Glocken von Partenstein so schön harmonisch. Evangelisch und katholisch. Was wohl der alte Luther dazu sagen würde?
(mia/abr)
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