Streit um ORF-Rassismus-Doku

Warum "Schwarz in Wien" nicht auf Sendung ging

Eingang zum ORF-Funkhaus in der Argentinierstraße in Wien
Eingang zum ORF-Funkhaus in Wien: Nach der Absetzung der Doku entstand schnell eine Debatte, in der dem ORF viel vorgeworfen wurde. © picture alliance / ZB
Von Srdjan Govedarica |
In der Doku erzählen sechs schwarze Wiener von ihren Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Der zuständige Redakteur beim Wiener ORF hatte sie abgenommen, dann erfuhr Regisseur Thaddäus Podgorski Junior, dass seine Erzählweise nicht ins Format passe.
Der Film war schon im Kasten, doch dann bekam Regisseur Thaddäus Podgorski Junior einen Anruf vom Produktionsleiter. Sein Film werde aus inhaltlichen und technischen Gründen nicht gesendet. Für Podgorski eine dicke Überraschung:
"Ja allerdings! Zum einen wurde es vom zuständigen Redakteur begeistert abgenommen. Dem hat das sehr gefallen."
Und zum anderen habe am Tag vor der Absage eine Präsentation stattgefunden, in Anwesenheit der letztlich verantwortlichen Direktorin:
"Der hat es nicht gefallen, das war klar. Aber von nicht Senden oder nicht Ausstrahlen war nicht die Rede."

Der österreichische Regisseur Thaddäus Podgorski Junior 
Der österreichische Regisseur Thaddäus Podgorski Junior © ARD Wien / Srdjan Govedarica

Die Doku "Schwarz in Wien von Soliman bis Alaba" hat Thaddäus Podgorski Junior im Auftrag des ORF-Landesstudios Wien für die Sendereihe "Österreich-Bild" gedreht. In der Doku erzählen sechs schwarze Wiener von ihren Erfahrungen mit Alltagsrassismus. Journalistin Vanessa Spanbauer hat die Macher des Films beraten und ist eine der Protagonistinnen:
"Es wird natürlich auch der harte Rassismus, der ganz klare Rassismus auch angesprochen, es gibt auch so etwas wie institutionellen Rassismus und Polizeigewalt, das kommt schon vor. Aber die meiste Erzählung ist das, was man im Alltag erlebt, was von vielen Weißen Menschen nicht als problematisch gesehen wird, obwohl es das ist."

Kein Sprechertext, keine Musikuntermalung

Filmemacher Podgrorski entscheidet sich bewusst, im Film ausschließlich Interview-Sequenzen der Protagonisten zu zeigen. Einen Sprechertext aus dem Off gibt es nicht, auch keine Musikuntermalung oder Bildstrecken:
"Alles was ich mit Bild erzählen kann oder was relevant ist für die Inhalte, die in dem Film sind, sieht man in den Interviews, nämlich die Hautfarbe."

Die Journalistin Vanessa Spanbauer hat die Macher des Films "Schwarz in Wien" beraten und ist eine der Protagonistinnen.
Die Journalistin Vanessa Spanbauer hat die Macher des Films "Schwarz in Wien" beraten und ist eine der Protagonistinnen.© ARD Wien / Srdjan Govedarica

Laut ORF ist es genau diese Erzählweise, die den Film für die Reihe "Österreich-Bild" disqualifiziert. In einer schriftlichen Stellungnahme teilt der Sender mit, dass die Doku nicht zur Anmutung und Bildsprache der Programmleiste passt. Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursausschusses:
"Ich hab' mit der zuständigen Sendungsverantwortlichen gesprochen und sie hat mir sehr glaubwürdig erzählt, das Format, um das es da geht ist am Sonntagabend ein Format aus den Bundesländern, wo Geschichten erzählt werden. Und in dem gegenständlichen Fall ist das einfach eine Aneinanderreihung von Interviews. Das passt nicht in dieses Sendeformat."

Hören Sie hier auch unser Gespräch aus "Fazit" mit dem Regisseur:
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Warum das im Produktionsprozess nicht aufgefallen ist und warum der Film zunächst abgenommen und dann wieder kassiert wurde, lässt sich nicht genau aufklären. Regisseur Thaddäus Podgorski Junior ist jedenfalls von anderen Voraussetzungen ausgegangen:

"Wäre die Bildsprache des 'Österreich-Bild' mir vorher so kommuniziert worden, wie es mir jetzt kommuniziert wird – Wohlfühlgeschichten, Erfolgsgeschichten, dann hätte ich das Thema nicht gemacht."

ORF dementiert Vorwürfe entschieden

Nach der Absetzung der Doku entstand schnell eine Debatte, in der dem ORF viel vorgeworfen wurde. Von vorauseilendem Gehorsam bis Feigheit vor der Regierungspartei FPÖ, die den Sender seit langem politisch stark unter Druck von rechts setzt. Der ORF dementiert solche Vorwürfe entschieden. Auch Dieter Bornemann vom Redakteursrat:
"Ich glaube, dass diese Diskussion auch damit zu tun hat, dass man uns zutraut aus politischen Gründen wird das jetzt verschoben. Aber würde irgendjemand in der Redaktion so denken, hätte man das Stück nicht in Auftrag gegeben."
Auch Filmemacher Podgorski glaubt nicht, dass der Film wegen politischen Drucks abgesetzt wurde. Dazu kennen den Film zu wenige. Aber:
"Was mir schon auffällt: Leute irritiert, dass das sechs schwarze Menschen durchreden die 25 Minuten und dass das offenbar bei manchen Weißen das Gefühl des Ausgeschlossenseins auslöst."
Der ORF hat inzwischen angekündigt, dass ein neuer Sendeplatz für die Dokumentation gesucht wird. Regisseur Thaddäus Podgorski Junior ist jedenfalls nicht bereit, den Film zu überarbeiten: "Jetzt hängt es alles in der Luft. Ich hoffe, sie finden wirklich einen Sendeplatz. Ich mein' – wäre ich jetzt Sendungsverantwortlicher eines Reportagefomats würde ich jetzt sagen 'Her mit dem Teil, wie so viel PR krieg' ich nie wieder für irgendwas'."

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