Mbembe und der Antisemitismus-Vorwurf
17:28 Minuten
In Deutschland wird über das Verhältnis des afrikanischen Philosophen Achille Mbembe zu Israel gestritten. Unser Korrespondent Stephan Detjen kommentierte und rief Empörung bei "Welt"-Autor Alan Posener hervor. In diesem Gespräch tauschen die beiden ihre Argumente.
Anke Schaefer: Reden wir über Antisemtismus und die Aufarbeitung der deutschen Geschichte. Hier zu Gast in dieser Mittagsstunde ist Alan Posener von der "Welt" und zugeschaltet auch der Leiter des Hauptstadtstudios von Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Kultur, Stephan Detjen.
Wenn wir über Antisemtismus reden möchten, dann steht im Zentrum der Debatte in Deutschland seit einiger Zeit ein Afrikaner. Das ist der in Kamerun geborene und in Südafrika lehrende Historiker, Achille Mbembe. Er war lange Zeit ein gern eingeladener Gast zu den Debatten, und er ist auch ausgezeichnet worden mit Preisen, zum Beispiel mit dem Geschwister-Scholl-Preis der Stadt München. Das war im Jahr 2015.
Er wird kritisiert für bestimmte Äußerungen, unter anderem von Felix Klein, dem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. Dieses Amt ist vor zwei Jahren geschaffen worden, also noch relativ jung. Felix Klein wirft Achille Mbembe vor, dass er bestimmte Vergleiche zieht, - Vergleich zwischen der israelischen Besatzungspolitik und der südafrikanischen Apartheid, Vergleich auch zwischen der Geschichte des Kolonialismus und der Sklaverei auf der einen Seite und dem Holocaust auf der anderen Seite. Und Felix Klein hat, wir haben darüber natürlich berichtet, Mbembe deshalb als Eröffnungsredner bei der Ruhrtriennale ausgeladen. Das ist dann aber obsolet geworden, weil die Ruhrtriennale wegen Corona komplett abgesagt werden musste.
Zu diesem Streit, den ich jetzt hier skizziert habe, haben Sie beide, Herr Posener und Herr Detjen, geschrieben. Stephan Detjen einen Kommentar im Deutschlandfunk, und Alan Posener hat geantwortet auf diesen Kommentar im Autoren-Blog "starke-meinungen.de".
Herr Detjen, was Sie monieren in Ihrem Kommentar, dass also der Antisemitismusbeauftragte Felix Klein Achille Mbembe aus dem deutschen Diskurs verbannen will, sich als diskursiver Schrankenwächter betätigt, so nennen sie das. Ist das für Sie hier das eigentliche Problem?
"Eingriff in den öffentlichen Diskurs"
Stephan Detjen: Na ja, das habe ich so nicht gesagt. Ich habe mir diese Diskussion angeschaut, und das haben Sie ja angedeutet in Ihrer Anmoderation, die sehr vielschichtige Ebenen hat. Es geht um Erinnerungskultur. Es geht um die Konfrontation deutscher, für uns, für unser Staatsverständnis, für unsere Kultur, unsere Staatsraison konstitutive Geschichtsnarrative in Deutschland mit anderen Narrativen, mit anderen Erzählungen von Unterdrückungsgeschichten, der Sklaverei, des Kolonialismus, die in Reibung miteinander geraten. Und es geht dann, das ist ja auch deutlich geworden in Ihrer Anmoderation, um den Fixpunkt Israel, an dem hier die Brennflächen entstehen, an dem das immer wieder kulminiert.
In der Tat habe ich mir als politischer Korrespondent angeschaut, wie die Bundesregierung in Gestalt ihres Antisemitismusbeauftragten, Felix Klein, und des Bundesinnenministeriums hier agiert. Man muss an der Stelle klarstellen, nicht Felix Klein hat Mbembe von der Ruhrtriennale ausgeladen, aber er hat diese Ausladung verlangt, gefordert, mit seiner regierungsamtlichen Autorität.
Das ist ein Eingriff in einen öffentlichen Diskurs. Und ich habe auch nicht gesagt, dass er aus dem öffentlichen Diskurs verbannt wird. Aber durch das, was hier passiert, und dieser Fall ist symptomatisch, dass ein wesentlicher Teil des deutschen Diskursraums - nämlich es geht hier um mit öffentlichen Geldern finanzierte, bereitgestellte Kulturräume, Kulturfestivals, städtische Theater, kommunale Einrichtungen -, dass dieser Teil mit dieser fragwürdigen Argumentation, die hier gegen Mbembe von Regierungsseite vorgebracht wird, gesperrt werden soll für Mbembe und für andere Autoren, für Intellektuelle, für Künstler, für Wissenschaftler, denen mit einem - so habe ich das formuliert - entgrenzten Antisemitismusbegriff das Label antisemitischer Geisteshaltung oder Argumentation angeheftet werden kann.
Und wenn man sich anschaut, wie die Bundesregierung hier argumentiert, dann ist das Interessante an diesem Fall, dann geht es gar nicht mehr um Antisemitismus, sondern dann geht es darum, wie Felix Klein das auch hier im Programm formuliert hat, dass Äußerungen in Deutschland missverständlich sein könnten. Oder dass es als Problem benannt wird, dass der Holocaust, die Shoa, in Deutschland überhaupt in Beziehung gesetzt wird zu anderen geschichtlichen Ereignissen. Darin wird also ein Raum des Problematischen - und von Regierungsseite dann mit Diskursausschlüssen beantworteter Raum - viel zu eng gezogen. Da sehe ich das Problem, das ich in meinem Kommentar benannt habe.
Schaefer: Und darauf, haben Sie, Herr Posener, geantwortet. Und sie haben geschrieben, der Kommentar von Stephan Detjen sei unverschämt. Was haben Sie gemeint?
"Niemand wird vom Diskurs ausgeschlossen"
Alan Posener: Ich meine, dass Herr Detjen etwas unterstellt, was nicht der Fall ist. Niemand verweigert Vergleiche zwischen dem Holocaust und anderen Menschheitsverbrechen, sei es die des Stalinismus, sei es die des Maoismus, sei es die in Kambodscha, sei es die des Kolonialismus, also etwa des Sklavenhandels, den die arabischen und europäischen Staaten über die Jahrhunderte betrieben haben. Das ist guter Brauch in der Wissenschaft. Hannah Arendt in "Ursprünge totalitärer Herrschaft" war das glaube ich, hat das zum ersten Mal gemacht, und das war 1951.
Das ist also keine spezifische afrikanische Sache. Niemand wird vom Diskurs ausgeschlossen oder auch nur von der öffentlichen Förderung. Wenn er oder sie solche Vergleiche anstellt, selbst wenn jemand sagen würde "Die Sklaverei ist schlimmer als der Holocaust", was ich persönlich nicht Stand der Forschung finde, aber wenn sie es sagen würde: Bitteschön, das ist eine wissenschaftlich akzeptable Position, gegen die weder Herr Klein, noch die Bundesregierung, noch ich, noch - soweit ich weiß - irgendein verantwortlicher Teilnehmer dieser Debatte je etwas gesagt hat.
Was Herrn Mbembe vorgeworfen wird ist zunächst einmal gar nicht das, was er gesagt hat, sondern das, was er getan hat. Er unterstützt die BDS-Bewegung, die Boykott-Bewegung gegen Israel.
"Mbembe hat nicht die Wahrheit gesagt"
Schaefer: … was er allerdings immer wieder bestritten hat.
Posener: Ja, und da hat er, ehrlich gesagt, nicht die Wahrheit gesagt. Denn es ist aktenkundig, dass er 2018, also vor anderthalb Jahren, eine israelische Gelehrte, eine Psychologin, die an der Ben-Gurion-Universität im Negev arbeitet, übrigens zusammen mit Beduinen arbeitet, sozusagen gegen die israelische Regierung, die durfte … da hat Herr Mbembe selbst dafür gesorgt, dass sie ausgeladen wurde von einer Konferenz an seiner Universität in Witwatersrand in Südafrika. Er war also aktiv tätig für diese BDS-Bewegung, die der Deutsche Bundestag als antisemitisch gekennzeichnet hat. So muss der Beauftragte der Bundesregierung, Herr Felix Klein, hier tätig werden und sagen: "Das dürfen wir gar nicht mit Steuergeldern fördern."
Schaefer: Also, das ist Ihr Punkt.Sie möchten sagen: "Das darf hier zwar alles gesagt werden, aber der Staat soll bitte nicht jemanden fördern, der zum Beispiel sagt - so schreiben Sie es im Blog -: 'Der Holocaust sei das größte Desaster des 20. Jahrhunderts, die Besatzung Palästinas der größte Skandal des 21. Jahrhunderts.'
Posener: Noch einmal. Es wurde ja zunächst einmal die Forderung nach seiner Ausladung begründet mit seiner Tätigkeit für BDS, die er wahrheitswidrig geleugnet hat.
Schaefer: Herr Detjen, wollen Sie dazu Stellung nehmen?
Detjen: Er hat sich vom BDS distanziert. Er hat auch hier im Programm gesagt, dass er gegenwärtig nicht aktiv in einer Verbindung zum BDS steht. Und er hat auch sehr deutlich gemacht, dass er aus heutiger Sicht an solchen wissenschaftlichen Boykottmaßnahmen nicht mehr teilnehmen würde, dass er die falsche …
Posener: … das stimmt nicht, Herr Detjen.
"In Südafrika gängige Haltung"
Detjen: Er hat in einem langen Gespräch, das man nachhören kann, hier bei uns im Programm, im Deutschlandfunk Kultur, es sehr offengelegt, dass er nach wie vor an bestimmten Veranstaltungen nicht teilnimmt, die er in Verbindung mit israelischer Besatzungspolitik bringt. Das ist eine, gerade in Südafrika, vollkommen gängige Haltung, mit der man sich auseinander setzen muss.
Sie weisen jetzt natürlich hin auf diesen BDS-Beschluss des Bundestages. Ich gehöre wie viele andere, auch israelische Wissenschaftler, Diplomaten zu denen, die diesen Beschluss für falsch halten, weil er eben auch an dieser Stelle, und das zeigt sich an dem Fall Mbembe, einen völlig undifferenzierten Blick einfügt. Denn was BDS ist, wer möglicherweise BDS-Sympathisant ist, das lässt sich eben überhaupt nicht klar definieren. Da gibt es inzwischen auch Entscheidungen deutscher Gerichte, die sagen: Dieser Begriff ist für staatliche Eingriffe überhaupt nicht geeignet. Er wird instrumentalisiert, um Menschen BDS-Nähe, BDS-Sympathien zu unterstellen, und dann in der Konsequenz zu verlangen, dass diese Menschen von öffentlichen Bühnen ausgegrenzt werden.
Schaefer: Lassen Sie uns …
Detjen: Darauf bestehe ich natürlich. Das Argument, das Herr Posener gerade einführt, dass er sagt: "Na ja, Mbembe kann ja in Deutschland sagen, was er will", das ist natürlich in der letzten Konsequenz ein hochgradig illiberales, geradezu autoritäres Argument, weil es in der Konsequenz dazu führt, dass der Staat in Gestalt seiner Beauftragten - sei es heute der Antisemitismusbeauftragte, morgen vielleicht der Rassismusbeauftragte oder der Extremismusbeauftragte - mit weichen Begriffen operiert, die sich nicht dingfest machen lassen und dann in der Tat, das ist rechtlich ganz eindeutig, in Sphären der Meinungsfreiheit in Deutschland eingreifen. Wer in Deutschland nicht mehr auf Bühnen auftreten kann, in denen Staatsgelder sind, ist von weiten Teilen des deutschen Diskursraumes ausgegrenzt. Und darum geht es ja auch, darum geht es denen, die mit diesem BDS-Vorwurf diese kampagnenartigen Aktionen gegen Mbembe und andere vorantreiben.
"Ein Begriff der immer von rechts gebraucht wird"
Schaefer: Also, Herr Detjen, es ist ja auch das Wort des "Tugendwächters", das Sie in Ihrem Kommentar bringen, es könnten "Tugendwächter" auftreten jetzt in Deutschland, die gucken, dass die Tugend sozusagen gewahrt wird. Wie sehen Sie das Herr Posener?
Posener: Dieser Begriff hat mich sehr überrascht und auch erschreckt, weil das ein Begriff ist, der in meiner Erfahrung immer von rechts gebraucht wird, zum Beispiel gegen Gleichstelleungsbeauftragte, beispielsweise hier in den öffentlich-rechtlichen Medien oder bei uns, bei Springer oder gegen Leute, die dafür sorgen sollen, dass Schwule und Lesben und so weiter nicht benachteiligt werden oder die dafür sorgen, dass Beleidigungen …, die Metoo-Bewegung … - immer heißt es: "Ah, das sind die Tugendwächter."
Und jetzt wandert dieser Begriff, wie übrigens der Antisemitismus selber, nach links und wird gegen jemanden verwendet, der nur dafür sorgen will, dass eine unfaire, nein, eine vernichtende - im wahrsten Sinne des Wortes - Israelkritik, wie sie die BDS-Bewegung und auch Herr Mbembe geäußert hat, hier öffentlich gefördert wird. Ich finde diesen Begriff sollte man schlicht und einfach nicht verwenden. Er ist Eigentum der Rechten, da gehört er hin.
Schaefer: Herr Detjen, was antworten Sie darauf?
Detjen: Na ja, Sie können das nicht sehen, ich schmunzele hier gerade, weil das natürlich eine der Ironien der Geschichte ist, dass nun von einem Autor des Hauses Axel Springer genau diese Kritik in dieser Art und Weise gebrandmarkt wird. Von einem Haus, Ihr Verleger, Herr Döpfner, ist derjenige, der sich an vorderster Front über Verengungen des Diskurses in Deutschland beklagt hat, einen offensiveren, freieren, liberaleren Austausch auch von unbequemen Meinungen in Deutschland verlangt hat.
Und Sie, Herr Posener, waren es, der in unserem Programm vor gar nicht allzu langer Zeit darüber geklagt hat, dass Sie bestimmte Positionen zum Kolonialismus, Positionen "Am Kolonialismus sei ja gar nicht alles schlecht gewesen", dass Sie die nur noch bei der AfD finden und deswegen AfD-Veranstaltungen besuchen, wo diese Positionen vertreten werden, …
Posener: Genau das habe ich nicht gesagt …
Detjen: … na ja, Sie haben gesagt …
Posener: … aber das geht nicht, … entschuldigen Sie …
Detjen: … und da noch den Herrn Gilley hören können, der die Position vertritt, der Kolonialismus sei nicht so schlimm gewesen …
US-Politologe Bruce Gilley
Posener: Entschuldigen Sie, aber das geht nicht, dass Sie mir das Wort im Mund umdrehen. Meine Artikel über den Kolonialismus und dass man einen differenzierten Blick auf ihn werfen kann, sind sowohl bei der "Welt" als auch beispielsweise im "Freitag" erschienen, also bei Herrn Jakob Augstein, mit dem ich durchaus befreundet bin, obwohl ich nicht seiner Meinung bin und so weiter.
Also, so ist es nicht. Und ich besuchte diese AfD-Veranstaltungen mit Herrn Gilley über den Kolonialismus, um anschließend einen äußerst kritischen Artikel darüber zu schreiben. Also, ich bitte Sie, jetzt Dinge, die nicht zum Thema gehören …
Schaefer: … ich würde gerne …
Posener: … das geht einfach nicht …
Schaefer: Lassen Sie uns beim Thema bleiben. Herr Detjen, lassen Sie uns noch eine wichtige Frage klären.
Detjen: … dass er eine kontroverse Position nur noch bei der AfD ….
Posener: Nein, das habe ich nicht gesagt.
Schaefer: … und ich würde gerne noch Sie beide fragen: Worum geht es eigentlich in diesem Streit in der Tiefe? Denn wenn ein Streit so heftig ausgetragen wird, dann geht es ja immer um etwas Tiefes. Geht es hier, wenn wir zurückkommen zu diesen beiden Grundfragen, von denen wir ausgegangen waren, um die Frage "Darf man die Geschichte von Kolonialismus und Sklaverei in Beziehung zum Holocaust setzen?" und um die Frage "Ist Israel-Kritik schon Antisemitismus?" - sind diese beiden Fragen eben tatsächlich so im Kern der Debatte in Deutschland? Betrifft das so sehr unsere Identität dass wir uns deswegen darüber so streiten, Herr Posener?
Posener: Nein, es geht weder um die eine noch um die andere Frage. Ich habe gesagt: Selbstverständlich darf der Holocaust auch in Deutschland und gerade in Deutschland mit jedem anderen Genozid verglichen werden - mit dem Genozid in Ruanda beispielsweise - und wird auch, auch selbstverständlich von jüdischen, deutschen und israelischen Intellektuellen … das ist überhaupt keine Frage.
"Es geht um unfaire Kritik"
Schaefer: Gut, was ist dann die Grundfrage in diesem Streit?
Posener: Und die Grundfrage ist auch nicht, ob man Israels Politik kritisieren darf. Selbstverständlich darf man das - und wird tagtäglich in deutschen Medien kritisiert, wie es auch in israelischen oppositionellen Medien kritisiert wird. Es geht um unfaire Kritik. es geht um Antisemitismus, versteckt als Israelkritik. Und darum geht es. Darf ich Ihnen ein Beispiel geben?
Schaefer: Kurz, weil dann würde ich gerne Herrn Detjen auch die Gelegenheit geben, darauf zu reagieren.
Posener: Vielleicht ein Beispiel, dass unseren deutschen Hörerinnen und Hörern eher einleuchtet. Wenn in der Eurokrise - Athen - Tausende von Demonstranten, Zehntausende mit Merkel-Masken mit Hitler-Bärtchen demonstriert haben, dann wurden da antideutsche Ressentiments geweckt, um eine bestimmte Politik abzulehnen, die ich übrigens auch schlecht fand, aber die antideutschen Ressentiments finde ich noch schlimmer. Im Brexit-Verfahren wurden von den Brexit-Befürwortern antideutsche Ressentiments geweckt und benutzt, die hatten nichts mit der konkreten Politik der deutschen Regierung zu tun.
Und ich könnte das durchdeklinieren. Wir wissen alle in Deutschland - egal wie wir die Politik der Bundesregierung beurteilen - dass oft antideutsche Ressentiments geweckt werden. Und so ist es über Israel auch. Es wird nicht nur konkret gesagt "Ja, diese und jene Politik an den Checkpoints ist nicht richtig" oder "Diese oder jene Siedlungspolitik ist nicht richtig", sondern es werden in einem Überschuss alte antisemitische Ressentiments geweckt, auch von Herrn Mbembe, der gesagt hat, Israel verfolge die Palästinenser mit einem fanatischen Zerstörungswillen und wolle aus ihrem Leben Müll machen. Das ist nicht mehr eine sachliche, legitime Kritik an Israels Politik, sondern das ist schon die Mobilisierung alter, antisemitischer und antizionistischer Ressentiments. Und dagegen allein hat Her Klein protestiert und zu Recht.
"Mich bedrückt, wie der Diskurs geführt wird"
Schaefer: Und das sehen Sie nicht so, Herr Detjen?
Detjen: In dem, was Herr Posener sagt, wird natürlich deutlich, dass es natürlich in der Tat um die Frage geht: Wie kann man in legitimer Weise in Deutschland Kritik an Israel üben? Und das spitzt sich im Augenblick zu, das bekommt eine neue Dimension dadurch, dass wir eben mit anderen Narrativen und anderen Perspektiven auf geschichtliche Ereignisse und Konflikte konfrontiert sind.
Meine Haltung ist, dass wir uns mit diesen Perspektiven auseinander setzen müssen. Und das bedrückt mich, dass der Antisemitismusbegriff, der für die Erinnerungskultur dieses Landes, die mich geprägt hat, die konstitutiv für uns ist, in dieser Debatte politisch instrumentalisiert wird. Das bedrückt mich als ein Mensch, der - das muss man ja dazu sagen -, der ein sehr enges Verhältnis zum Land Israel hat, zur jüdischen Kultur. Meine Kinder waren alle auf einer jüdischen Schule in Berlin, sind da jedenTag durch die Polizeikontrollen durchgegangen. Also, ich weiß auch physisch sehr genau, was antisemitische Bedrohung in Deutschland bedeutet. Und umso mehr drückt mich die Art, wie der Diskurs im Augenblick geführt wird.