Streit um das Kreuz auf dem Humboldt-Forum

"Sehnsucht nach einer Architektur ohne Architekten"

Ansicht des Humboldt-Forums von der Nord-West-Seite
Ansicht des Berliner Humboldt-Forums von der Nord-West-Seite - um das geplante Kreuz auf der Kuppel ist jetzt ein heftiger Streit entbrannt. © Stiftung Berliner Schloss – Humboldtforum / Architekt: Franco Stella mit FS HUF PG
Philipp Oswalt im Gespräch mit Andrea Gerk |
"Das ist neue Orthodoxie". So urteilt der Architekt Philipp Oswalt über das geplante vergoldete Kreuz auf der Kuppel des Humboldt-Forums. Darin zeige sich auch ein neues konservatives Denken: Man vertraue dem historischen Foto und nicht einer souveränen Haltung von heute.
Ein vergoldetes christliches Kreuz auf der Kuppel des neuen Berliner Humboldt-Forums? Darüber ist jetzt eine heftige Debatte entbrannt. Der Architekt Philipp Oswalt gehört zu den Kritikern dieses Planes und sagt im Deutschlandfunk Kultur:
"Das ist jetzt sozusagen die neue Orthodoxie, die sich da einstellt."
Im Bundestagsbeschluss von 2002 sei diese Frage bewusst offen gehalten werden, betont Oswalt. In den letzten 15 Jahren aber habe sich die Diskussion um den Wiederaufbau des Stadtschlosses zunehmend in Richtung des historischen Vorbildes verschoben. Für ihn spiegelt sich in dieser Haltung, die sich vor allem auf historische Fotos berufe, eine "Verschärfung der Rekonstruktion":
"Man kann sagen: Es wird immer konservativer, im kulturellen Sinne. Ich glaube, es ist so eine Sehnsucht nach einer Architektur ohne Architekten. Dass man sozusagen eigentlich dem Foto vertraut und nicht mehr einer souveränen Haltung von heute."

Das Kreuz steht für die preußische Einheit von Staat und Kirche

Oswalt verwies darauf, dass es sich bei dem Kreuz eben nicht nur um irgendein christliches Symbol handele. Es habe damals für die preußische Einheit von Staat und Kirche gestanden:
"Es ist eben durchaus verbunden mit der Niederschlagung der '48 Revolution. Das hat schon ein gewisses 'Geschmäckle', wenn man es jetzt historisch genau nimmt."

Das Humboldt-Forum - "eine Farce der 'political correctness'"

Ein Forum der Weltkultur hinter preußischen Fassaden zu konzipieren erscheine ihm ohnehin wenig schlüssig, urteilt Oswalt über die gesamte Konzeption. Nicht nachvollziehbar sei auch die Entscheidung, das europäische ethnologische Museum aus dem Humboldt-Forum heraus zu halten und sich nur auf die außereuropäischen Sammlungen zu konzentrieren:
"Insgesamt ist ja dieses Konzept einfach eine Farce der 'political correctness': Dass man hinter den preußischen Fassaden ein Multi-Kulti-Programm ermöglicht. Da, finde ich, macht jetzt das Kreuz auf der Kuppel auch keinen großen Unterschied mehr." (ue)
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