Warten auf die Wippe
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Das Berliner Einheits- und Friedensdenkmal hätte eigentlich zum diesjährigen Jubiläum der friedlichen Revolution fertig sein sollen. Doch der Bau hat noch nicht mal begonnen. Es ist ein Projekt, das bisher zwölf Jahre und viele Nerven gekostet hat.
Mitten in Berlin, gegenüber dem Humboldt-Forum, sollte eigentlich seit diesem Herbst eine große Schale stehen, die in Bewegung gerät, wenn Menschen sie betreten: das Einheits- und Freiheitsdenkmal. Seit vielen Jahren gibt es Planungen dafür, doch offenbar ohne die Wasserfledermaus. Die hat es sich in dem alten Sockel gemütlich gemacht, auf den das Denkmal soll.
Und da kommt der Chef des NABU Berlin ins Spiel. Anruf bei Rainer Altenkamp. Sein Verband klagt jetzt gegen die aus seiner Sicht zu laschen Naturschutz-Auflagen des Landes Berlin. Dieser Sockel, auf dem Früher Wilhelm I. stand, ist der einzige bekannte Ort wo Wasserfledermäuse in der Hauptstadt ihren Nachwuchs aufziehen: "Die Weibchen sitzen da in Gruppen zusammen und bringen ihre Jungen zur Welt." Auf die Frage, ob sich eine der verantwortlichen Behörden mit ihm ausgetauscht hätte, gibt es eine klare Antwort: "Nö. Das wäre sicherlich hilfreich gewesen."
Eine Meinung zum Denkmal: "Veritable Symbolgrütze"
Und – ja - man ist in Berlin einiges an Verwaltungsdefiziten gewohnt. Aber das ist auch für Rainer Altenkamp eine neue Dimension. Die schützenswerten Tiere leben da schon seit langem. Es hätte viel Zeit gegeben, das Problem zu lösen: "Das habe ich in der Form in Berlin schon wirklich lange nicht mehr gesehen, so was."
Die Klage seines Verbandes stoppt das Projekt, solange die genehmigende Behörde - in dem Fall der Berliner Umweltsenat - nicht wiederum dagegen vorgeht. Die Geschichte ist also noch lange nicht zu Ende. Auch der Bauherr, der Bund, könnte noch juristisch gegen die Naturschutzauflagen vorgehen. Wenn das so weitergeht, werden sich die Beteiligten vor Gericht wiedersehen. Und dann wird das Denkmal auch im nächsten Herbst, zum Einheitsjubiläum, nicht einmal begonnen sein.
Das wiederum würde Kritikern wie dem Architekturexperten Niklas Maak zu pass kommen: "Naja, ich finde, es gibt ja ein Wiedervereinigungsdenkmal. Das ist das Brandenburger Tor. Da muss man nicht noch mühsam was dazu basteln, und vor allen Dingen nicht vor dem Schloss, das ja selbst ein komisches, überladenes Symbol ist und in Verbindung mit der Wippe zu einer veritablen Symbolgrütze führt."
Geteilte Meinung in der Politik
Auch im Bundestag selbst gibt es seit dem Einzug der AfD Widerstand gegen das Denkmal in dieser Form, an diesem Ort. Schon letztes Jahr startete die Fraktion einen Antrag gegen den Bau, der scheiterte. Die AfD will statt des Denkmals den Wilhelm-Sockel sanieren, und die alten preußischen Kolonnaden wiedersehen.
Der kulturpolitische Sprecher Marc Jongen sagt es so: "An den Mauerfall und die Einheit sollte durchaus erinnert werden, aber dazu eignen sich andere Standorte, wie der Alexanderplatz oder der Platz der Republik viel besser. Wir finden, es sollte eine neue Ausschreibung geben, in der dann auch wirklich ein würdiger Entwurf gefunden wird."
Und dennoch: die Mehrheit für den Entwurf des Designbüros Milla und Partner im Bundestag steht noch. Aber die Ungeduld wächst. Etwa bei den Grünen. Deren baupolitischer Sprecher ist Christian Kühn: "Ich erwarte, dass Frau Grütters Schub macht und dass wir noch in diesem Jahr den Spatenstich feiern können." Schon kommen Zweifel auf, ob es die Einheitswippe je geben wird: "Für mich ist gar keine Frage: Dieses Einheitsdenkmal wird gebaut!"
An dieser Entschlossenheit scheint es jedoch dem Bauherrn, dem Kulturstaatsministerium unter CDU-Frau Monika Grütters, zu mangeln. Sie mag das Denkmal nicht, hört man aus ihrem Umfeld, sie tue nur das Nötigste. Das gilt auch für die Kommunikation mit der Öffentlichkeit. Auskünfte sind spärlich, Interviews zum Thema Einheitsdenkmal lehnt sie ab. Dasselbe gilt für das ausführende Design-Büro, das offenbar vom Kulturstaatsministerium einen Maulkorb verpasst bekommen hat.
Doch auch der Koalitionspartner SPD wird nach Jahren der Verzögerungen langsam ungeduldig. Der kulturpolitische Sprecher der Fraktion ist Martin Rabanus: "Ich finde es tatsächlich sehr bedauerlich, dass es noch keinen sichtbaren Fortschrift beim Freiheits- und Einheitsdenkmal gibt!"
Ein Ort als Würdigung
Wie auch immer man zu dem konkreten Entwurf steht – es wäre das einzige zentrale Denkmal dieser Republik das an die Friedliche Revolution und die Einheit erinnert. Für Rabanus ein gewichtiges Argument, endlich mit dem Bau zu beginnen.
"Worum geht es denn? Es geht darum, jetzt, 30 Jahre nach der Friedlichen Revolution und im kommenden Jahr 30 Jahre deutsche Einheit, denjenigen, die das erstritten haben, den Menschen auf den Straßen, die sich gegen das DDR-Regime aufgelehnt haben, einen würdigen Ort zu bieten."
Doch trotz verbindlicher Mehrheitsentscheidungen ist der Bau noch immer ungewiss. Der politische Druck, das Denkmal in der Form an diesem Ort zu errichten, ist einfach zu gering.