Wenn Dilettantismus auf Theater trifft
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Vorwurf Zensur: Der Regisseur Ersan Mondtag hat die Zusammenarbeit mit der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ beendet. Der Streit um einen Beitrag zur Eröffnungsfeier liege an der Struktur der Stiftung, sagt der Journalist Thomas Fitzel.
Mit einer Performance des Regisseurs Ersan Mondtag sollte im Juni das Dokumentationszentrum der Stiftung "Flucht, Vertreibung, Versöhnung" in Berlin eröffnet werden. Doch weil sich die Stiftung zu sehr in die Gestaltung eingemischt habe und unter anderem nicht wollte, dass die Performance rechte Parteien thematisiert, hat Mondtag seine Zusammenarbeit im Dezember beendet.
Er habe erwartet, dass man dem Regisseur freie Hand geben würde, sagt der Journalist Thomas Fitzel, der seit vielen Jahren die Entwicklung der Stiftung verfolgt. Stattdessen seien auch die Texte der Autorin Olga Bach, die gemeinsam mit Mondtag die Performance realisieren sollte, immer wieder korrigiert worden.
Keine Ahnung von Theaterarbeit
Bach habe sich, typisch für heutige Theaterarbeit, dem Thema Vertreibung und dessen Vorgeschichte unbefangen genähert: "Erika Steinbach, Bund der Vertriebenen, das alles sollte mit hineinkommen." Doch habe Bach gemerkt, dass sie immer wieder kontrolliert worden sei.
Ein ständiges Hin und Her aus Streichungswünschen habe offenbart, dass die Stiftung offensichtlich keine Ahnung von Theaterarbeit habe: "Es ist großer Dilettantismus, dass man nicht weiß, wie Theaterarbeit funktioniert."
Dies zeige auch die Kurzfristigkeit der Planung. "Man hat im September angefragt und wollte im Dezember schon starten. Dann sollte das Ganze in einen Film verwandelt werden, ohne zu wissen, dass das ein unglaublicher Kraftakt ist."
Einsprüche nicht politisch motiviert
Allerdings hätten die Einsprüche nichts mit "irgendwelchen ideologischen, politischen Gründen" seitens der Stiftungsdirektorin Gundula Bavendamm zu tun: "Eher im Gegenteil. Ich vermisse bei ihr schon seit Langem irgendetwas wie eine Haltung, an der man sie festmachen könnte."
Das liege an der Struktur der Stiftung, bei der nicht der wissenschaftliche Beirat, sondern der Stiftungsrat das Sagen hätte. Dieser bestehe unter anderem aus Vertretern des Bundestages, der Bundesregierung und des Bundes der Vertriebenen.
"Wenn man schaut, wie sich die Vertreter des Bundes der Vertriebenen äußern und auch im Stiftungsrat agieren, hat sich über die Jahre nichts verändert. Das sind wirklich die gleichen Positionen wie vor 20, 30, 40 Jahren. Das blockiert die Arbeit. Dieser Stiftungsrat sitzt Gundula Bavendamm im Nacken."
Gestalten nicht gewollt
Dass Bavendamm in ihrer Position eher für Fehlervermeidung stehe, habe auch mit deren obersten Dienstherrin, Kulturstaatsministerin Monika Grütters, zu tun: "Diese ganzen Themen der Geschichtspolitik, wie das geplante Dokumentationszentrum, liegen ihr nicht am Herzen, das delegiert sie gern weiter."
Es gehe weniger um Gestalten, sondern um Verwalten, so Fitzel: "Sie hat sich Gundula Bavendamm gesucht, die möglichst geräuschlos alle Probleme wegverwaltet. Das fällt jetzt auch Monika Grütters letztendlich wieder auf die Füße."
(mle)