Ein Zwischenruf
Die Auszeichnung der Zeitschrift "Charlie Hebdo" mit dem PEN-Preis für Mut und Meinungsfreiheit sorgt für Ärger. Sechs Schriftsteller, darunter der Kanadier Michael Ondaatje, haben aus Protest ihre Teilnahme an der Preisgala abgesagt.
Nobel sind die Ziele des PEN, der Poets, Essayists and Novelists. Man versteht sich als Anwalt des freien Worts, als Stimme unterdrückter und verfolgter Schriftsteller. Wer aufgenommen wird in die weltweite Autorenvereinigung erklärt durch seine Unterschrift, mit aller Kraft für Frieden, Freiheit und ungehinderten Gedankenaustausch, gegen Zensur, Rassen-, Klassen- und Völkerhass zu kämpfen. Das sind hehre Grundsätze, die es mit sich bringen, dass sie, sobald sie verwirklicht werden, nicht mehr so klar und eindeutig scheinen. Und zuweilen in Konflikt miteinander geraten. Jede Kirche weiß ein Lied davon zu singen.
Um Kirchen im weitesten, um Gläubige im engeren Sinne geht es bei dem Streit um den Preis für Mut und Meinungsfreiheit des US-PEN an die französische Satire-Zeitschrift Charlie Hebdo. Der PEN will in das „Je suis Charlie" nach dem Anschlag auf die Redaktion einstimmen, doch sechs prominente Schriftsteller halten das für falsch. Rachel Kushner stört die „kulturelle Ignoranz" der Zeitschrift, Francine Prose tritt zwar für die Pressefreiheit von Charlie Hebdo ein, so, wie sie auch für die Demonstrationsfreiheit der Neonazis in Iowa sei – auszeichnen würde sie die Zeichner aber nicht. Neonazis? Ja, Neonazis.
Freiheit der Presse und der Kampf gegen Hass
Offenbar gab es schon vorher im PEN Kritik an der Preis-Entscheidung, manche fühlten sich als Muslime verletzt durch die provozierenden Charlie-Hebdo-Zeichnungen. Es geraten also in diesem Fall zwei Forderungen der PEN-Charta miteinander in Konflikt: Die Freiheit der Presse und der Kampf gegen Rassen-, Klassen- und Völkerhass, wozu ab jetzt auch der Hass auf Religionen gezählt werden muss.
Beides sind ehrbare Positionen, und der Konflikt wird, Universalismus hin, Kulturrelativismus her, nicht nur den PEN, sondern uns alle weiter beschäftigen. Salman Rushdie, der den Tod der französischen Zeichner als Grund für den Preis hervorhebt, ist allerdings zu widersprechen. Der Tod ist kein Argument. Der Tod ist das Ende aller Argumente. Das sehen nur die Mörder anders.