Man kennt Walter Smerling und seinen Dunstkreis für gigantomanische Kunstprojekte von zweifelhafter Qualität mit zweifelhaften Sponsoren, wo die eigennützige Wertsteigerung von Spekulationsobjekten als Philanthropie dargestellt wird. Dabei werden öffentliche Infrastrukturen, öffentliche Gelder und öffentlich anerkannte Institution missbraucht und verheizt. Das ist in anderen Städten passiert und jetzt passiert das in Berlin.
Streit um Kunsthalle Berlin
Werke des französischen Bildhauers Bernar Venet sind in der Ausstellung "Bernar Venet, 1961 - 2021. 60 Jahre Performance, Bilder und Skulpturen" in der Kunsthalle Berlin im Flughafen Tempelhof zu sehen. © picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Jens Kalaene
Etikett und Schwindel
07:22 Minuten
Mit einer großen Werkschau des französischen Bildhauers Bernar Venet wurde die neugegründete Berliner Kunsthalle eröffnet – begleitet von Kritik am Veranstalter, dem Kulturmanager Walter Smerling. Berliner Künstler rufen zum Boykott auf.
Es regt sich Widerstand gegen die am Freitag eröffnete Kunsthalle Berlin. Was wie ein lang ersehntes Forum für die Berliner Kunstszene klingt, ist ein Prestigeprojekt des Bonner Vereins Stiftung für Kunst und Kultur, einer privaten Initiative um den Netzwerker Walter Smerling.
Künstlerinnen und Künstler haben nun zum Boykott der Kunsthalle, die sich in den Hangars II und III des ehemaligen Flughafen Tempelhof befindet, aufgerufen – unterstützt vom Berufsverband Bildender Künstler:innen Berlin (BBK Berlin). In einer Pressemitteilung ist von einem "Etikettenschwindel" die Rede.
Kunsthalle Berlin klingt nach mehr
Dazu muss man wissen, dass es in Westberlin von 1977 bis 1993 eine staatliche Kunsthalle gab, die wegen Geldmangels schließen musste. Seitdem wird um eine neue staatliche Institution für Künstlerinnen und Künstler aus Berlin gerungen. Bisher erfolglos.
„Der Name ‚Berliner Kunsthalle’ klingt sehr danach, als sei das die Kunsthalle der großen Stadt Berlin und als würden die Ausstellungen von einem gewissen qualitativen Maßstab sein“, gibt Zoë Claire Miller vom BBK Berlin zu bedenken. „Aber das ist nicht so. Es ist eine Ausstellungseinrichtung von einem Privatier, der einen Verein betreibt, der sich Stiftung nennt, der in unglaublich viele Skandale verwickelt gewesen ist und immer wieder in gewisser Weise Männerklüngelkunst zeigt.“
Fragwürdige Standortentwicklung
Vermietet hat die Hangars die Tempelhof Projekt GmbH. Das ist eine Gesellschaft des Landes Berlin. Der Berliner Senat ist also für die Vermietung und die Privatisierung der Hangars verantwortlich. Doch damit werde er den Plänen für die Standortentwicklung am Flughafen Tempelhof nicht gerecht, erklärt Miller:
„Wenn Sie sich die Webseite der Tempelhof Projekt GmbH anschauen, ist von interaktiven, experimentellen Kunstorten die Rede, die für die ganzen Bewohner der Stadt offen sind und die viel bieten. Aber wenn man sich anschaut, was in diesem Jahr in Tempelhof geschieht, hat man sehr stark den Eindruck, dass da etwas schiefläuft.“
Eröffnet wurde die Kunsthalle mit einer Ausstellung des französischen Bildhauers Bernar Venet. Bis zum 30 Mai kann man seine riesigen Stahlskulpturen sehen.
Umstrittener Partner des Berliner Senats
Miller zeigt sich verwundert darüber, dass der Senat Smerling ein weiteres Mal beauftragt hat, nachdem er zuvor schon mit seiner Ausstellung „Diversity United“ auf dem Flughafengelände in die Kritik geraten war. So habe er den ausstellenden Künstlerinnen und Künstlern keine Gage gezahlt, obwohl er eine Förderung in Höhe von einer Million Euro vom Auswärtigen Amt bekommen habe. Außerdem habe er keine Miete zahlen müssen, was auch jetzt wieder der Fall sei.
„Es ist total problematisch, dass Berlin mit der Zurverfügungstellung von dieser Infrastruktur, von diesem ikonischen Bau so etwas fördert, als Partner zur Seite steht und unterstützt.“ Das sei "wirklich schwer zu verstehen", sagt Miller.
Nun will man auf die politisch Verantwortlichen in Berlin einwirken und auf eine Namensänderung drängen, so Miller: „Vielleicht könnte man sagen: So nicht!" Smerling müsse unbedingt nach zwei Jahren gehen, fordert Miller. "Dass das nicht, wie er es darstellt, eine Probezeit ist, weil das einfach sehr rufschädigend für Berlin ist.“