Streit um Moderne Galerie in Saarbrücken

Von Tonia Koch |
Die Stiftung saarländischer Kulturbesitz hat einen Architekturwettbewerb für eine Erweiterung des Saarland-Museums in Saarbrücken ausgeschrieben. Doch beim prämierten Entwurf hat sich die Jury offensichtlich nicht an die vom Land festgesetzten Ausschreibungskriterien gehalten.
Melcher: "So ist es halt, so was passiert, das gibt es. Es gibt auch Menschen, die immer eine bestimmte Farbe haben wollen bei ihren Armbanduhren, aber sich dann eine völlig andere kaufen, ich zum Beispiel."

So einfach liegen die Dinge für Ralph Melcher, den Vorstand der Stiftung saarländischer Kulturbesitz. Die Stiftung hatte den Architektur-Wettbewerb zum Bau eines vierten Pavillons der Modernen Galerie in Saarbrücken ausgelobt. Es handelte sich um einen Realisierungs- und nicht um einen Ideenwettbewerb. Deshalb waren den Architekten klare Vorgaben gemacht worden, hinsichtlich Funktionalität, Bausumme und Standort des Erweiterungsbaues. Das Baufeld war äußerst eng begrenzt, was viele der am Wettbewerb teilnehmenden Architekten offenbar als unnötige Einschränkung empfanden. Immer wieder wurde im schriftlichen Kolloquium danach gefragt, ob das Baufenster zwingend einzuhalten sei. Die Antwort war stets die Gleiche. Die Angaben in der Ausschreibung seien bindend. Nur ausgezeichnet hat das Preisgericht am Ende einen Entwurf, der sich an diese Vorgaben nicht hielt.

Melcher: "Das Preisgericht war der Auffassung, dass dieser mit dem ersten Preis ausgezeichnete Entwurf der bestmögliche Lösungsansatz ist. Dass der jetzt an einem Punkt sich im Widerspruch zu den Rückfrageantworten steht, das mag so sein, aber das hat das Preisgericht dennoch gesagt, er ist dennoch preiswürdig, weil es alle anderen Fragen überragend gut gelöst hat."

Die Qualität des ersten Preisträgers, der unter 345 internationalen Entwürfen ausgewählt wurde, wovon insgesamt 25 in die zweite Wettbewerbsphase gelangten, steht nicht in der Diskussion. In Frage steht, ob das Preisgericht den Entwurf hätte zulassen dürfen. Nach Auffassung einer Reihe von Architekten, die inzwischen gegen das Verfahren Beschwerde führen, hätte der siegreiche Entwurf aufgrund der präzisen Wettbewerbsvorgaben nicht in die Wertung gelangen dürfen.

Thomas Britz: "Eine Arbeit, die sich über die Wettbewerbsbedingungen hinwegsetzt, hat zunächst ein Alleinstellungsmerkmal, d. h. sie unterschiedet sich von den anderen Arbeiten und fällt dem Preisgericht in besonderer Weise ins Auge und hätte bei dieser Arbeit zum Ausschluss führen müssen, denn alle anderen Architekten haben sich auf diesem kleinen Baufeld gequält."

Wie sehr sich die unterlegenen Entwürfe zum Teil mühten, zeigte eine Ausstellung der Wettbewerbsarbeiten, die Mitte Dezember bis Anfang Januar der Öffentlichkeit zugänglich war. Wenn der Wettbewerb eines gezeigt hat, dann, dass der ausgesuchte Standort für die Erweiterung des Museums alles andere als ideal ist. Selbst die Architektenkammer des Saarlandes, die mit ihrem Präsidenten, Herbert Kiefer im Preisgericht vertreten war, teilt diese Auffassung.

Kiefer: "Alle Beteiligten hätten sich gewünscht, dass man in diesem eingeschränkten Baufeld eine Lösung findet. Der Wettbewerb hat was anders gezeigt. Das ist auch die Thematik gewesen, die die Jury nachher entscheiden musste. Die Situation war im Vorhinein nicht zu erkennen, wie sie sich nach 350 Entwürfen ganz klar dargestellt hat."

Dem Vorhaben fehlte eine städtebauliche Diskussion im Vorfeld, welche Aufgabe der Neubau an prominenter Stelle in der Saarbrücker Innenstadt leisten soll. Die überfällige Diskussion hat der erste Preisträger, das Darmstädter Architektenbüro Hochberg und Neff, unaufgefordert mitgelöst, in dem es sich über die Baufeldbegrenzung hinweg gesetzt hat. So zumindest argumentiert die Jury. Hochberg und Neff haben einen Riegel-Bau konzipiert. In der Form einer liegenden Acht. Die skulpturale und irreguläre Form des Baukörpers, so die Jury in ihrer Begründung - begleite die vorhandenen Gebäude der modernen Galerie und binde den umgebenden Raum städtebaulich ein. Nur gehören die überplanten Flächen nicht alle dem Auslober der Stiftung sondern zu Teilen der Stadt Saarbrücken. Die Besitzverhältnisse hätten im Rahmen eines öffentlichen Diskurses zweifelsohne geklärt werden können und die Architekten hätten die Chance für einen großen Wurf sicher ergriffen, argumentiert Thomas Britz vom Beschwerdeführenden Architekturbüro Alt und Britz.
Britz: "Das wir so eingeschränkt wurden, hat uns deshalb gestört, weil wir als Teilnehmer an einem Wettbewerb die bestmögliche Lösung suchen. Nicht nur in Konkurrenz mit anderen Architekten, sondern weil wir auch städtebaulich verantwortlich handeln wollen."

Unter der Federführung der Saarbrücker Architektenbüros Alt und Britz haben sich eine Reihe von Wettbewerbsteilnehmern zusammengeschlossen und bei der Vergabekammer des Saarlandes gegen das Verfahren Beschwerde eingelegt. Die Kammer ist eine unabhängige Institution. Sie besteht aus zwei Richtern und einem Architekten, und sie muss nun prüfen, ob die in Europa geltenden Regeln öffentlicher Ausschreibungen eingehalten wurden oder nicht. Im Klartext, ob es im Verlauf des Wettbewerbes zum Ausschluss des ersten Preisträgers hätte kommen müssen. Die Kammer hat für kommende Woche alle Beteiligten zu einer Anhörung geladen, danach stehen ihr alle Möglichkeiten offen. Sie kann die Rechtmäßigkeit des Architekturwettbewerbs bestätigen, sie kann ihn aber auch aufheben, zurücksetzen oder darauf drängen, dass er wiederholt wird. Der Stiftung saarländischer Kulturbesitz wäre es selbstverständlich am liebsten, die Vergabekammer würde die Position des Preisgerichtes stützen.

Ralph Melcher: "Ich will bauen, wir wollen ein Museum bauen und wir wollen das bestmögliche Museum bauen, wir wollen nicht irgendwas bauen. Der eigentliche Auslöser für diesen Wettbewerb ist, dass wir einen dringenden Bedarf in einer musealen Einrichtung haben. Und ich wehre mich ein bisschen dagegen, dass der Erweiterungsbau immer nur unter diesem architektonischen Aspekt diskutiert wird. Der ist wichtig, der ist eine Grundlage, aber kein Selbstzweck. Der Zweck ist das Museum, ist die Kunst."