Von der Sorge, geschluckt zu werden
Frankfurt am Main platzt aus allen Nähten und will deshalb einen neuen Stadtteil vor den Toren Eschborns bauen. Doch die Expansionspläne der Metropole kommen in der wohlhabenden Kleinstadt gar nicht gut an.
Eschborn ist wohlhabend. Das merkt man schon daran, dass man in der Tiefgarage unter dem Rathaus keine Parkgebühren zahlen muss. Ich wüsste nicht, wo es das sonst noch gibt in der teuren Rhein-Main-Region. In den benachbarten Großstädten Frankfurt am Main oder Wiesbaden ist man schnell zehn Euro und mehr los, wenn man etwas länger verweilt. Die Preisunterschiede gibt es nicht nur beim Parken, sondern vor allem beim Wohnraum. Dirk Singer weiß das, der gebürtige Frankfurter ist erst vor einer Woche aus der Mainmetropole nach Eschborn gezogen:
"Vor daher weiß ich, wie die Preise angezogen sind und wie groß die Not – in Anführungsstrichen – und der Preisdruck für Kaufimmobilien und für Mietimmobilien ist. Von daher, ich bin mir dessen schon bewusst, ich bin unter anderen deswegen rausgezogen, weil ich mehr Platz brauchte, ja."
Dennoch sind auch die Preise in Eschborn in den letzten Jahren stark angezogen. Das erfahre ich auf dem Rathausvorplatz. Dort ist heute Markttag. Doch obwohl es den Wohnungsmarkt entlasten könnte, halten die meisten Marktbesucher vom 2017 getroffenen Beschluss der Nachbarstadt Frankfurt am Main nichts, binnen eines Jahrzehnts auf Äckern vor den Toren von Eschborn einen neuen Stadtteil für 20.000 Menschen oder mehr zu bauen. Ein Stadtteil – so groß wie die gesamte Stadt Eschborn selbst. Peter Krämer ist alteingesessener Eschborner:
"Ich bin ein Gegner davon, weil ich auch die Gefahr sehe, dass die Gemeinden hier eingemeindet werden, weil Frankfurt schon seit Jahren auf den Speckgürtel zielt. Ich habe nichts gegen Frankfurt, möchte aber kein Frankfurter werden."
"Vor daher weiß ich, wie die Preise angezogen sind und wie groß die Not – in Anführungsstrichen – und der Preisdruck für Kaufimmobilien und für Mietimmobilien ist. Von daher, ich bin mir dessen schon bewusst, ich bin unter anderen deswegen rausgezogen, weil ich mehr Platz brauchte, ja."
Dennoch sind auch die Preise in Eschborn in den letzten Jahren stark angezogen. Das erfahre ich auf dem Rathausvorplatz. Dort ist heute Markttag. Doch obwohl es den Wohnungsmarkt entlasten könnte, halten die meisten Marktbesucher vom 2017 getroffenen Beschluss der Nachbarstadt Frankfurt am Main nichts, binnen eines Jahrzehnts auf Äckern vor den Toren von Eschborn einen neuen Stadtteil für 20.000 Menschen oder mehr zu bauen. Ein Stadtteil – so groß wie die gesamte Stadt Eschborn selbst. Peter Krämer ist alteingesessener Eschborner:
"Ich bin ein Gegner davon, weil ich auch die Gefahr sehe, dass die Gemeinden hier eingemeindet werden, weil Frankfurt schon seit Jahren auf den Speckgürtel zielt. Ich habe nichts gegen Frankfurt, möchte aber kein Frankfurter werden."
Die Eschborner sorgen sich um die Grünflächen
Dabei geht es Peter Krämer auch schlichtweg ums Geld:
"Ich möchte nicht, dass wir mit unseren günstigeren Abgaben zum Beispiel – und das ist alles von der Gemeinde selber erarbeitet worden, dass man das dann einfach opfert, sozusagen."
Marktbesucherin Wiebke Thies wägt Argumente für und gegen den neuen Stadtteil auf den Feldern bei Eschborn ab:
"Ja, ich weiß, dass sehr hoher Wohnungsnotstand ist in Frankfurt und das sich Frankfurt natürlich irgendwohin ausdehnt. Das ist allerdings eine Grünfläche, die auch noch benötigt wird, zur Ernährungssicherung. Gut, wir brauchen das vielleicht hier in Deutschland nicht so sehr, aber das ist eine Grünfläche und da sollte man auf jeden Fall einen guten Konsultationsprozess machen und nicht einfach drauflos bauen, sondern da sollte man die Vor- und Nachteile gut abwägen und vor allem auch die ökologischen Nachteile mit berücksichtigen."
Meint Wibke Thies. Ihre Nachbarin am Gemüsestand nickt:
"Ja, ich komme vom Land. Und bin auf jeden Fall auch auf der Seite der Landwirte. Weil: Auch unter dem Schnee wächst das Brot und wenn wir das nicht mehr haben, wie sieht es denn dann aus?"
Umweltschutz-Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland – kurz BUND- weisen auch darauf hin, dass die Stadt Frankfurt am Main schon jetzt zu viel Grundwasser aus den benachbarten Mittelgebirgsregionen wie dem Vogelsberg verbraucht. Dort sinkt der Grundwasserspiegel bedrohlich. Ein neuer Stadtteil für 20.000 Menschen und mehr könnte das Problem der Wasserknappheit in der Region verschärften. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann wischt dieses Argument nicht vom Tisch:
"Natürlich müssen wir gucken, dass wir uns nicht gegenseitig komplett abhängig machen. Das Wasser aus dem Vogelsberg ist wunderbar, aber wir müssen natürlich auch mit modernen Techniken dafür sorgen, dass Frankfurter Wasser, vor allem Brauchwasser, auch hier in der Stadt genutzt wird. Gerade in den Sommerzeiten müssen wir wirklich streng darauf achten, dass in den Kleingärten die berühmte Regentonne wieder zum Einsatz kommt. Aber viele machen das ja auch heute schon. Aber das wir natürlich auch in den großen, stadtnahen Wohngebieten, städtischen Wohngebieten, wo die Wohnungsbaugesellschaften sind, vorankommen mit der Nutzung von Brauchwasser. Das man nicht Trinkwasser eben auf die Pflanzen, auf den Rasen schüttet, sondern das man das Wasser nutzt, das es in dieser Stadt schon gibt."
"Ich möchte nicht, dass wir mit unseren günstigeren Abgaben zum Beispiel – und das ist alles von der Gemeinde selber erarbeitet worden, dass man das dann einfach opfert, sozusagen."
Marktbesucherin Wiebke Thies wägt Argumente für und gegen den neuen Stadtteil auf den Feldern bei Eschborn ab:
"Ja, ich weiß, dass sehr hoher Wohnungsnotstand ist in Frankfurt und das sich Frankfurt natürlich irgendwohin ausdehnt. Das ist allerdings eine Grünfläche, die auch noch benötigt wird, zur Ernährungssicherung. Gut, wir brauchen das vielleicht hier in Deutschland nicht so sehr, aber das ist eine Grünfläche und da sollte man auf jeden Fall einen guten Konsultationsprozess machen und nicht einfach drauflos bauen, sondern da sollte man die Vor- und Nachteile gut abwägen und vor allem auch die ökologischen Nachteile mit berücksichtigen."
Meint Wibke Thies. Ihre Nachbarin am Gemüsestand nickt:
"Ja, ich komme vom Land. Und bin auf jeden Fall auch auf der Seite der Landwirte. Weil: Auch unter dem Schnee wächst das Brot und wenn wir das nicht mehr haben, wie sieht es denn dann aus?"
Umweltschutz-Organisationen wie der Bund für Umwelt und Naturschutz in Deutschland – kurz BUND- weisen auch darauf hin, dass die Stadt Frankfurt am Main schon jetzt zu viel Grundwasser aus den benachbarten Mittelgebirgsregionen wie dem Vogelsberg verbraucht. Dort sinkt der Grundwasserspiegel bedrohlich. Ein neuer Stadtteil für 20.000 Menschen und mehr könnte das Problem der Wasserknappheit in der Region verschärften. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann wischt dieses Argument nicht vom Tisch:
"Natürlich müssen wir gucken, dass wir uns nicht gegenseitig komplett abhängig machen. Das Wasser aus dem Vogelsberg ist wunderbar, aber wir müssen natürlich auch mit modernen Techniken dafür sorgen, dass Frankfurter Wasser, vor allem Brauchwasser, auch hier in der Stadt genutzt wird. Gerade in den Sommerzeiten müssen wir wirklich streng darauf achten, dass in den Kleingärten die berühmte Regentonne wieder zum Einsatz kommt. Aber viele machen das ja auch heute schon. Aber das wir natürlich auch in den großen, stadtnahen Wohngebieten, städtischen Wohngebieten, wo die Wohnungsbaugesellschaften sind, vorankommen mit der Nutzung von Brauchwasser. Das man nicht Trinkwasser eben auf die Pflanzen, auf den Rasen schüttet, sondern das man das Wasser nutzt, das es in dieser Stadt schon gibt."
Verständnis, aber kein Entgegenkommen
Zurück in Eschborn. Im zweiten Stock des Rathauses liegt das Büro von FDP-Bürgermeister Mathias Geiger. Er ist zwar in Frankfurt am Main geboren, aber in Eschborn aufgewachsen. Geiger, der seit 2014 Rathauschef in der Kleinstadt ist, räumt ein, dass auch in seiner Stadt vor allem Sozialwohnungen fehlen. Deshalb äußert er grundsätzlich Verständnis für die Wohnungsbaupolitik der benachbarten Großstadt:
"Selbstverständlich werden Wohnungen benötigt, man hat das jahrelang vernachlässigt, das muss man hier offen und ehrlich auch mal ansprechen. Seit 2013 hat man die Situation auch wieder richtig eingeschätzt und gesagt: Wir brauchen mehr Wohnungen. Aber jetzt massiv da Wohnungen hinzusetzen, wie das die Stadt Frankfurt vorhat, da können wir nicht ohne weiteres zustimmen."
Mathias Geiger sähe es am liebsten, wenn Frankfurt am Main sich auf eine Bebauung östlich der Autobahn A 5 beschränken würde. Damit blieben ein paar Quadratkilometer Ackerfläche zwischen der Metropole sowie Eschborn und dem Nachbarort Steinbach frei und es müssten auch keine Zufahrtsstraßen für einen neuen Stadtteil nahe an der Eschborner Innenstadt und Steinbach gebaut werden. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann ist jedoch gegen eine Begrenzung der Bebauung östlich der A5:
"Ja, die Idee, die Steinbacher zu schützen und die Frankfurter umso mehr zu belasten, dass heißt am Dornbusch zu verdichten, in Unterliederbach zu verdichten, in Fechenheim zu verdichten, im Gallus zu verdichten und ich weiß nicht, wo da noch überall verdichtet werden soll, wird bestimmt bei den Frankfurtern und ich sage das jetzt mal mit einem Smiley und in Anführungsstrichen große Begeisterung auslösen. Ich bin der Überzeugung, dass wir gerade in den innenstadt-nahen Quartieren, ich nenne explizit das Nordend, Westend, Sachsenhausen, Bockenheim, südliches Bornheim so dicht heute schon leben, dass wir aufpassen müssen, das wir nicht die letzten grünen Hinterhöfe zubetonieren."
Auf dem Eschborner Markt kann man dieses Argument gut verstehen. Man ist nahe genug dran an Frankfurt am Main, um die Beschreibungen des Frankfurter Oberbürgermeisters nachvollziehen zu können.
"Das verstehe ich auch. Ich habe eine Enkeltochter, die seit Monaten eine Wohnung sucht, eine WG. Ohne Chance! Zum Glück kann sie noch bei den Eltern wohnen, zuhause. Aber ich verstehe beide Seiten."
Am Ende braucht es wohl einen Kompromiss zwischen der Metropole und dem Umland, hört man an den Marktständen:
"Letztendlich betrifft es ja die ganze Rhein-Main-Region und da kann weder Frankfurt noch Eschborn noch Steinbach für sich alleine seine Suppe kochen und da wird es sicher zu Kompromissen kommen müssen, meistens irgendwelche finanziellen Anreize im Hintergrund, das wird man dann sehen, ja."
"Selbstverständlich werden Wohnungen benötigt, man hat das jahrelang vernachlässigt, das muss man hier offen und ehrlich auch mal ansprechen. Seit 2013 hat man die Situation auch wieder richtig eingeschätzt und gesagt: Wir brauchen mehr Wohnungen. Aber jetzt massiv da Wohnungen hinzusetzen, wie das die Stadt Frankfurt vorhat, da können wir nicht ohne weiteres zustimmen."
Mathias Geiger sähe es am liebsten, wenn Frankfurt am Main sich auf eine Bebauung östlich der Autobahn A 5 beschränken würde. Damit blieben ein paar Quadratkilometer Ackerfläche zwischen der Metropole sowie Eschborn und dem Nachbarort Steinbach frei und es müssten auch keine Zufahrtsstraßen für einen neuen Stadtteil nahe an der Eschborner Innenstadt und Steinbach gebaut werden. Der Frankfurter Oberbürgermeister Peter Feldmann ist jedoch gegen eine Begrenzung der Bebauung östlich der A5:
"Ja, die Idee, die Steinbacher zu schützen und die Frankfurter umso mehr zu belasten, dass heißt am Dornbusch zu verdichten, in Unterliederbach zu verdichten, in Fechenheim zu verdichten, im Gallus zu verdichten und ich weiß nicht, wo da noch überall verdichtet werden soll, wird bestimmt bei den Frankfurtern und ich sage das jetzt mal mit einem Smiley und in Anführungsstrichen große Begeisterung auslösen. Ich bin der Überzeugung, dass wir gerade in den innenstadt-nahen Quartieren, ich nenne explizit das Nordend, Westend, Sachsenhausen, Bockenheim, südliches Bornheim so dicht heute schon leben, dass wir aufpassen müssen, das wir nicht die letzten grünen Hinterhöfe zubetonieren."
Auf dem Eschborner Markt kann man dieses Argument gut verstehen. Man ist nahe genug dran an Frankfurt am Main, um die Beschreibungen des Frankfurter Oberbürgermeisters nachvollziehen zu können.
"Das verstehe ich auch. Ich habe eine Enkeltochter, die seit Monaten eine Wohnung sucht, eine WG. Ohne Chance! Zum Glück kann sie noch bei den Eltern wohnen, zuhause. Aber ich verstehe beide Seiten."
Am Ende braucht es wohl einen Kompromiss zwischen der Metropole und dem Umland, hört man an den Marktständen:
"Letztendlich betrifft es ja die ganze Rhein-Main-Region und da kann weder Frankfurt noch Eschborn noch Steinbach für sich alleine seine Suppe kochen und da wird es sicher zu Kompromissen kommen müssen, meistens irgendwelche finanziellen Anreize im Hintergrund, das wird man dann sehen, ja."